Eine Rockhal-Show mit Startproblemen
Nach drei Corona-Verschiebungen spielte die australische Metalcoreband Parkway Drive in Belval
Eigentlich wollten Parkway Drive bereits am 14. April 2020 zusammen mit der Metallic-Hardcore-Institution Hatebreed in der Rockhal aufschlagen, doch aufgrund der Corona-Pandemie wurde das Metal-Fest ganze dreimal verlegt.
Nach zweieinhalb Jahren führen die Australier den Tourtross nun alleine an, unterstützt von Lorna Shore und While She Sleeps. Beim ersten großen Rockhal-Gig der Band fehlt also ein großer CoHeadliner, der Ticketpreis ist gleich geblieben. Wer die Live-Institution Parkway Drive kennt, weiß, dass das Quintett eine Tour dieser Größe auch problemlos selbst schultern kann. Ob sie wirklich stattfindet, stand trotzdem zwischenzeitlich in den Sternen, als die Band Anfang des Jahres recht kurzfristig eine US-Tour wegen interner Probleme absagte. „Entweder wir canceln eine Tour oder wir touren niemals wieder, weil die Band explodiert. Es war echt verdammt knapp“, so Sänger Winston McCall im Interview mit laut.de. Die 2003 gegründete Band suchte sich professionelle Beratung: „Es war an der Zeit, MentalHealth-Work zu betreiben“.
Mit minimaler Verspätung gehen um 20.35 Uhr die Lichter in der Rockhal aus. Eine dunkle Bühne, einige Statisten mit Fackeln, Nebelschwaden, eine mystische Atmosphäre durchzieht die Escher Konzert-Location. Im Hintergrund dröhnt das langsam anschwellende „Glitch“-Riff heran. Dann ein Knall und Sänger Winston McCall peitscht komplett in weiß gekleidet die Menge von einem Publikums-Steg auf.
Nach dem Midtempo-Opener vom neuen Album steuert die Band umgehend in bekanntere Gefilde.
Mit „Prey“werden die SingalongChöre der Rockhal samt Springmuskulatur mobilisiert, beim Bandklassiker „Carrion“dürfen sich die ersten Moshpits warmlaufen. So richtig auf Betriebstemperatur kommt die Dampfwalze trotzdem lange Zeit nicht.
Gelacht wird nur selten
Der Versuch der letzten Jahre, sich von Double-Bass-Teppichen, Blastbeats und schwermetallenen Breakdowns zu lösen und mehr Energie in simplere, Stadion-taugliche Mitsing-Nummern zu stecken, stößt beim Publikum auf wenig Gegenliebe.
Dass Parkway Drive live eine Macht sein können, haben sie in der Vergangenheit unzählige Male bewiesen. Immer dann, wenn alte Nummern in der Setlist aufblitzen, geht auch das Stimmungsbarometer in der Rockhal nach oben.
Generell performt die Band zurückhaltender, die Gesichter der Musiker wirken konzentriert und angespannt, gelacht wird nur selten. Die Show ist gut, dynamisch und mit zahlreichen Pyro-Effekten verfeinert, aber alles wirkt auch durchgetaktet und einstudiert. Vielleicht dauert es auch einfach, bis der Rost nach der langen Corona-Pause abgeschüttelt ist.
Mit der beinahe Pink Floyd-esken Halbballade „Darker Still“von der aktuellen Platte gehen die Australier schließlich vollständig auf die Bremse. Akustik-Gitarren, ein Kammer-Orchester im Hintergrund, eine schillernde Lederjacke und Elton John-Posen. Kompositorisch sicherlich keine schlechte Nummer, aber dennoch leicht befremdlich, zumal sich Winston McCalls Stimmgewalt für balladeske Ausflüge in Grenzen hält.
Beim anschließenden „Bottom Feeder“geht das Publikum dann endlich wieder steil und die Zeilen „No mercy, no peace, you can’t escape this beast“bekommen kurz vor Ende des Auftritts endlich doch noch ihre Daseinsberechtigung. Mit „Crushed“und „Wild Eyes“haben sich die Australier dann auch noch die größten Publikumslieblinge für das große Finale aufgehoben. In einem Flammenmeer zelebriert das Quintett ein unschlagbares Doppel, welches schließlich in nicht enden wollenden Singalong-Chören endet. Die Rockhal ist endlich auf Betriebstemperatur angekommen... und das Konzert ist nach weniger als 90 Minuten vorbei.
Eine leichte Enttäuschung beim Publikum ist am Ende nicht von der Hand zu weisen. Die Transformation vom Metalcore-Schwergewicht zum Stadion-Headliner hält für Parkway Drive nach langer Corona-Pause den ein oder anderen Stolperstein bereit. Es scheint fast, als müssten die Australier ihre unbändige Energie und ihre Spielfreude auf Tour noch einmal wiederfinden. Letztendlich ist das aber auch Jammern auf hohem Niveau, das Publikum bekommt eine handwerklich einwandfreie, effektvolle Bühnenshow mit vielen abwechslungsreichen Elementen.
Wer Parkway Drive aber vor einigen Jahren kennengelernt hat, wird bei der aktuellen Tour trotzdem etwas vermissen.