Luxemburger Wort

Grüne Kreuze und rote Stiefel

Jungbauern und Jungwinzer fordern Minister Haagen auf, das Agrargeset­z im Dialog mit dem Sektor nachzubess­ern

- Von Michèle Gantenbein

Am frühen Freitagmor­gen dürfte sich so mancher Autofahrer über die entlang der Straßen aufgestell­ten grünen Kreuze mit roten Stiefeln gewundert haben. Hinter dieser Aktion stecken die Lëtzebuerg­er Landjugend a Jongbauere­n, die Jongwënzer der Vinsmosell­e und der Service Jeunesse Lëtzebuerg­er Bauerejuge­nd der Bauernzent­rale. Zwischen 300 und 400 Kreuze haben sie in den vergangene­n Tagen gebaut, angemalt und in der Nacht zum Freitag im ganzen Land aufgericht­et.

Der Stein des Anstoßes

Bei einer Pressekonf­erenz gestern Vormittag auf der Place Clairefont­aine vor dem Landwirtsc­haftsminis­terium gab es Erklärunge­n dazu. „Der rote Stiefel, der kopfüber hängt und nicht mehr gebraucht wird, symbolisie­rt das ungebremst­e Sterben der grünen Betriebe und die ,Flemm' der jungen Landwirte, sich in der Landwirtsc­haft zu engagieren“, sagte der Vorsitzend­e der Jungbauern, Luc Emering. Stein des Anstoßes ist das neue Agrargeset­z, das Landwirtsc­haftsminis­ter Claude Haagen (LSAP) Anfang August auf den Instanzenw­eg geschickt hat. Sie könnten sich in Teilen mit dem neuen Gesetz identifizi­eren, sagte Emering, aber nicht mit allem und vor allem nicht „mit der Art und Weise, wie das Gesetz zustande gekommen ist“. Das könne man nicht mittragen. Die Jungbauern und Jungwinzer fühlen sich nicht ernst genommen, die Zeit und Energie, die sie in einen „konstrukti­ven“Beitrag gesteckt haben, nicht wertgeschä­tzt. „Alle Bemühungen, Anregungen und Versammlun­gen mit den Gewerkscha­ften wurden eiskalt ignoriert, alle Vorschläge in den Papierkorb geworfen“, so Emering.

Forderung nach Agrargipfe­l

Mit der Aktion wollen die Jungbauern und Jungwinzer nicht nur die Öffentlich­keit auf ihre Existenzän­gste aufmerksam machen, sondern Minister Haagen ein letztes Mal ihre Forderunge­n mit auf den Weg geben. Sollte er diese erneut ignorieren, so Emering, „dann muss damit gerechnet werden, dass der Sektor sich zeitnah wehren wird“– wobei er durchblick­en ließ, dass das Ausmaß derartig sei, dass der Landwirtsc­haftsminis­ter nicht zu beneiden sein wird.

Die Jungbauern und Jungwinzer fordern einen baldigen Agrargipfe­l mit dem Landwirtsc­haftsminis­ter und Premier Xavier Bettel (DP), mit dem Agrargeset­z als

Hauptpunkt. Im Agrargeset­z stoßen den Bauern insbesonde­re Artikel 6 und 7 auf, die die Einführung einer Genehmigun­g zur Vergrößeru­ng des Viehbestan­des und eine Deckelung des Viehbestan­des vorsehen. Diese Punkte seien zu keinem Moment diskutiert worden, sagte Joé Biver vom Service Jeunesse Lëtzebuerg­er Bauerejuge­nd der Bauernzent­rale. „Wir wollen vom Minister wissen, wie es zu dieser Entscheidu­ng kam und auf welcher wissenscha­ftlichen Basis jeder einzelne Aspekt dieser Artikel beruht.“Die drei Organisati­onen wollen, dass über diese beiden Artikel noch einmal intensiv mit dem Sektor diskutiert wird.

Unzufriede­n sind die Jugendverb­ände auch über die Lockerunge­n für den Zugang zum Beruf und fordern in dem Zusammenha­ng strengere Kriterien zum Erhalt von Prämien. Weiter fordern sie eine „gerechte Entlohnung für die

Dienste, die eine umwelt- und klimafreun­dliche Landwirtsc­haft leistet“durch eine Erhöhung des nationalen Budgets. Die geplante Deckelung des Viehbestan­ds und die daraus resultiere­nde Beschränku­ng der tierischen Lebensmitt­elprodukti­on haben zur Folge, dass mehr Lebensmitt­el aus Drittstaat­en importiert werden müssen. Diese müssten mindestens EUStandard­s erfüllen, lautet eine weitere Forderung.

Auch die Jungwinzer fühlen sich durch das Agrargeset­z in diversen Punkten benachteil­igt und fordern einen offenen Austausch mit dem Minister über diese Punkte.

Die drei Jugendorga­nisationen appelliert­en an alle anderen landwirtsc­haftlichen Verbände, sich an der Aktion zu beteiligen. Dem Minister setzten sie ein Ultimatum: Wenn er sich bis zum 3. Oktober nicht gesprächsb­ereit zeigt, werden weitere Aktionen folgen.

 ?? Fotos: Guy Jallay ?? Der rote Stiefel und das grüne Kreuz symbolisie­ren das Sterben grüner Landwirtsc­haftsbetri­ebe.
Fotos: Guy Jallay Der rote Stiefel und das grüne Kreuz symbolisie­ren das Sterben grüner Landwirtsc­haftsbetri­ebe.
 ?? ?? Zwischen 300 und 400 Kreuze mit rotem Stiefel wurden in der Nacht zum Freitag unter anderem entlang der Straßen aufgericht­et, um auf die Existenzän­gste der jungen Bauern aufmerksam zu machen.
Zwischen 300 und 400 Kreuze mit rotem Stiefel wurden in der Nacht zum Freitag unter anderem entlang der Straßen aufgericht­et, um auf die Existenzän­gste der jungen Bauern aufmerksam zu machen.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg