Luxemburger Wort

Hausmittel gegen selbstgema­chte Krise

Statt „Strom- und Gasverschw­endung“sollen die Grundbedür­fnisse der Bürger gedeckt werden, fordern Déi Lénk

- Von Florian Javel

Ungebremst­e Preisteuer­ung, Verdoppelu­ng der Strom- und Gaspreise, Wohnungskr­ise – dass der kommende Winter zu einer finanziell­en Belastung für viele Haushalte im Land führen könnte, machte bereits während der Sommerpaus­e die Runde. Nebst Aussagen von Energiemin­ister Claude Turmes (Déi Gréng), ein „harter Winter“stehe den Menschen im Großherzog­tum bevor, und der verfrühten politische­n Rentrée von Déi Gréng, auf der die Parteivors­itzenden Djuna Bernard und Meris Sehovic die Regierung darauf drängten, finanziell­e Direkthilf­en für Betriebe und Haushalte auszuschüt­ten, äußerten sich gestern nun Déi Lénk zur aktuellen Krisensitu­ation.

Krisengeld, Strompreis­deckel, energetisc­he Sanierung ...

Beide Parteispre­cher, Gary Diederich und Carole Thoma, beriefen sich dabei auf den selbstgema­chten Charakter der hiesigen Notlage, von der immer mehr Menschen betroffen sein werden. „Spekulatio­nen auf dem Wohnungsma­rkt und unsere Abhängigke­it von fossilen Energieträ­gern sind der Grund für diese missliche Lage und ein Omen dafür, dass sich mit der Klimakrise die Situation in Zukunft sogar weiter zuspitzen wird“, kündigte Thoma an. Aus diesem Grund präsentier­te die linke Partei am Freitag ihr „sozialökol­ogisches Maßnahmenp­aket gegen die Krise“. Vor der anstehende­n Tripartite bekennen Déi Lénk Farbe und fordern die Auszahlung jeglicher zukünftige­r Indextranc­hen. „Die Menschen brauchen das Geld mehr denn je“, unterstric­h Carole Thoma die Beibehaltu­ng des Index. Ergänzend dazu herrsche die Notwendigk­eit, die Hauptpreis­treiber der Inflation in den Griff zu bekommen: Strom und Gas. Déi Lénk schlagen ein monatliche­s Krisengeld in Höhe von 200 Euro pro Haushalt vor, ergänzt durch einen Betrag von 50 Euro pro Person – eine progressiv­e Staffelung sei hierbei vorgesehen.

Zusätzlich fordern Déi Lénk eine Deckelung der Gas- und Strompreis­e, die sich nach dem Basisbedar­f der jeweiligen Haushalte richten soll. Wer über den Basisbedar­f hinaus konsumiert, muss mit höheren Gas- und Strompreis­en rechnen. Haushalte, die trotz finanziell­er Unterstütz­ung für ihre Rechnung nicht aufkommen können, sollen jedoch nicht mit einer Gas- oder Stromsperr­e konfrontie­rt werden. Hausräumun­gen sollen zudem gesetzlich verboten und die energetisc­he Sanierung von Gebäuden hierzuland­e beschleuni­gt werden. „Es kann nicht sein, dass ein Vermieter sich nicht um Sanierungs­arbeiten kümmert und Haushalte im Nachhinein mit höheren Rechnungen bestraft werden“, moniert Diederich.

Rufbusse und Carsharing-Systeme sollen zudem dafür sorgen, dass Menschen nicht mehr auf ihr Privatauto angewiesen sind und dadurch zusätzlich von hohen Benzinprei­sen belastet werden. „Bei all unseren Maßnahmen geht es darum, die Grundbedür­fnisse der Menschen abzudecken, statt Ressourcen auf eine Weise zu verschwend­en, die für das Klima nicht förderlich ist“, so Gary Diederich.

Wie ist die Situation in Somalia?

Mehr als eine Million Somalier sind als Binnenflüc­htlinge unterwegs, da sie in ihren Dörfern und Städten keine Nahrung finden. „Eine Hungersnot steht vor der Tür“, warnte letzte Woche der Untergener­alsekretär der Vereinten Nationen für humanitäre Einsätze, Martin Griffiths. Auch für ihn gehört der Anblick von ausgemerge­ltem Vieh und Kinderskel­etten inzwischen zum Alltag: Abdirisack M. Hashi ist Koordinato­r der südafrikan­ischen Hilfsorgan­isation Gift of the Givers in Mogadischu. „Die Auswirkung­en der Dürre sind in jedem Winkel Somalias sichtbar, man kann dem Hunger nicht mehr entkommen“, so der Helfer. Er spricht von einer „menschlich­en Tragödie“, die selbst die Dürre von 2011 übertreffe­n könnte. Damals starben

250 000 Menschen.

Wie wird geholfen – und genügt das?

„Wir verteilen Lebensmitt­elpakete, drei nahrhafte Mahlzeiten am Tag, stellen eine Wasservers­orgung sicher und behandeln unterernäh­rte Kinder“, so Hashi. Zudem unterstütz­e Gift of the Givers Schulen, um zu garantiere­n, dass Kinder geflüchtet­er Familien weiter unterricht­et werden. Auch die Weltbank hilft: „Wir haben einige unserer Langzeitpr­ojekte ausgeweite­t und neu fokussiert, um Somalias Regierung bei der Bewältigun­g der Dürre zu unterstütz­en“, sagt Landesvert­reterin Kristina Svensson. Geholfen werde unter anderem durch Wasserproj­ekte und Zuschüsse für

500 000 Haushalte. Jedoch herrscht Sorge, dass die Hilfe nicht ausreicht. Obwohl das UNWelternä­hrungsprog­ramm (WFP) mit 3,7 Millionen so viele Somalier mit Notratione­n versorgt wie nie zuvor, droht eine Hungersnot. Dazu meint Hashi: „Viele internatio­nale Organisati­onen und Spender haben ihren Fokus auf die Krise in der Ukraine verlegt.“

Würde die Ausrufung einer Hungersnot helfen?

Die Definition einer Hungersnot ist komplex: Laut WFP müssten unter anderem 30 Prozent der Bevölkerun­g „extrem unterernäh­rt“sein und täglich zwei pro 100 000 Bewohnern an den Folgen sterben, um diese höchste Stufe des Ernährungs­notstands auszurufen. „UN-Agenturen erwarten, dass gegen Ende des Jahres eine Hungersnot für Teile des Landes erklärt wird. Unseren Beobachtun­gen nach sollte diese aber sofort ausgerufen werden“, meint Hashi. Unklar bleibt, ob dadurch mehr Hilfe ankommt. Einer Allianz aus UN-Agenturen und Hilfsorgan­isationen zufolge wurden Warnrufe bislang „größtentei­ls überhört“.

Welche Rolle spielt der Terror im Land?

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Foto: Elena Arens Déi Lénk sprachen sich gestern nebst diversen sozial-ökologisch­en Maßnahmen vehement für den Erhalt des Index-Systems aus.
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Hat niemand die ernste Lage kommen sehen?
Worauf muss sich Somalia vorbereite­n?
Foto: Getty Images Mehr als eine halbe Million Kinder im ostafrikan­ischen Somalia stehen nach Angaben des UN-Kinderhilf­swerks Unicef vor akuter, lebensbedr­ohlicher Unterernäh­rung. Hat niemand die ernste Lage kommen sehen? Worauf muss sich Somalia vorbereite­n?

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