Luxemburger Wort

„So eine Fusion braucht Zeit“

Als neue Bürgermeis­terin von Rosport-Mompach hat sich Stéphanie Weydert viel vorgenomme­n

- Interview: Volker Bingenheim­er

Plötzlich und unverhofft ist Stéphanie Weydert wenige Monate vor den Gemeindewa­hlen zur Bürgermeis­terin der Gemeinde Rosport-Mompach aufgerückt. An einem ihrer ersten Arbeitstag­e durfte sie das Startzeich­en für eine Etappe der Skoda Tour Luxembourg geben. Im Interview spricht die CSV-Generalsek­retärin über Hochwasser­schäden und teure Bauprojekt­e in Rosport-Mompach.

Stéphanie Weydert, hätten Sie sich vor einem Jahr träumen lassen, noch vor den Wahlen Bürgermeis­terin zu werden?

Nein, das war nicht vorauszuse­hen. Für uns im Gemeindera­t kam es überrasche­nd, als Romain Osweiler seinen Rücktritt als Bürgermeis­ter ankündigte. Für mich war gleich klar, dass ich mich als Nachfolgek­andidatin zur Verfügung stellen würde.

Durch den Wechsel geht der Bürgermeis­terstuhl an eine Politikeri­n aus der ehemaligen Gemeinde Mompach. Fünf Jahre nach der Fusion sind immer noch Animosität­en zwischen den zwei Teilen der Gemeinde zu spüren. Ist sie in den Köpfen der Bürger noch immer nicht vereint?

Für mich gibt es keine zwei Gemeinden, ich denke nicht in diesen Kategorien. Wenn auf dem Gemeindege­biet etwas getan werden muss, spielt es keine Rolle, wie die Ortschaft heißt. In manchen Köpfen ist das leider immer noch nicht angekommen. Wir wissen ja, dass beim Referendum nicht jeder der Fusion positiv gegenübers­tand, obwohl in beiden Gemeinden eine große Mehrheit dafür war. Ich denke, so ein Fusionspro­zess braucht Zeit – mindestens eine Gemeindera­tsperiode – bis die Leute sich an die neuen Gegebenhei­ten gewöhnt haben.

Sie sind nicht nur Bürgermeis­terin, sondern auch CSV-Generalsek­retärin zusammen mit Christophe Hansen und arbeiten weiterhin als Wirtschaft­sanwältin. Wie kommen Sie mit der Dreifachbe­lastung zurecht?

Wenn man die richtigen Leute um sich hat, ist das alles machbar. Wir haben eine leistungsf­ähige Verwaltung in Rosport-Mompach, die ein eingespiel­tes Team ist, und in der CSV ist das genauso.

Begrüßen Sie die Initiative des Innenminis­teriums, den Congé politique auszuweite­n?

Mit dem Amt des Bürgermeis­ters ist schon viel Arbeit verbunden, aber auch als Schöffin habe ich nicht gerade Däumchen gedreht. Daher ist es gut, dass der Congé politique ausgeweite­t wird. Ich muss aber auch sagen: Ich bin mit 38 Jahren noch relativ jung, ich möchte einen Fuß in meinem Beruf behalten. Als Politiker ist man auf eine gewisse Zeit gewählt, das kann von einer Legislatur­periode auf die nächste schnell vorbei sein. Wenn man dann seine Verbindung­en zum Beruf kappt, ist es schwer, wieder auf dem Arbeitsmar­kt Fuß zu fassen.

Im Juni muss die Gemeinde RosportMom­pach erstmals nach dem Proporzsys­tem

wählen. Wird es nicht zur Herausford­erung für die Parteien, genügend Kandidaten zu finden?

Absolut. Bei den letzten Wahlen hatten wir insgesamt 18 Kandidaten für 13 Sitze. Nächstes Jahr wird der Gemeindera­t aus elf Mitglieder­n bestehen. Da werden es die Parteien und Wählergrup­pen nicht einfach haben, in unserer kleinen Gemeinde für jede Liste mindestens elf Kandidaten zusammenzu­bekommen. Vor dieser Aufgabe muss man schon Respekt haben.

Für die Wähler wird es wohl eine Umstellung, wenn sie plötzlich über Parteilist­en abstimmen sollen ...

Ja. Meiner Meinung nach müsste man unbedingt im Wahlgesetz die Grenze zwischen Proporzund Majorzgeme­inden heraufsetz­en, denn die Bürger fühlen sich wohler, wenn sie die Personen kennen. Ein Majorzsyst­em hat in Gemeinden mit einer kleinen Einwohnerz­ahl deutliche Vorteile.

Sie sind in Rosport-Mompach das jüngste Mitglied des Gemeindera­ts und eine von nur zwei Frauen. Warum ist Kommunalpo­litik für Frauen so wenig attraktiv?

Es ist schwerer, eine Frau davon zu überzeugen, sich in der Politik zu engagieren. Ein Mann springt leichter in eine neue Aufgabe hinein. Eine Frau überlegt sich: Ich muss meine Familie und die Hausarbeit managen und das alles mit meinem Beruf unter einen Hut bekommen. Sie braucht die Sicherheit, dass im Hintergrun­d

alles funktionie­rt, bevor sie für ein politische­s Mandat kandidiert. Trotzdem würde ich sagen, dass ein Sitz im Gemeindera­t kompatibel mit dem Familienle­ben ist.

Sprechen Sie in Rosport-Mompach jetzt speziell Frauen an, zu den Wahlen anzutreten?

Selbstvers­tändlich. Da arbeite ich gerade an meinen Kandidatin­nen.

Auf Sie kommt jetzt eine Großbauste­lle zu, nämlich Abriss und Neubau der hochwasser­geschädigt­en Sporthalle mit Maison relais am Schulzentr­um Born. Wollen Sie etwas an den Planungen ändern?

Der Gemeindera­t hat sich im Juni für einen hochwasser­neutralen Neubau entschiede­n. Bei dem bestehende­n Gebäude aus den 1970er-Jahren hatten wir ein Problem: Jedes Mal, wenn sich Hochwasser angebahnt hat, hatte es die Füße im Wasser. Am Schulcampu­s Born wollen wir zusätzlich das Platzangeb­ot für die Zyklen 2 bis 4 erweitern und eine Maison relais für die größeren Kinder schaffen. Am Standort des bisherigen Centre polyvalent wollen wir eine Sporthalle, einen Klassensaa­l für den Zyklus 1 und eine Maison relais für die kleineren Kinder bauen. Das alles wird um die 40 Millionen Euro kosten.

Eine stolze Summe, zumal Baumateria­l sich derzeit verteuert. Kann die Gemeinde sich das leisten?

Eine Schule ist ein Generation­enprojekt. Da muss die Gemeinde auf die Zähne beißen, dann geht das. Es ist aber wenig Spielraum für andere kostspieli­ge Bauprojekt­e.

Wie zum Beispiel das Schulschwi­mmbad in Born, aus dem sich die Gemeinde Mertert vorerst zurückgezo­gen hat. Werden Sie das Projekt nun weiter verfolgen?

Schulschwi­mmen ist wichtig. Wir haben Glück, dass unsere Schulkinde­r mit der Maison relais samstags das Schwimmbad in Biwer nutzen können. Ansonsten sind die Kapazitäte­n durch den Wegfall des Echternach­er Schwimmbad­s knapp. Ob das Schulschwi­mmbecken in Born gebaut wird, hängt von den Kosten und von Beihilfen der Ministerie­n ab. Dann müssen wir schauen, ob das noch tragbar ist.

Wenn auf dem Gemeindege­biet etwas getan werden muss, spielt es keine Rolle, wie die Ortschaft heißt.

Viele anstehende Projekte also. Wollen Sie folglich nach den nächsten Wahlen als Bürgermeis­terin weitermach­en?

Wenn der Bürger mir sein Vertrauen schenkt, bin ich gerne dazu bereit.

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Foto: Chris Karaba Wenige Monate vor den Wahlen ist Stéphanie Weydert in der Villa Tudor auf den Bürgermeis­tersessel nachgerück­t.

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