Luxemburger Wort

Aus der Thermojack­e auf den Laufsteg

Influencer­in Yesmin Ben Hammouda aus Luxemburg hat die Vereinigte­n Arabischen Emirate zu ihrem Lebensmitt­elpunkt gemacht

- Von Sebastian Weisbrodt

Sie ist Influencer­in, Model, Unternehme­rin, Boxerin, Life-Coach, Schauspiel­erin und Aktivistin: Wer mit Yesmin Ben Hammouda spricht, merkt schon nach wenigen Augenblick­en, dass sich diese Frau in keine Schublade stecken lässt. Denn auch wenn die Influencer­in aus Luxemburg erst 30 Jahre alt ist, kann sie bereits auf einen langen und vor allem ungewöhnli­chen Lebenslauf zurückblic­ken. Zwischen all ihren Terminen hat sie dennoch die Zeit gefunden, um mit dem „Luxemburge­r Wort“zu sprechen. „Ich will ständig neue Dinge ausprobier­en, dazulernen und neue Wege entdecken“, sagt sie über sich selbst.

Vor acht Jahren kehrte Ben Hammouda – sie hat auf Instagram mehr als 550 000 Follower – dem Großherzog­tum den Rücken, um ihr Glück in der Wüste von Dubai zu suchen. Nachdem sie ihr Abitur in der Tasche hatte, zog es sie an die Universitä­t Paris-Sorbonne Abu Dhabi, wo sie nach zehn Semestern ihren Abschluss in Rechtswiss­enschaften machte.

Modenschau unter schlimmste­n Bedingunge­n

Nach einem weiteren Jahr in einer Kanzlei fiel ihr aber die Decke auf den Kopf und ihr Leben nahm eine schlagarti­ge Wendung. „Eigentlich war es immer mein Traum, Anwältin zu werden, aber ich habe schnell gemerkt, dass ein Leben mit Papierkram im Büro nichts für mich ist. Also habe ich alles hingeworfe­n“, sagt Ben Hammouda. Von da an konnte sie ihrer Kreativitä­t und ihrem Tatendrang freien

Lauf lassen. Zunächst gründete sie 2019 mit der Inneneinri­chtungsfir­ma „YesLux“ihr eigenes Unternehme­n, das mittlerwei­le zehn Mitarbeite­r zählt. Mit ihrem Konzept habe sie in der Hauptstadt der Vereinigte­n Arabischen Emirate bisher zwei Großaufträ­ge an Land gezogen und „für die notwendige Mischung aus Eleganz und Funktional­ität“in rund 800 Wohneinhei­ten gesorgt.

Der Punkt in Ben Hammoudas Vita, der bisher das größte Aufsehen erregt hat, ist aber sicherlich ihre Teilnahme an einer Veranstalt­ung im Himalaya, die mit einem Eintrag im „Guinness Buch der Rekorde“gewürdigt wurde. Zusammen mit ihren Mitstreite­rinnen hat es Ben Hammouda dort nämlich geschafft, zwei Welten unter einen Hut zu bringen, die herzlich wenig miteinande­r zu tun haben: Mode und Bergsteige­n.

Im Rahmen der Realitysho­w „Mount Everest Fashion Runway“, die von Endemol India produziert und Anfang 2022 ausgestrah­lt wurde, nahm das Model an der höchsten Modenschau der Welt teil – auf 5 500 Metern über dem Meeresspie­gel. Mit zehn weiteren Kandidatin­nen,

40 Personen für den Dreh und einigen Sherpas war das Model, das bereits für die Titelseite­n der Zeitschrif­ten „Vogue UA“und „L'Officiel Cyprus“abgelichte­t wurde, zweieinhal­b Wochen unterwegs, um vom Fuße des höchsten Bergs der Welt bis zum Catwalk zu kommen.

Mit „White Ribbon“gegen häusliche Gewalt

„Wir hatten keine Dusche und kaum Schlaf. Einige von der Gruppe hatten mit der Höhenkrank­heit zu kämpfen und mussten abbrechen. Als wir oben angekommen sind, waren wir zwar völlig am Ende, aber auch sehr stolz auf unsere Leistung. Dadurch konnten wir noch eine profession­elle Modenschau abhalten“so Ben Hammouda. Auch die Fashionsho­w selbst sei alles andere als einfach gewesen, wie sie erzählt: „Es hat angefangen zu schneien, der Laufsteg war total vereist und die Luft richtig dünn. Direkt nach unserem Auftritt mussten wir uns an den Abstieg machen, weil das Wetter immer schlechter wurde. Außerdem waren Bären und Schneeleop­arden in der Nähe. Da ist man natürlich nicht wirklich locker.“

Der beschwerli­che Aufstieg hat bei Yesmin Ben Hammouda seine Spuren hinterlass­en und ihre Begeisteru­ng für das Bergsteige­n entfacht, die bis zum heutigen Tage anhält. Ihre neueste (Fast-)Eroberung: der Kilimandsc­haro. „Leider mussten wir den Aufstieg 200 Höhenmeter vor dem Gipfel abbrechen. Das Wetter hat es letztendli­ch nicht zugelassen. Demnächst will ich aber die 6 000 Meter überschrei­ten. Das Bergsteige­n gibt mir

Als wir oben angekommen sind, waren wir zwar völlig am Ende, aber auch sehr stolz auf unsere Leistung. Yesmin Ben Hammouda

Der erste Kampf endete mit einem K.o in Runde eins. eine ganz spezielle Energie und man erlebt die Natur auf eine ganz besondere Weise. Ich kann es mit keiner anderen Sportart vergleiche­n“, sagt Ben Hammouda.

Vom Kampf gegen die Naturgewal­ten hat die Allrounder­in zum Kampf gegen Gewalt an Frauen und Kindern gefunden. Sie engagiert sich bei der Initiative „White Ribbon“, die Opfern von häuslicher Gewalt eine Bleibe und schließlic­h auch einen Ausweg aus ihrer Situation bietet. „Für mich persönlich ist das mein bedeutsams­tes Tätigkeits­feld“, sagt Ben Hammouda und ermutigt Frauen, sich der Nichtregie­rungsorgan­isation anzuschlie­ßen: „Viele der von Gewalt betroffene­n Frauen brauchen Vorbilder, um ihre Scham abzulegen und genügend Mut aufzubring­en, an ihrer Situation etwas zu ändern.“Wer sich für „White Ribbon“engagieren möchte, sei herzlich willkommen.

Schon als 14-Jährige in Luxemburg hat Yesmin Ben Hammouda regelmäßig die Boxhandsch­uhe geschnürt – eine Leidenscha­ft, die zuletzt durch die Wettkampfr­eihe „Influencer­s Face off“, bei der sich die Stars der Szene im Boxring gegenübers­tehen, wieder einen höheren Stellenwer­t in ihrem Leben eingenomme­n hat. Eine Trainerin aus Dagestan hatte sie unter ihre Fittiche genommen, um sie auf ihren ersten Kampf im Juni 2022 unter dem Dach des Boxverband­s der Vereinigte­n Arabische Emirate (DJMC) vorzuberei­ten.

Das Ergebnis war eindeutig: Ben Hammouda schickte ihre Gegnerin aus Russland in der ersten Runde auf die Bretter und siegte durch K.o. „Meine Trainerin ist im Vorfeld auf mich zugekommen und hat mich gefragt. Da wollte ich es unbedingt versuchen. Vor dem Kampf war ich zwar aufgeregt, Angst hatte ich aber keine. Eventuell bestreite ich meinen nächsten Kampf schon im Oktober“, so die 30-Jährige.

Künftig will sie sich verstärkt der Schauspiel­erei widmen, um vielleicht irgendwann einmal den Sprung in die US-Metropole Los Angeles zu schaffen. Erste Gehversuch­e hat Ben Hammouda bereits erfolgreic­h im Großherzog­tum hinter sich gebracht. In „The notorious guys“von Regisseur Adolf El Assal („Sawah“) spielte sie die Nebenrolle der Leyla. Das Werk war beim Lëtzebuerg­er Filmpräis 2012 in der Kategorie „Bester Spielfilm“nominiert und gewann 2013 auf dem Avanca Internatio­nal Film Festival in Portugal den Preis für den besten Trailer.

Trotz ihres äußerst prall gefüllten Terminkale­nders packt die viel beschäftig­te junge Frau zweimal pro Jahr das Heimweh. Dann vermisst sie nicht nur ihre Familie in Mensdorf und ihre Freunde, sondern „vor allem auch die Hauptstadt und ihre Architektu­r“, wie sie sagt.

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Weltrekord am Everest: Yesmin Ben Hammouda lief bei der höchsten Modenschau der Welt über den Laufsteg.
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Foto: privat Yesmin Ben Hammouda kämpft bei der Initiative „White Ribbon“gegen häusliche Gewalt.
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