Hoffen auf eine Einigung bis heute
Auch an Tag zwei der Tripartite zogen sich die Diskussionen bis spät in den Abend hin
Außergewöhnliche Situationen verlangen auch mal außergewöhnliche und temporäre budgetäre Anstrengungen. Alex Bodry, ehemaliger LSAP-Abgeordneter
Nach einer fast achtstündigen Verhandlungsrunde an Tag eins der Tripartite ging es am Montagmorgen gleich um 9 Uhr wieder auf Schloss Senningen los. „Es wird wohl ein langer Abend“, wurde den Journalisten zwischendurch kurz mitgeteilt. Und tatsächlich ließ sich bis 20.00 Uhr kein Regierungsmitglied und auch kein anderer Verhandlungspartner blicken. Regierung, Gewerkschaften und Patronat saßen weiter an einem Tisch, um sich auf mögliche Maßnahmen zu einigen. Es gilt, Antworten zu finden, um auf die angespannte Wirtschaftslage, die steigende Inflation und die Energiekrise zu reagieren.
Hauptmaßnahme Energiepreisbremse
Via Twitter und Facebook ließ Premier Xavier Bettel (DP) nach dem ersten Verhandlungstag am Sonntag wissen, dass die Regierung den Sozialpartnern vorgeschlagen habe, die Energiepreise zu deckeln. Mit dieser Maßnahme könne den Bürgern und Unternehmen direkt und schnell geholfen werden. Die Priorität der Regierung bestehe darin, „gegen den Preisanstieg vorzugehen“, so Bettel. Die Energiepreisbremse wird als Hauptmaßnahme angeführt. Am Montag wollte man dazu noch Berechnungen vom Statec vorlegen.
Für den Piraten-Abgeordneten Sven Clement ist diese Maßnahme keine gute Idee, wie er auf Twitter klarstellte. Wenn die Regierung den Unterschied zahle, würde der „kleine/sparsame Verbraucher“im Endeffekt denjenigen subventionieren, „dee verbëtzt oder ineffizient ass. An d’Multie laachen“. Die CSV hingegen begrüßt die Energiepreisbremse. Wie Co-Parteipräsident Claude Wiseler am Montagmorgen bei RTL unterstrich, habe seine Partei diese Maßnahme bereits vor Monaten vorgeschlagen.
Fortsetzung wohl nächste Woche
Drei Verhandlungstage sind für diese zweite Tripartite vorgesehen. Immer noch hofft man, bis Dienstag ein Abkommen gefunden zu haben, um es bereits im nächsten Regierungsrat verabschieden zu können. Falls es bis Dienstag zu keiner Einigung kommt, werden die Gespräche voraussichtlich nächste Woche am Donnerstag fortgesetzt. Ziel ist es, bis Ende September oder spätestens Anfang Oktober Hilfen auf den Weg zu bringen.
Kontroverse um Staatsverschuldung
Konfliktpotenzial bietet nicht nur die Indexdiskussion – laut Statec könnten 2023 bis zu fünf neue Tranchen fällig werden -, sondern auch die Höhe der Staatsverschuldung. „Keine Diskussion darf tabu sein“, hatte Premier Bettel am Ende der bilateralen Gespräche am vergangenen Freitag gesagt. An der im Koalitionsvertrag verankerten Schwelle von maximal 30 Prozent Staatsverschuldung hält er jedoch fest, während etwa Claude Haagen (LSAP), Minister für soziale Sicherheit, über Twitter verlauten ließ, dass man in außergewöhnlichen Zeiten „keinen budgetären Dogmatismus“brauche. „Ratingagenturen, die das Triple-A definieren, sollen Lösungen vorschlagen, anstatt unverständliche Grenzen aufzuziehen“, schrieb Haagen in einer Reaktion auf einen Tweet des früheren LSAP-Abgeordneten Alex Bodry, der die 30-ProzentSchuldenquote infrage gestellt hatte. Dies sei ein „hausgemachtes politisches Ziel“. Die einzige verbindliche Norm für die Schuldenbegrenzung liege für EU-Länder bei 60 Prozent, so Bodry. „Außergewöhnliche Situationen verlangen auch mal außergewöhnliche und temporäre budgetäre Anstrengungen.“
Unterdessen hatten auch die Grünen bei ihrer Pressekonferenz zur politischen Rentrée Ende August bereits ein Überschreiten der Schuldengrenze als möglichen Ausweg gesehen. „Wir haben im Moment finanziellen Spielraum und müssen jetzt flexibel sein“, meinte Co-Parteipräsident Meris Sehovic. CSV-Co-Parteipräsident Claude Wiseler wiederum ist ebenfalls dagegen, dass die Grenze von 30 Prozent Staatsverschuldung überschritten wird.
Bis Redaktionsschluss unserer Zeitung gestern Abend waren die Gespräche noch ohne Ergebnis.