Ein Biss und wenig Einsicht
Auf den Prozess wegen Körperverletzung folgt für Sarah B. im Dezember jener um Baby Bianka
Luxemburg. Seit zehn Jahren leben ein Mann und eine Frau gemeinsam in einer Wohnung in Petingen. Harmonisch ist das Zusammenleben aber nicht. Denn es kommt immer wieder zu Zwischenfällen. Am 8. August 2021 spitzt sich die Lage dann zu: Sarah B. beißt den Mann in den Unterarm und verletzt ihn dabei so schwer, dass dieser sieben Tage arbeitsunfähig ist. Es kommt zu einem Polizeieinsatz, der nun einen Gerichtsprozess gegen Sarah B. mit sich brachte.
Einsicht zeigte die 39-Jährige während der Verhandlung nicht. „Hien geet sech et selwer sichen“, sagte sie vor den Richtern. Und weiter: „Hien huet dat jo gären.“Diesen Worten wollte der Vertreter der Staatsanwaltschaft keinen Glauben schenken. Hätte der Mann es wirklich gemocht, hätte er kaum die Polizei verständigt. In der Tat hatte auch der Mann vor Gericht eine ganz andere Erklärung für den Vorfall: Er habe an jenem Tag einem Bekannten medizinisches Cannabis bringen wollen, die Frau habe das Cannabis jedoch für sich haben wollen. Daher habe sie einen Streit angefangen. Sie sei aufgebraust, von null auf 100, „eine Furie“, so der Mann.
Der Vorfall im August 2021 soll denn auch nicht der Erste gewesen sein. Bereits zuvor sei es zu Zwischenfällen gekommen, mal habe es dabei Schläge gegeben, mal Gebrüll. Er wolle dem Zusammenleben denn auch ein Ende setzen, weil er es mental nicht mehr schaffe,
Das Urteil ergeht am 6. Oktober.
so der Mann. Aber er könne die Frau nicht einfach vor die Tür setzen.
Der Ankläger forderte zum Abschluss des Prozesses eine zwölfmonatige Haftstrafe gegen die Beschuldigte. Es liege im Ermessen der Richter, ob sie diese zur Bewährung aussetzen oder nicht. Das Urteil ergeht am 6. Oktober.
Ein weiterer Prozess steht an
In Justizkreisen war Sarah B. unterdessen bereits vor dem Vorfall von August 2021 keine Unbekannte. Bei der Frau handelt es sich nämlich um die Mutter von Baby Bianka, das seit dem 2. Juli 2015 offiziell als vermisst gilt. An diesem Tag sollte die Jugendschutzabteilung der regionalen Kriminalpolizei aus
Esch/Alzette den vier Wochen alten Säugling zu dessen Schutz auf Anweisung eines Jugendrichters in Fürsorge unterbringen. Die Beamten konnten das Kleinkind jedoch nicht antreffen. Am 3. Juli 2015 leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Kindesentzuges gegen die Mutter ein. Sechs Tage später wurden diese auf die Tatbestände der Kindstötung, des Mordes, des Totschlags, der Verletzung der Rechte des Kindes und der Kindesvernachlässigung erweitert.
Hintergrund waren die Beobachtungen eines Zeugen, der gesehen hatte, wie sich die Mutter mit ihrem Kind am 15. Juni 2015 zum Weiher „am Wäissebrill“zwischen Petingen und Linger begeben hatte und später ohne das Kind zurückgekehrt war. Es folgte eine umfangreiche Suche. Gefunden wurden jedoch in der Ruine eines ehemaligen Arbeit-Pumpenhäuschens lediglich Gegenstände, an denen sich DNS-Spuren befanden, die dem Kind zugeordnet werden konnten. Das Baby selbst bleibt auch nach über sieben Jahren verschwunden.
Die Ermittlungen in diesem Fall wurden 2019 abgeschlossen. Vom 6. Dezember an wird sich Sarah B. wegen des Verschwindens von Baby Bianka vor Gericht verantworten müssen. In diesem Verfahren reichen die Anklagepunkte von Mord bis Kindesvernachlässigung. Der Prozess ist auf zwei Wochen angesetzt.
Hien geet sech et selwer sichen. Hien huet dat jo gären. Angeklagte