„Wir haben uns praktisch selbst geschlagen“
Das Düdelinger Eigengewächs Fynn Köller soll in die Fußstapfen seines Vaters treten
Eigentlich sah der HBD schon wie der sichere Sieger aus. Das Hinspiel am Samstag im EHF-European-Cup gegen den türkischen Vertreter Spor Toto SK konnte man vor heimischer Kulisse mit 26:25 für sich entscheiden. Im Rückspiel einen Tag später (Ebenfalls im Centre sportif René Hartmann) führte man zur Pause (14:9) bereits mit fünf Toren Vorsprung. Nach dem Seitenwechsel verpassten es die Düdelinger jedoch, ihre Führung weiter auszubauen. Das sollte sich im späteren Spielverlauf rächen. Nach 40 gespielten Minuten schmolz das Polster auf zwei Treffer (17:15) und die bis dato souveräne Defensive rund um Torhüter Mika Herrmann verlor zusehends den Zugriff.
Die Chancen aufs Weiterkommen standen gut. Fynn Köller
„40 Minuten lief alles nach Plan. Was dann geschah, ist unerklärlich“, sagt HBD-Vizepräsident Lynn Spielmann. Er spielt dabei auf die letzten 20 Minuten der Partie an, als die eigene Mannschaft völlig verunsichert agierte, sich zu viele unnötige Fehler im Spielaufbau leistete und schließlich in der 51.' den Treffer zum 21:21-Ausgleich hinnehmen musste. Zwei Minuten später lag man gar in Rückstand. „So ein Spiel dürfen wir nicht mehr aus der Hand geben. Ohne Grund war die Mannschaft plötzlich verunsichert und nichts funktionierte mehr“, so Spielmann. Am Ende verlor Düdelingen mit 24:27 und muss trotz komfortabler Ausgangssituation sein Europa-Abenteuer vorzeitig beenden. „Wir haben es einfach verpasst, den Deckel auf das Spiel zu machen. Wir haben ein paar Chancen am Stück liegen lassen und begannen an uns selbst zu zweifeln“, analysierte Trainer Nikola Malesevic im Anschluss an die Partie.
Ungeschliffener Rohdiamant
Trotzdem wäre es das falsche Signal, am Ende des Tages nur auf das Negative aus dem Rückspiel gegen Spor Toto SK zu verweisen. Mit dem 18-jährigen Fynn Köller hat der HBD wahrlich einen noch ungeschliffenen Rohdiamanten in den eigenen Reihen. Der Sohn des ehemaligen Nationalspielers Marc Köller ist dabei ein echtes Düdelinger Eigengewächs und schnürte bereits als Fünfjähriger die Handballschuhe für den Verein. Elf Jahre später gelang dem Rechtsaußen der Sprung in die Männermannschaft, am Wochenende spielte er sogar international.
Mit einer beeindruckenden Leistung gelangen Köller vor der Pause sechs Treffer aus sechs Versuchen. Bereits im Hinspiel trafen die Würfe des Nachwuchsspielers zwei Mal ins gegnerische Gehäuse. „Ich bin natürlich enttäuscht, dass wir ausgeschieden sind. Die Chancen aufs Weiterkommen standen gut. In den letzten 20 Minuten haben wir uns praktisch selbst geschlagen“, sagt Köller etwas niedergeschlagen. Der 18-Jährige hat sich und der Mannschaft dennoch klare Ziele für die laufende Saison gesteckt. „Mein persönliches Ziel ist es, immer längere Einsatzzeiten zu bekommen. Dafür gehe ich im Training an meine Grenzen.“Mit dem Team träumt der Handballer von einem Titelgewinn. Die Meisterschaft steht dabei ganz klar an erster Stelle, obwohl ein Triumph im Pokal mit seiner besonderen Atmosphäre auch seinen Reiz hätte.
Auf dem Weg dorthin, kommt ihm vor allem die Erfahrung des mittlerweile 38-jährigen Aleksiej Szyczkow zugute, der ebenfalls die Position des Rechtsaußen begleitet und so den einen oder anderen wertvollen Tipp geben kann. „Aleksiej hilft mir sehr, vor allem wenn es darum geht, mein Spielverständnis
in bestimmten Situationen zu verbessern“, so Köller. Mit dem neuen deutschen Torwart Patrick Schulz gibt es einen weiteren wichtigen Ansprechpartner. „Patrick erklärt mit Dinge aus der Perspektive eines Torwarts und sagt mir, wo ich hinzielen soll. Ein Blickwinkel, den ich so bisher nicht kannte, den ich aber sehr interessant finde.“
„Ein Vorzeigespieler“
Den Verantwortlichen des HBD sind Köllers Talente und tadelloser Charakter nicht verborgen geblieben.
„Fynn steht für die Zukunft unseres Vereins. Er spielt hier von Kindesbeinen an“, erklärt Präsident Fabian Cruciani. „Bereits sein Vater spielte für Düdelingen und wurde hier zum Nationalspieler. Das kann bei Fynn auch nicht mehr lange dauern. Er ist ein Fall für die Nationalmannschaft“, bricht es euphorisch aus Cruciani heraus.
„Fynn hat sich ganz exzellent entwickelt. Er ist ein arbeitsfleißiger Spieler, der sich Ratschläge zu Herzen nimmt und immer versucht, diese bestmöglich umzusetzen“, stimmt Spielmann bedingungslos den lobenden Worten des Präsidenten zu. „Für mich ist er ein echter Vorzeigespieler, auf den wir stolz sind.“Beide sind sich derweil sicher, dass trotz der unglücklichen Niederlage und der damit verpassten Möglichkeit weiterer internationaler Auftritte in dieser Spielzeit, die gemachten Erfahrungen für Köller, und die anderen jungen Spieler im Kader, von unschätzbarem Wert sind.
Lange Zeit, um Trübsal zu blasen, bleibt ohnehin nicht, denn am Samstag trifft man zu Hause auf den gleichermaßen aus dem Europapokal ausgeschiedenen HC Berchem. „Gegen Berchem wird es keine einfache Aufgabe. Wir müssen konzentriert sein und dürfen uns keine leichten Fehler erlauben. Wenn uns das gelingt, haben wir gute Siegchancen“, so Köller. Die Berchemer werden ihrerseits alles dafür tun, dass dieses Szenario nicht eintritt, dürften jedoch spätestens jetzt vor dem jungen Rechtsaußen gewarnt sein, der in Meisterschaft und Pokal noch einiges erreichen will.
Fynn steht für die Zukunft unseres Vereins. Fabian Cruciani, Präsident des HBD