Eschs Wandlung zum resilienten Stadtraum
Diskussionsrunde über die urbanistische Entwicklung von Esch und Umgebung
Esch/Alzette. Zum Abschluss der ersten Ausstellung im neueröffneten Escher Bridderhaus, die dem visionären Stübbenplan von 1925 gewidmet ist, haben die Stadt Esch/Alzette und das Centre pour l'Histoire contemporaine et digitale (C2DH) in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Raumentwicklung (Département de l'aménagement du territoire), dem Lëtzebuerger Architektur Musée und der FrEsch asbl eine Diskussionsrunde über die urbanistische Entwicklung von Esch und Umgebung organisiert.
Denis Scuto, Professor für Geschichte an der Universität Luxemburg, ging zunächst auf den Stübbenplan und die Entwicklung der Stadt Esch im 20. Jahrhundert ein. Josef Stübben hatte 1924 einen Stadtentwicklungsplan gezeichnet, nachdem man sich Anfang des 20. Jahrhundert über die Luftverschmutzung bewusst geworden war.
„In den 1920er-Jahren wollte man grüne Lungen schaffen, um dagegen zu halten, weil die Stadt
Luft brauchte.“Josef Stübbens markierte in seinem Stadtplan von Esch die öffentlichen Plätze, die grün werden sollten und es heute, 100 Jahre später, noch immer sind. Ein Beispiel hierfür sind die Nonnewiesen. Auch der Fahrradweg, der heute als Pop-Up-Weg existiert, sei für den Boulevard Grande-Duchesse Charlotte bereits in den 1970er-Jahren geplant worden, so Scuto.
Die Bauschübe ab Ende der 1990er-Jahre in Belval „haben urbanistisch gesehen nichts mit Stübben zu tun“, klärte Denis Scuto auf, „da es heute keine Grünflächen dort gibt“. Bürgermeister Georges Mischo erinnerte sich an Sätze, wie „Esch ist dreckig“, die er als Kind des Öfteren gehört habe. Er gehört zu der Generation, die miterlebte, wie die Produktion in Belval und der Metzeschmelz heruntergefahren wurde.
Florian Hertweck, Professor für Architektur an der Universität Luxemburg, stellte die aktuellen Herausforderungen der Städte angesichts von Klimawandel und Energiewende heraus. Das heutige Leben sei von drei Problematiken geprägt: Klimawandel, Ressourcenschwund und soziale Ungleichheit.
Wetterphänomene wie Starkregen und Hitzewellen seien längst bei uns angekommen. Eine fatale Entwicklung, sei die Altstadt von Esch doch ein „großer Hitzekessel“. Das Thema Ressourcen konkretisierte Hertweck am Beispiel von Sand, der immer weniger werde, weshalb auf Beton zurückgegriffen werde, „ein Klimakiller“.
Mischo erwähnte in diesem Zug den Resilienzplan, den die Stadt Esch als Konsequenz auf den Tornado in Petingen und Niederkerschen 2019 erstellt habe. Man sei jetzt vorbereitet, so der Bürgermeister. Auf Überschwemmungen, Brände, Cyberattacken und
Unwetter. Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer darin, dass mehr renaturiert werden müsse.
In Bezug auf die soziale Kluft problematisierte Hertweck die Wohnpreise, die „unfassbar angestiegen“sind. „Viele können nicht mehr dort leben, wo sie arbeiten. 50 Prozent der in Luxemburg arbeitenden Menschen leben im Ausland“, so der Wissenschaftler.
Davon kann Viviane Fattorelli ein Lied singen. Als Bürgermeisterin von Audun-le-Tiche beobachte sie, dass „jedes Jahr 15 Prozent zusätzliche Luxemburger in die Grenzstadt ziehen, was zu einem enormen Parkproblem führt, es ist die Hölle“. Manchmal würden Autos mit luxemburgischen Kennzeichen einen Monat in Audun stehen, während ihre Besitzer wohl im Urlaub seien. Georges Mischo zeigte sich verständig. „Wir müssen den grenzüberschreitenden Verkehr gemeinsam mit Audun hinbekommen.“Auch ein Fahrradweg zwischen Esch und Audun stehe auf der Agenda.
80 Prozent der Einwohner Auduns arbeiten in Luxemburg. Die Folge: „Wir haben keine Handwerker
und Klempner mehr bei uns“, so Fattorelli, die sich prinzipiell auch mehr Homeoffice wünsche. „Wir haben während der Covid-Pandemie gesehen, dass das geht.“Laut Claude Turmes, Minister für Energie und Raumplanung, stelle sich Paris jedoch bisher quer und blockiere.
50 Prozent der in Luxemburg arbeitenden Menschen leben im Ausland. Florian Hertweck, Professor für Architektur an der Uni Luxemburg
Wir haben keine Handwerker und Klempner mehr bei uns. Viviane Fattorelli, Bürgermeisterin von Audun-le-Tiche
Florian Hertweck zufolge sei die aktuelle politische Herausforderung, „Arbeiten und Wohnen wieder zusammenzubringen“. Beim Thema Städteverdichtung werde in Luxemburg „leider zu viel abgerissen, dabei kann man in Esch mindestens zehn Prozent der Wohnhäuser mit zusätzlichen Etagen überbauen“. Ein Viertel der Bevölkerung könne so untergebracht werden.
Strassen. Tierärzte sollen in Luxemburg durch einen überarbeiteten Notdienstplan entlastet werden. Vorgestellt wurden die Neuerungen von Dr. Simone Mousel, Vorsitzende der Lëtzebuerger Associatioun vun de Klengdéierepraktiker (LAK) und Dr. Jean Schoos, Vorsitzender der Association des Médecins Vétérinaires du Grand-Duché de Luxembourg (AMVL), in Strassen.