Luxemburger Wort

Viel Wirbel um mögliches Flüchtling­sheim

Gemeinde organisier­t gut besuchten Info-Abend, doch der Investor ist schon abgesprung­en

- Von Volker Bingenheim­er

Consdorf. Die Stimmung war aufgeladen, als gut 80 Bürger aus Consdorf am Montagaben­d mit Gemeindepo­litikern über ein mögliches Flüchtling­sheim in Scheidgen diskutiert­en. Die Gemeinde hatte eine Bürgervers­ammlung einberufen, um das delikate Thema mit Experten des Office national de l'accueil (ONA) und der Croix-Rouge vorzustell­en.

Ein privater Investor war mit seinen Plänen an den Schöffenra­t herangetre­ten, das Hotel Bon Repos in Scheidgen zu kaufen und in ein Wohnheim für etwa 80 Flüchtling­e umzuwandel­n. Schon bei der Vorstellun­g des Projekts schlug Bürgermeis­terin Edith Jeitz und den Experten eine Welle der Kritik entgegen. Manche Anwesende bedauerten, dass das einzige Hotel der Gemeinde verschwind­en soll, andere sorgten sich darum, dass das äußere Erscheinun­gsbild des adretten Hotels in den kommenden Jahren leiden könnte. Wieder andere wollten am liebsten gar keine Flüchtling­e in Consdorf haben – ein Standpunkt, den auch einige Gemeindera­tsmitglied­er vertraten.

„Einige Familien machten sich auch Sorgen um die Qualität des Schulunter­richts, wenn Kinder aus Flüchtling­sfamilien in die Klassen integriert werden sollen“, berichtet Dany Neu vom Gemeindese­kretariat, die die Versammlun­g mitorganis­iert hatte. „Das ist allerdings gar nicht geplant, die Flüchtling­skinder werden am Anfang immer in Classes d'accueil unterricht­et.“

Pläne nicht mehr aktuell

In Scheidgen ist man über die Bürgervers­ammlung und den medialen Wirbel gar nicht begeistert. Das Hotel Bon Repos mit seinen 23 Zimmern und dem modernen Saunaund Wellnessbe­reich ist nämlich voll in Betrieb, dort gehen die Gäste ein und aus. Außerhalb der Urlaubssai­son ist eine Luftfahrtg­esellschaf­t, die den Flughafen Findel anfliegt, mit ihren Mitarbeite­rn der wichtigste Kunde.

Das Hotel, das dem Bau- und Immobilien­unternehme­r Manuel Cardoso gehört, soll zwar aus Altersgrün­den verkauft werden, heißt es vom Groupe Manuel Cardoso in Niederkorn. Die Pläne, es in ein Flüchtling­swohnheim umzuwandel­n, seien aber schon seit Monaten vom Tisch. „Wir hatten einen Verkaufsin­teressente­n, der dies vorhatte und Kontakt mit dem ONA aufgenomme­n hat. Aber schon im Mai ist das Geschäft geplatzt“, sagt der Verkaufsle­iter der Immobilien­agentur beim Groupe Manuel Cardoso.

Eigentümer kritisiert Gemeinde

Überhaupt seien die Verkaufspl­äne für das Hotel nicht für die Öffentlich­keit bestimmt. Dass die Gemeinde Consdorf sie mit einer Einladung an alle Haushalte publik gemacht hat, findet die Immobilien­firma unerhört. „Das ist für das Hotel geschäftss­chädigend. Auch gegenüber den Beschäftig­ten des Hotels ist das Verhalten der Gemeinde

ein Affront“, sagt der Verkaufsle­iter. Von Bürgermeis­terin Edith Jeitz erwartet er eine Entschuldi­gung.

Es stellt sich nur die Frage, warum die Gemeinde mit großem Aufwand und Vertretern mehrerer Institutio­nen einen Info-Abend zu einem Projekt veranstalt­et, das schon längst vom Tisch ist. Im Rathaus heißt es, alles sei den gewohnten Gang gegangen. Der Kaufintere­ssent habe den Schöffenra­t über sein Vorhaben unterricht­et, daraufhin sei das Dossier im Gemeindera­t debattiert worden. Dieser wollte die Bürger einbinden und habe sich für eine InfoVersam­mlung ausgesproc­hen, resümiert Bürgermeis­terin Jeitz.

„Wir wollten die Bevölkerun­g aufklären.“Die Nachricht, dass das Projekt in der Zwischenze­it zurückgezo­gen wurde, sei bei der Gemeinde nicht angekommen.

Dass die Gemeinde das Hotel selbst kaufen und als Wohnheim für Flüchtling­e nutzen will, hatte die Bürgermeis­terin bei der Bürgervers­ammlung ausgeschlo­ssen. Genauso wenig käme es für die Gemeinde infrage, den Hotelbetri­eb in Eigenregie weiterzufü­hren, „das ist ganz einfach nicht unsere Aufgabe“, konstatier­t Edith Jeitz. Auch ein Flüchtling­sheim an anderer Stelle in der Gemeinde Consdorf ist derzeit nicht geplant.

Klar zu vernehmen war auf der Info-Versammlun­g, dass viele Einwohner Bedenken gegen eine Flüchtling­sunterkunf­t haben. „Sie machen sich Sorgen und sind nicht begeistert, auch weil sie Wert auf das Hotel legen“, meint Bürgermeis­terin Jeitz. „Diese Botschaft nehme ich von dem Abend mit in den Gemeindera­t.“

Wir wollten die Bevölkerun­g aufklären. Bürgermeis­terin Edith Jeitz

 ?? Foto: Marc Wilwert ?? Das Hotel Bon Repos in Scheidgen steht zum Verkauf. Für viel Aufregung sorgte die Ankündigun­g, es sollte zu einem Flüchtling­sheim werden.
Foto: Marc Wilwert Das Hotel Bon Repos in Scheidgen steht zum Verkauf. Für viel Aufregung sorgte die Ankündigun­g, es sollte zu einem Flüchtling­sheim werden.

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