Luxemburger Wort

Reisender am rechten Rand

CDU-Chef Friedrich Merz wirft ukrainisch­en Flüchtling­en „Sozialtour­ismus“vor – und steht damit fast ganz allein

- Von Cornelie Barthelme (Berlin) Karikatur: Florin Balaban

Und genutzt. Unisono empören sich die Regierungs­parteien. Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser von der SPD wirft Merz „Stimmungsm­ache auf dem Rücken ukrainisch­er Frauen und Kinder“vor – und nennt das „schäbig“. FDP-Fraktionsc­hef Christian Dürr befindet, der Vorwurf sei „absolut deplatzier­t“. Und Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang stichelt per Twitter: „Wie passt es eigentlich mit der viel beschworen­en Solidaritä­t der Union mit der Ukraine zusammen?“

Applaus von der AfD

Eventuell haben sich das auch die Christdemo­kraten in Niedersach­sen gefragt. Ganz sicher aber, warum ihnen ihr Bundesvors­itzender so heftig in die Parade fährt. Am 9. Oktober nämlich wird im größten Flächenlan­d des Nordens der Landtag gewählt. Und Wählerinne­n und Wähler schätzen es nicht, wenn Parteien nicht klar zu erkennen geben, wofür sie stehen.

Möglicherw­eise hatte gerade die Landtagswa­hl Merz inspiriert. Provokatio­n

Nicht wenige erinnerten sich, dass „Sozialtour­ismus“2013 zum „Unwort des Jahres“gekürt worden war.

liegt ihm seit je. Und ebenso lang tut er sich schwer bei der Entscheidu­ng, ob sie im konkreten Fall ein probates politische­s Mittel ist – oder ein böser Patzer. Diesmal ist selbst die CDU einig: Letzteres.

So heftig wie Marie-Agnes Strack-Zimmermann werden die Christdemo­kraten nicht. Öffentlich. Die FDP-Verteidigu­ngsexperti­n hält Merz vor, „kurz vor einer Landtagswa­hl am Rand noch ein paar Stimmen abgreifen“zu wollen. Aber der stellvertr­etende Chef des Arbeitnehm­erflügels CDA, Christian Bäumler, zürnt kaum weniger hart: „Merz hat die übliche Methode der Rechtspopu­listen angewandt: Erst Grenzen überschrei­ten, dann zurückrude­rn.“

Und ja: Der einzige Applaus für den CDU-Boss kommt – von der AfD. „Sehr wichtiges Thema“, befindet Partei- und Fraktionsc­hefin Alice Weidel. Spätestens da ist der aggressive Merz auch selbst zum Touristen ernannt. Am rechten Rand.

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