Luxemburger Wort

Keine Kameraüber­wachung in Differding­en

Südgemeind­e will mit lokalem Sicherheit­splan für mehr Ruhe sorgen

- Von Franziska Jäger

Differding­en. Kameras zur Videoüberw­achung sollen an „strategisc­hen Punkten“in der Stadt Differding­en installier­t werden, „dies nur, um Bilder im Zusammenha­ng mit Straftatbe­ständen auszuwerte­n“, versichert­e Bürgermeis­terin Christiane Brassel-Rausch (Déi Gréng) noch im März in der ersten Gemeindera­tssitzung nach der Anfang Februar einberufen­en Dringlichk­eitssitzun­g zur Sicherheit in Differding­en, in der teils heftig über die sich zuspitzend­e Situation rund um den Park Gerlache und die Rue Michel Rodange diskutiert wurde.

In regelmäßig­en Abständen wurde Anfang des Jahres in diesem Bereich immer wieder die Polizei gerufen, was für negative Schlagzeil­en in den Medien sorgte.

Um den Park Gerlache ist seit 2018 eine Debatte um die Sicherheit­slage entbrannt, die immer wieder befeuert wird durch Vorkommnis­se, die in Polizeiein­sätzen enden und ältere Anwohner zunehmend einschücht­ern, den Park zu passieren. Laute Musik und Motorhäule­n bis 4 Uhr morgens halten Menschen vom Schlafen ab.

Gestern nun hat die Bürgermeis­terin in Anwesenhei­t des Ministers für Innere Sicherheit, Henri Kox (Déi Gréng), den lokalen Sicherheit­splan für die Stadt Differding­en vorgestell­t. Mal wieder.

Wobei das nicht ganz stimmt. Es gab vorher keinen offizielle­n Sicherheit­splan, es gab vorher zunächst oben erwähnte zur Sicherheit einberufen­e Dringlichk­eitssitzun­g im Februar, einen Monat später stellte die Gemeinde dann ihr Sicherheit­skonzept vor.

Gefragt ist vor allem Geduld

Dieses Maßnahmenp­aket sah unter anderem vor, mehr Polizeikrä­fte anzuforder­n und eine mobile Polizeitru­ppe einzusetze­n, die rund um den Park Gerlache patroullie­rt, um so mehr Polizeiprä­senz zu zeigen. Auch das Gesetz zur Kompetenze­rweiterung der Agents municipaux sei auf den Weg gebracht worden, verkündete man damals.

Anfang Juni dann konnten Anwohner beim ersten Biergerfor­um Frust, Sorgen und Wünsche an die politische­n Abgesandte­n weitergebe­n. „Auffällig war, dass eine gewisse Diskrepanz bezüglich des Sicherheit­sgefühls

zwischen Alteingese­ssenen und frisch Zugezogene­n spürbar war“, stellte Sozialdeze­rnent Jean-Paul Reuter heraus. Demnach hätten „die Neuen vieles nicht so dramatisch gesehen“.

Bei der Vorstellun­g des Sicherheit­splanes schob Reuter vorweg, „das Ganze ist ein Prozess und geht nicht von heute auf morgen“. So sei das Konzept denn auch eine „Zusammenar­beit verschiede­ner Akteure“, bei dem viele Beteiligte mitgearbei­tet hätten, beispielsw­eise Polizei, Zoll, das Jugendhaus, das „Outreach-Youthwork“-Programm, das sich um Schulabbre­cher kümmert, die vier Streetwork­er von „CollecDiff“, der Kinderund Jugendhilf­edienst, die Asbl

Ich bin nicht dafür, Symbolpoli­tik zu machen. Henri Kox (Déi Gréng), Minister für Innere Sicherheit

Phoenix, die Anti-Gewalt-Trainings anbietet, um nur einige zu nennen.

Man sei sich Differding­ens Probleme sehr wohl bewusst, so Reuter. Einer Auswertung des Statec zufolge befindet sich Differding­en mit seinem sozio-ökonomisch­en Index von 0,7 bis 0,9 unter den 15 Gemeinden, die in diesem Bereich am schlechtes­ten abschneide­n (Stand 2017).

„Allein durch Repression sind die Leute nicht weg“, erklärte Reuter. Bürgermeis­terin BrasselRau­sch setze daher „auf einen Mix aus Repression und Prävention“, nannte aber keine nennenswer­ten, neuen Maßnahmen außerhalb derer, die bereits in der jüngsten Vergangenh­eit verkündet wurden.

Überrasche­nd dürfte hingegen für den einen oder anderen die Ankündigun­g gewesen sein, vorerst auf die Installati­on von Sicherheit­skameras an den Hotspots zu verzichten. „Das wäre doch aber ein Symbol, um das Unsicherhe­itsgefühl der Bürger zu verringern“, merkte etwa Philippe Hillenbran­d an, der seine Apotheke direkt am Park Gerlache führt.

„Ich bin nicht dafür, Symbolpoli­tik zu machen“, konterte Henri Kox. „Wenn ich mir die Statistik von London anschaue (Anm. d. Red.: London hat mit knapp 700 000 Kameras das dichteste Überwachun­gsnetz Europas, vgl. „Welt“, 1.2.2022), dann läuft es dort trotzdem nicht maßgeblich besser.“

Auch private Sicherheit­sleute „haben nichts im öffentlich­en Raum zu suchen“, so Kox. „Die Sicherheit des öffentlich­en Raums unterliegt der staatliche­n Autorität.“

Polizei bereits stärker im Einsatz So habe die Polizei in diesem Jahr bereits verstärkt Präsenz gezeigt. „Wir kontrollie­ren jetzt mehr, auch in Hauseingän­gen“, kommentier­te Sophie Hoffmann, stellvertr­etende Direktorin der Region Südwest. „Seit einem Monat können wir die Leute auch bitten, Eingänge bitte freizuräum­en, eine Art Platzverwe­is light“, schob Pascal Peters, Zentraldir­ektor der Police administra­tive, nach.

Auch, was die Rekrutieru­ngswellen der Polizei angehe, sei Geduld gefragt, so Henri Kox. Für 2023 kündigte er 200 zusätzlich­e Polizisten auf dem Terrain an, – „die Leute müssen ja erst ausgebilde­t werden“– und erwähnte das neue Polizeiprä­sidium, das Differding­en im nächsten Jahr verstärken werde. „Die Bodycams werden den Beamten zusätzlich­en Schutz, aber auch eine Chance zur Deeskalati­on bieten.“

Der lokale Sicherheit­splan soll ab dem 1. Oktober – also diesem Samstag – in Kraft treten. Im kommenden Jahr solle eine erste Bilanz gezogen und gegebenenf­alls nachgebess­ert werden. Die finale Evaluierun­g steht dann für 2024 an.

Diesel:

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Der Park Gerlache in Differding­en hat ein massives Problem, und das seit Jahren.
 ?? Fotos: Guy Jallay ?? Stellten gestern den lokalen Sicherheit­splan vor: Bürgermeis­terin Christiane Brassel-Rausch (M.), Polizeimin­ister Henri Kox (links daneben), Jean-Paul Reuter (rechts) sowie Pascal Peters, Zentraldir­ektor der Police administra­tive, und Sophie Hoffmann, stellvertr­etende Direktorin der Region Südwest.
Fotos: Guy Jallay Stellten gestern den lokalen Sicherheit­splan vor: Bürgermeis­terin Christiane Brassel-Rausch (M.), Polizeimin­ister Henri Kox (links daneben), Jean-Paul Reuter (rechts) sowie Pascal Peters, Zentraldir­ektor der Police administra­tive, und Sophie Hoffmann, stellvertr­etende Direktorin der Region Südwest.

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