Odyssee nach China
Die Tischtennis-Nationalmannschaft der Frauen muss vor der Team-WM viele Hürden überwinden
Gut gelaunt dokumentieren Sarah De Nutte, Tessy Gonderinger und Ariel Barbosa die Stationen ihrer Reise. Auf Instagram sind die drei Tischtennis-Nationalspielerinnen zu sehen, wie sie in die Kamera lachen. Von Luxemburg fliegen sie nach Zürich, von dort weiter nach Dubai und eine Nacht später schließlich mit einer Chartermaschine des Weltverbandes ITTF bis nach Chengdu.
Doch die gute Laune hält nicht die gesamte Reise stand. Denn neben den normalen Strapazen müssen die Athletinnen vor dem Start der Team-Weltmeisterschaft in China einen wahren Testmarathon absolvieren. „Im Kontext des Closed-Loop-Systems, das für das Turnier vorgeschrieben ist, mussten die Athletinnen 96 und 72 Stunden vor der Abreise einen negativen PCR-Test vorweisen“, beschreibt André Hartmann, der Präsident des nationalen Verbandes FLTT, den Start der Corona-Maßnahmen des Veranstalters.
Wie Astronauten
Auch an den Flughäfen muss sich die Luxemburger Gruppe, zu der auch Ni Xia Lian und Trainer Tommy Danielsson gehören, regelmäßig testen. Der Kontakt zur Außenwelt, also zu Menschen außerhalb des Tischtennis-Kosmos, wird so gut es geht vermieden. Passend dazu wirken die Flugbegleiter, die in Ganzkörper-Schutzanzüge gehüllt sind, wie Astronauten. „Es ist eine ganz besondere Situation“, findet Hartmann.
Dass sich die FLTT-Mannschaft überhaupt in eine solche begeben hat, war keine Verbandsentscheidung. Die Spielerinnen entschlossen sich selbst dazu, an der WM teilzunehmen. „Sie haben die Situation mehrmals miteinander durchdiskutiert, das war ein längerer Prozess“, verrät der Präsident. „Für uns ist wichtig, dass die Spielerinnen gesund hin- und auch wieder zurückkommen.“Das Männerteam ist nicht qualifiziert.
Neben medizinischen Bedenken – vor allem bei der bereits 59 Jahre alten Ni – gab es bei der Entscheidung um die Teilnahme aber auch bürokratische Hürden. So mussten De Nutte und Co. bei der chinesischen Botschaft vorstellig
China will dieses Turnier unbedingt ganz besonders aufziehen. FLTT-Präsident André Hartmann
werden, um ihr Visum zu bekommen. Dabei spielte auch eine Rolle, dass der Impfstatus nicht bei allen Spielerinnen unproblematisch war. Details verrät Hartmann nicht.
Die Menschen in der 21-Millionen-Metropole Chengdu waren von Anfang bis Mitte September im Corona-Lockdown. Entsprechend angespannt ist die Pandemielage im ganzen Land. Während alle anderen Großveranstaltungen verschiedener Sportarten abgesagt wurden, hielten die Entscheidungsträger an der Tischtennis-WM fest. „China will dieses Turnier unbedingt ganz besonders aufziehen“, erläutert Hartmann. „Es geht um viel Prestige und Sponsorengelder.“
Zwar dürfen die Athleten die Blase nicht verlassen, doch festgelegte Areale rund um Hotel und Halle bieten die Möglichkeit, auch mal frische Luft zu schnappen. Alles kein Problem, sagt Hartmann. „Wir sind schonmal zufrieden, dass alle gut angekommen sind“, erklärt der Präsident in dem Wissen, wie kontrovers die Weltmeisterschaft bereits im Vorfeld diskutiert wurde.
Denn bei den Titelkämpfen der besten Mannschaften der Welt sind nicht zwangsläufig die besten Spieler am Start. Auch in anderen Nationen gibt es Bedenken. „Schon bei der EM in München (Mitte August, Anm. d. Red.) haben sich die Delegationen zusammengesetzt“, sagt Hartmann. „Wir waren ein bisschen beunruhigt.“Der österreichische Verband beispielsweise verzichtet auf die WM.
Doch gute Gegnerinnen sind für Ni, De Nutte, Gonderinger und Barbosa noch einige übrig. Das FLTT-Team (Weltranglistenposition: 24) erwischte eine starke Gruppe. Ab heute geht es gegen Südkorea (4), Singapur (9), Thailand (20) und den Iran (49). Die beiden besten Mannschaften der Gruppe sowie die vier besten Dritt
Ni Xia Lian (l.), Sarah De Nutte (r.) und Trainer Tommy Danielsson wollen bei der WM überzeugen.