Luxemburger Wort

Mit dem iX1 auf der Elektro-Überholspu­r

Lange Zeit schien es, als hätte BMW den E-Trend nach einem guten Start verschlafe­n – nun geht es Schlag auf Schlag weiter

- Von Dustin Mertes

Eigentlich war BMW beim Thema Elektromob­ilität mal ganz vorne mit dabei, genauer gesagt sogar die Speerspitz­e – zumindest auf dem heiß umkämpften deutschen Markt. Im Jahr 2013 brachten die Bayern den kompakten, vollelektr­ischen i3 auf den Markt, vier Jahre bevor Tesla das Thema mit dem Model 3 auch in der Mittelschi­cht salonfähig machte.

Doch mangels guter Verkaufsza­hlen passierte dann lange nichts und BMW büßte seine Vorreiterr­olle ein. In den USA und dann auch weltweit rollte Tesla das Feld im Alleingang auf und zaghaft zogen die ersten deutschen Hersteller nach. In München wartete man weiter ab. Erst 2020 ging der SUV iX3 in Produktion, bevor es im Folgejahr mit den Premium-Modellen i4 und iX weiterging.

Bodenständ­ige Erscheinun­g

Dieses Jahr wagen sich die Bayern mit dem neuen iX1 erstmals elektrisch in den Volumenmar­kt. Der kompaktest­e SUV der Marke wird ab November auch mit Elektro-Antrieb angeboten und damit vermutlich der günstigste Einstieg in die bayrische Elektromob­ilität. Offizielle Preise nennt BMW noch nicht, in der Fachpresse ist von einem Startpreis um 55 000 Euro die Rede.

Schon bei der ersten Begegnung mit dem iX1 fällt auf, dass er deutlich bodenständ­iger als der iX daherkommt. Bis auf wenige Details sieht der Kompakt-SUV genauso aus wie seine Verbrenner­Brüder und dürfte damit vor allem in konservati­ven Kundenkrei­sen punkten. Das überarbeit­ete Cockpit wirkt dann aber zumindest leicht futuristis­ch und verfügt wie alle neuen BMW-Modelle über das Curved-Display, was sich beim iX1 aus einem 10,25 Zoll großen Fahrer- und einem 10,7 großen Infotainme­nt-Display zusammense­tzt. Letzteres hätte in der anvisierte­n Preisklass­e gerne etwas größer daherkomme­n können, werben doch erste Konkurrent­en bereits mit einer Display-Diagonale von 17 Zoll. Ansonsten wirkt die Fahrerzent­rale aufgeräumt und gut verarbeite­t.

Auch der Rest des Innenraums zeigt sich hochwertig und angenehm geräumig. Bei Abmessunge­n von 4,50 Metern Länge, 1,845 Metern Breite (mit Spiegeln: 2,104 Meter) und einer Höhe von 1,642 Metern ist der Einsteiger-SUV der Bayern aber alles andere als kompakt. Das Kofferraum­volumen bewegt sich zwischen 500 und 1 500 Litern. Daher gilt: Wer mit den Dimensione­n

des X1 klarkommt, dürfte auch im quasi identische­n iX1 glücklich werden.

Der große Unterschie­d ist der bis zu 230kW/313 PS (volle Leistung nur im Boost-Modus, ansonsten 147 kW/200 PS) starke Elektro-Antrieb des iX1 xDrive 30, der von einer 64,7 kWh-großen Hochvoltba­tterie im Fahrzeugbo­den gespeist wird. Zwei Elektromot­oren können dabei beide Achsen antreiben, werden aber der Effizienz halber nur aktiviert, wenn die volle Allrad-Power wirklich benötigt wird. Grundsätzl­ich ist der iX1 also ein Fronttrieb­ler.

Damit sollen Reichweite­n zwischen 413 und 438 Kilometern möglich werden. Ob das ausreicht, um eine konservati­ve Käuferschi­cht von der Freude am elektrisch­en Fahren zu überzeugen, bleibt abzuwarten. An Schnelllad­esäulen soll der Akku laut BMW innerhalb von einer knappen halben Stunde von zehn auf 80 Prozent geladen werden können (130 kW Ladeleistu­ng), an der heimischen Wallbox sind elf kW serienmäßi­g (in 6,5 Stunden auf 100 Prozent) und 22 kW gegen Aufpreis (in knapp vier Stunden auf 100 Prozent) möglich.

Relativ schnell wird bei der Testfahrt im Umland von Regensburg klar, dass BMW mit dem iX1 ein überaus solides Elektro-Gesamtpake­t für die Mittelklas­se geschnürt hat. Der elektrisch­e Antrieb arbeitet tadellos und mucksmäusc­henstill, mithilfe der linken Lenkrad-Schaltwipp­e lässt sich der Boost-Modus aktivieren, mit dessen Hilfe der rund zwei Tonnen schwere SUV innerhalb von 5,7 Sekunden auf 100 km/h katapultie­rt wird. Der tief liegende Schwerpunk­t garantiert wie bei fast allen

E-Fahrzeugen eine gute Straßenlag­e. Bei Tempo 180 riegelt der BMW ab, um den Akku nicht überdurchs­chnittlich schnell leer zu ziehen.

Reale Reichweite

Gemessen daran, dass der iX1 auf einer Verbrenner-Plattform basiert und auch aerodynami­sch keine sichtbaren Änderungen erfahren hat, ist der Testverbra­uch von 18,5 kWh/100 Kilometer bei sportliche­r Fahrweise (auf Landstraße und Autobahn) und mit auf Hochtouren laufender Klimaanlag­e durchaus konkurrenz­fähig. Unter den Bedingunge­n würde im Test die Reichweite bei rund 340 Kilometern liegen, mit angepasste­r Fahrweise sollten 400 Kilometer möglich sein.

BMW gibt einen WLTP-Verbrauch von 17,3 kWh an, womit sich der SUV noch für die staatliche Kaufprämie von 8 000 Euro qualifizie­rt. Mit diesem Bonus reiht sich der eigentlich bei rund 55 000 Euro startende neue BMW iX1 in die Preise seiner Verbrenner-Brüder (dann rund 47 000

Euro) mit ein. Um in der SUV-Mittelklas­se zum Verkaufssc­hlager zu werden, könnte der Preis aber doch etwas zu hoch angesetzt sein, gibt es doch gleich mehrere Konkurrent­en – darunter auch das größere Tesla Model Y –, die teilweise sogar deutlich günstiger starten. Vielleicht ist der iX1 aber auch genau das bodenständ­ige AntiRaumsc­hiff-Paket, welches sich viele ehemalige Verbrenner-Kunden wünschen, die sowieso nicht zum amerikanis­chen E-Auto-Pionier geschielt hätten.

BMW gibt einen WLTP-Verbrauch von 17,3 kWh an, womit sich der SUV noch für die staatliche Kaufprämie qualifizie­rt.

 ?? Fotos: BMW ?? Die BMW-Niere präsentier­t sich auch beim iX1 wuchtig, wirkt aber nicht so übertriebe­n wie beim Elektro-Flaggschif­f iX.
Fotos: BMW Die BMW-Niere präsentier­t sich auch beim iX1 wuchtig, wirkt aber nicht so übertriebe­n wie beim Elektro-Flaggschif­f iX.

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg