„Timing liegt mir“
„Tatort“-Kommissar Richy Müller über einen Wagen, den es gleich zwei Mal gibt, Rallye-Teilnahmen und den Umstieg auf E-Mobilität
Richy Müller hat Benzin im Blut – das hat er schon häufig unter Beweis gestellt. Der Schauspieler, der als Kommissar Thorsten Lannert im Stuttgarter „Tatort“ermittelt, gilt als ausgewiesener Motorsport-Experte und saß in der Vergangenheit auch bereits mehrfach selbst bei Wettrennen, etwa dem Porsche Cup, hinterm Steuer. Auch bei Oldtimer-Rallyes ist der gebürtige Mannheimer häufig am Start – wie etwa heute und morgen bei der „Luxembourg Classic“. Das „Luxemburger Wort“sprach mit dem 57-Jährigen, der sich noch bestens an die Dreharbeiten vor etwa 30 Jahren im Großherzogtum zum Film „Three shake-a-leg steps to heaven“mit Andy Bausch erinnert, über seine Liebe zu schnellen Gefährten.
Richy Müller, Sie nehmen mit einem Porsche Targa, Baujahr 1977, an der Oldtimer-Rallye „Luxembourg Classic“teil. Ist es das Original-Fahrzeug aus dem Stuttgarter „Tatort“?
Nein, es ist mein eigenes Auto, das dem Film-Wagen sehr ähnelt – deshalb habe ich es mir auch gekauft. Ich habe mich schon früh darüber informiert, ob ich mit dem „Tatort“-Fahrzeug auch an einer Rallye teilnehmen darf. Da gab es natürlich sehr große Bedenken, dass der Wagen dabei Schaden nimmt. Eines Tages bekam ich einen Anruf von einem Freund: „Mensch, Richy, ich hab hier ein Auto gesehen, das genau wie dein Tatort-Porsche aussieht – in einem Top-Zustand.“Den habe ich mir dann angeschafft. Und wenn ich jetzt mit dem Wagen fahre – und falls jemand mich oder den Porsche erkennt –, dann denken die Leute, dass es der „Tatort“-Wagen ist. Und meist lasse ich sie dann auch in diesem Glauben.
Wie kam Kommissar Thorsten Lannert eigentlich zum schokobraunen Porsche Targa?
Da muss ich etwas ausholen: Als ich 2007 das Angebot für den „Tatort“bekommen habe, wollten die Verantwortlichen beim SWR natürlich wissen, wie die Figur aussieht – und ob das Ganze auch zum SWR passen würde. Die Quintessenz von mir lautete damals: Ich empfinde die Figur als körperlich fit und schnell im
Kopf. Dazu würde ein Sportwagen aus Stuttgart passen. Und weil wir damals sehr „warm“wirken wollten, also in Sachen Farbkonzept, musste es ein beiges oder braunes Auto sein. Da solch ein Wagen schwer zu finden ist, wurde es schließlich ein Targa.
Ist Thorsten Lannert also ohne Porsche Targa nicht denkbar?
In einem Interview habe ich mal gesagt, dass der Targa die Schimanski-Jacke des 21. Jahrhunderts sei. Denn als Götz George den „Tatort“spielte (verkörperte von 1981 bis 1991 Kommissar Horst Schimanski, Anm. d. Red.), gab es diese Jacken ja tatsächlich zu kaufen. Beim Auto ist das mit dem Wiedererkennungswert ähnlich.
Was mögen Sie an Ihrem Porsche besonders?
Es macht einfach Spaß, damit zu fahren. Ich war jetzt bei einem Freund, dem Karosseriebauer Ben Merkel, der sich auf 911er und 356er spezialisiert hat. Mit ihm habe ich den Targa untenrum komplett neu bestückt – und jetzt ist es mein ganz eigenes, individuelles Auto.
Fehlt Ihnen beim Fahren nicht manchmal der moderne Komfort, wie etwa eine Klimaanlage?
Das sind die Dinge, über die man nicht spricht. (lacht) Das Auto ist genau so wie zu der Zeit, in der ich den Führerschein gemacht habe. Damals gab es eine Bremse, ein Gaspedal, eine Kupplung – und mehr nicht. Und wie man eine Kupplung nutzt, das vergisst man auch nach Jahren mit einem Automatikfahrzeug nicht. Das ist wie Radfahren oder Rollschuhlaufen.
Im Tatort brettern Sie mit dem Targa auch mal ordentlich rum. Ist der Wagen Rallye-geeignet?
Ja klar, das ist schließlich ein Sportwagen. Die sind doch dafür gebaut worden. Mein erstes Fahrzeug war 1973 ein VW Käfer – und der Targa erinnert mich im Innenraum doch gewaltig an ihn. Aber es ist erstaunlich, wie sich die beiden Wagen in Sachen Fahrweise unterscheiden: Der Targa hat ne super Straßenlage, ist spurtreu. Die Eigenschaften waren schon damals gut – und werden mit den neuen Porsche-Modellen immer besser.
Bei Rallyes geht es auch mal gemütlich zu. Ist das ganz in Ihrem Sinne? Oder juckt es schon mal im rechten Bein, wenn der Vordermann es langsam angehen lässt?
Nein, da zuckt nichts. Ich habe ausgiebig Rennsport betrieben und bin keiner, der jetzt noch in Zugzwang ist. Wir halten uns bei einer Rallye wie der „Luxembourg Classic“natürlich an die Straßenverkehrsordnung. Dazu fällt mir eine Geschichte ein, die mir kürzlich bei einem Event in Österreich, der „Ennstal-Classic“, passiert ist: Ich fuhr aus einer kleinen Stadt raus, an meiner Seite zwei Motorradpolizisten; ein Mann und eine Frau, mit Blaulicht. Ich bin ganz normal gefahren, da ich nicht wusste, wie die beiden reagieren – und am nächsten Tag traf ich den Polizisten, der dann zu mir sagte: „Also so richtig Auto fahren können Sie ja auch nicht.“Ich habe ihm dann erklärt, dass ich bewusst langsam gefahren bin; 50, wo 50 vorgeschrieben war. Er meinte aber nur, dass ich die Kurven einfach hätte schneiden sollen, dafür wäre die Rallye ja schließlich da.
Versuchen Sie bei solchen Veranstaltungen auch, Ihr Können irgendwie unter Beweis zu stellen?
Bei Oldtimer-Rennen spielt zumindest teilweise auch die Geschicklichkeit eine Rolle. Jüngst habe ich bei der „New Mobility Rallye“(einer Veranstaltung für Fahrzeuge mit Elektroantrieb,
Anm. d. Red.) sogar einen Preis gewonnen: Man musste einen 50Meter-Slalom in 20 Sekunden fahren – und ich habe 19,99 Sekunden gebraucht. Da geht es ums Timing – und das ist etwas, das mir liegt.
Und wie sieht es mit MechanikKenntnissen aus? Sind Sie ein Schrauber?
Ja, denn ich bin gelernter Werkzeugmacher und handwerklich ausgebildet – zwar nicht am Auto, aber mit Unterstützung kann ich auch einem Auto ein neues Fahrwerk verpassen. Ich brauche da nur jemanden, der mir Hilfestellung gibt.
Mein erstes Fahrzeug war 1973 ein VW Käfer – und der Targa erinnert mich im Innenraum doch gewaltig an ihn.
Thorsten Lannert ohne seinen Porsche ... dann fühlt er sich wie amputiert.
Privat fahren Sie auch ein 911er Coupé. Wann steigen Sie denn auf ein Elektro-Fahrzeug um?
Ende Oktober, Anfang November bekomme ich meinen Taycan GTS, ein echtes Schmuckstück, bei dem man einige Funktionen sogar vom Handy aus steuern kann. Er hat außerdem Allrad, das ist gut für den Winter. Mittlerweile bin ich auch geübt im Laden
von E-Autos. Früher hat man bei Touren die Karte ausgebreitet, um sich die Strecke anzuschauen – heute macht man das auch bei EAutos so: Man muss halt wissen, wo die Ladestationen sind.
Und wann wird Thorsten Lannert in einem E-Auto Platz nehmen?
Das wird nicht passieren, das wäre ein Verrat an der Figur. (lacht) Thorsten Lannert ohne seinen Porsche ... dann fühlt er sich wie amputiert. Beruflich bin ich viel unterwegs und da habe ich das Glück, all die Strecken in einem Porsche zurücklegen zu dürfen.