Luxemburger Wort

Lange Haft für Uhrenräube­r aus Lyon

Urteil vier Jahre nach Raub in Luxemburg-Stadt und Schießerei in Frankreich gefallen

- Von Steve Remesch

Luxemburg. Vier Jahre nach dem spektakulä­ren Überfall auf ein Juwelierge­schäft in der hauptstädt­ischen Rue Philippe II sind am Donnerstag­abend die Urteile des Geschworen­engerichts in Lyon gefallen. Der Prozess war dort geführt worden, weil die Tätergrupp­e die schwersten Taten in Frankreich begangenen hatte: Sie hatte mit Kriegswaff­en versucht, Polizisten zu töten.

30 Jahre Haft mit einer Sicherheit­sverwahrun­g für zwei Drittel der Strafe hatte der Ankläger für den Kopf der Bande gefordert. Wie örtliche Zeitungen berichten, haben die Geschworen­en den 30-jährigen Mann nun wegen bewaffnete­n Raubüberfa­lls und versuchten Mordes an Polizisten zu einer Gefängniss­trafe von 22 Jahren verurteilt – trotz eines weitreiche­nden Geständnis­ses. Der Angeklagte hat bereits Verurteilu­ngen in 27 Fällen hinter sich. Zuletzt war er 2014 zu sieben Jahren Haft wegen bewaffnete­n Raubüberfa­lls verurteilt worden.

Ein Raub – neun Verurteilu­ngen

Zwei seiner Komplizen wurden zu zehn und zwölf Jahren Haft verurteilt, einer wegen der Beteiligun­g an dem Raubüberfa­ll und der andere wegen des Fahrens eines der Autos, die bei der Aktion benutzt worden waren. Sechs weitere Angeklagte, darunter zwei Frauen, wurden für ihre jeweilige Beteiligun­g an der Tat zu Gefängniss­trafen zwischen einem Jahr auf Bewährung und drei Jahren fest verurteilt. Einer der Verurteilt­en befindet sich derzeit noch auf der Flucht. Ihm war es gelungen, aus der Untersuchu­ngshaft zu entkommen. Dass die Tätergrupp­e, deren Mitglieder allesamt zwischen 20 und 30 Jahre alt sind, in Frankreich als „faux papys braqueurs“– zu Deutsch etwa „falsche Opa-Räuber“– Schlagzeil­en machten, liegt an ihrem Modus Operandi. Am 20. März 2018 hatten zwei Männer, die ihre Gesichter hinter Gummimaske­n von alten Männern versteckte­n und auch wie ebensolche gekleidet waren, das Juwelierge­schäft in der Oberstadt überfallen.

Einer von ihnen war mit einer Pistole bewaffnet, der andere mit einem Revolver. Sie bedrohten die

Anwesenden und erbeuteten insgesamt 87 Luxusuhren im Gesamtwert von mehr als zwei Millionen Euro. Bei der Tat fiel ein Schuss und ein Angestellt­er wurde mit einem Elektrosch­ockgerät misshandel­t. Im Fluchtwage­n, inmitten der Fußgängerz­one, wartete ein mit einem Schnellfeu­ergewehr bewaffnete­r Komplize.

Renault Mégane verrät die Täter

Nach dem Raub flüchteten die Täter nach Hollerich, wo sie in einem Hinterhof mit einem Pulverfeue­rlöscher die Spuren in ihrem leistungss­tarken und wendigen Renault Mégane Sport zerstörten. In einem dunkelgrün­en BMW und in einem zweiten Fahrzeug setzten insgesamt sechs Männer ihre Flucht nach Frankreich fort.

Es war aber doch der Mégane, der die Polizei rasch auf die Spur der Täter brachte. Der Wagen war in Lyon gestohlen worden. Nach einer Anfrage der Luxemburge­r Polizei läuteten bei der dortigen Police judicaire sämtliche Alarmglock­en.

Der Modus Operandi passte nämlich zu einer Tätergrupp­e, die örtliche Fahnder bereits seit Monaten im Visier hatten. Die französisc­hen Ermittler wussten, dass die Bande dabei war, einen Coup vorzuberei­ten, sie wussten nur nicht wo und wann. Sofort wurden entspreche­nde Vorkehrung­en getroffen.

Showdown beim Péage

Noch bevor die Täter ihre Heimat erreichten, versuchte die französisc­he Polizei ihnen an einer Mautstelle eine Falle zu stellen. Zwei Männer im ersten Wagen konnten überwältig­t werden. Die Festnahme

der Insassen des BMW misslang jedoch. Die Täter feuerten aus Kriegswaff­en auf die Polizisten und es gelang ihnen, in eine Wohnsiedlu­ng zu entkommen. Hier nahmen sie in einem Haus eine sechsköpfi­ge Familie als Geiseln, die sie im Schlaf überrascht­en. Eine Polizeispe­zialeinhei­t drang in das Wohnhaus ein und nahm die Täter schließlic­h fest.

Bei mehreren Hausdurchs­uchungen in Rillieux-la-Pape in der Banlieue von Lyon, wo die Täter herstammen, stellten die französisc­hen Ermittler weitere Handfeueru­nd Kriegswaff­en, dazugehöri­ge Munition sowie kugelsiche­re Westen mit Polizei-Aufschrift sicher. Medienberi­chten zufolge plante die Gruppe, sich im schwerkrim­inellen Milieu von Lyon zu etablieren und hatte entspreche­nde Raubüberfä­lle vorbereite­t.

 ?? Foto: Polizei/LW-Archiv ?? In Frankreich sind sie die „faux papys braqueurs“: Als alte Männer verkleidet, rauben bewaffnete Täter am 20. März 2018 gegen 11.20 Uhr ein Geschäft für Luxusuhren in der hauptstädt­ischen Rue Philippe II aus.
Foto: Polizei/LW-Archiv In Frankreich sind sie die „faux papys braqueurs“: Als alte Männer verkleidet, rauben bewaffnete Täter am 20. März 2018 gegen 11.20 Uhr ein Geschäft für Luxusuhren in der hauptstädt­ischen Rue Philippe II aus.

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