Lange Haft für Uhrenräuber aus Lyon
Urteil vier Jahre nach Raub in Luxemburg-Stadt und Schießerei in Frankreich gefallen
Luxemburg. Vier Jahre nach dem spektakulären Überfall auf ein Juweliergeschäft in der hauptstädtischen Rue Philippe II sind am Donnerstagabend die Urteile des Geschworenengerichts in Lyon gefallen. Der Prozess war dort geführt worden, weil die Tätergruppe die schwersten Taten in Frankreich begangenen hatte: Sie hatte mit Kriegswaffen versucht, Polizisten zu töten.
30 Jahre Haft mit einer Sicherheitsverwahrung für zwei Drittel der Strafe hatte der Ankläger für den Kopf der Bande gefordert. Wie örtliche Zeitungen berichten, haben die Geschworenen den 30-jährigen Mann nun wegen bewaffneten Raubüberfalls und versuchten Mordes an Polizisten zu einer Gefängnisstrafe von 22 Jahren verurteilt – trotz eines weitreichenden Geständnisses. Der Angeklagte hat bereits Verurteilungen in 27 Fällen hinter sich. Zuletzt war er 2014 zu sieben Jahren Haft wegen bewaffneten Raubüberfalls verurteilt worden.
Ein Raub – neun Verurteilungen
Zwei seiner Komplizen wurden zu zehn und zwölf Jahren Haft verurteilt, einer wegen der Beteiligung an dem Raubüberfall und der andere wegen des Fahrens eines der Autos, die bei der Aktion benutzt worden waren. Sechs weitere Angeklagte, darunter zwei Frauen, wurden für ihre jeweilige Beteiligung an der Tat zu Gefängnisstrafen zwischen einem Jahr auf Bewährung und drei Jahren fest verurteilt. Einer der Verurteilten befindet sich derzeit noch auf der Flucht. Ihm war es gelungen, aus der Untersuchungshaft zu entkommen. Dass die Tätergruppe, deren Mitglieder allesamt zwischen 20 und 30 Jahre alt sind, in Frankreich als „faux papys braqueurs“– zu Deutsch etwa „falsche Opa-Räuber“– Schlagzeilen machten, liegt an ihrem Modus Operandi. Am 20. März 2018 hatten zwei Männer, die ihre Gesichter hinter Gummimasken von alten Männern versteckten und auch wie ebensolche gekleidet waren, das Juweliergeschäft in der Oberstadt überfallen.
Einer von ihnen war mit einer Pistole bewaffnet, der andere mit einem Revolver. Sie bedrohten die
Anwesenden und erbeuteten insgesamt 87 Luxusuhren im Gesamtwert von mehr als zwei Millionen Euro. Bei der Tat fiel ein Schuss und ein Angestellter wurde mit einem Elektroschockgerät misshandelt. Im Fluchtwagen, inmitten der Fußgängerzone, wartete ein mit einem Schnellfeuergewehr bewaffneter Komplize.
Renault Mégane verrät die Täter
Nach dem Raub flüchteten die Täter nach Hollerich, wo sie in einem Hinterhof mit einem Pulverfeuerlöscher die Spuren in ihrem leistungsstarken und wendigen Renault Mégane Sport zerstörten. In einem dunkelgrünen BMW und in einem zweiten Fahrzeug setzten insgesamt sechs Männer ihre Flucht nach Frankreich fort.
Es war aber doch der Mégane, der die Polizei rasch auf die Spur der Täter brachte. Der Wagen war in Lyon gestohlen worden. Nach einer Anfrage der Luxemburger Polizei läuteten bei der dortigen Police judicaire sämtliche Alarmglocken.
Der Modus Operandi passte nämlich zu einer Tätergruppe, die örtliche Fahnder bereits seit Monaten im Visier hatten. Die französischen Ermittler wussten, dass die Bande dabei war, einen Coup vorzubereiten, sie wussten nur nicht wo und wann. Sofort wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen.
Showdown beim Péage
Noch bevor die Täter ihre Heimat erreichten, versuchte die französische Polizei ihnen an einer Mautstelle eine Falle zu stellen. Zwei Männer im ersten Wagen konnten überwältigt werden. Die Festnahme
der Insassen des BMW misslang jedoch. Die Täter feuerten aus Kriegswaffen auf die Polizisten und es gelang ihnen, in eine Wohnsiedlung zu entkommen. Hier nahmen sie in einem Haus eine sechsköpfige Familie als Geiseln, die sie im Schlaf überraschten. Eine Polizeispezialeinheit drang in das Wohnhaus ein und nahm die Täter schließlich fest.
Bei mehreren Hausdurchsuchungen in Rillieux-la-Pape in der Banlieue von Lyon, wo die Täter herstammen, stellten die französischen Ermittler weitere Handfeuerund Kriegswaffen, dazugehörige Munition sowie kugelsichere Westen mit Polizei-Aufschrift sicher. Medienberichten zufolge plante die Gruppe, sich im schwerkriminellen Milieu von Lyon zu etablieren und hatte entsprechende Raubüberfälle vorbereitet.