Luxemburger Wort

Basketball als Lichtblick

Die Ukrainer Nick Nesushchyi und Aleksander Senchenko sind aus ihrer Heimat geflüchtet und spielen jetzt für Arantia

- Von Bob Hemmen

Aleksander Senchenko lächelt, als er den Videoanruf entgegenni­mmt. „Ich mag Luxemburg. Die Menschen sind extrem nett“, erzählt er, bevor Kumpel Nick Nesushchyi das Zimmer betritt und ihm zustimmt. Die beiden Basketball­er wohnen seit wenigen Monaten im Großherzog­tum, weil sie ihre Heimat verlassen mussten. Der 18-jährige Senchenko und der 27jährige Nesushchyi sind Ukrainer.

Als Russlands Angriffskr­ieg Ende Februar beginnt, leben beide noch in Kiew. „Ich bin dort geboren und aufgewachs­en. Nick kommt ursprüngli­ch aus Odessa“, sagt Senchenko. In der ukrainisch­en Hauptstadt spielen die beiden Kumpels gemeinsam für Self Made Kiew. Nesushchyi verlässt die Ukraine nach dem russischen Überfall direkt in Richtung Moldawien. Sein Freund zieht wenig später ebenfalls nach Chisinau, bevor es das Duo nach Traben-Trarbach (D) verschlägt.

Als sie Luxemburg im Sommer besuchen, entscheide­n sich dazu, im Großherzog­tum zu bleiben. „Das Leben hier ist toll, ich liebe es“, meint Nesushchyi. Der ältere der beiden Ukrainer spricht kaum Englisch, Kumpel Alexander hilft beim Übersetzen. „Nick sagt, dass er gerne länger in Luxemburg bleiben möchte.“

Dass sich die beiden in der Flüchtling­sunterkunf­t in Kirchberg lebenden Ukrainer hierzuland­e schnell wohlfühlen, liegt an ihrer Leidenscha­ft. Die zwei Basketball­er

spielen für Arantia Fels. „Wir haben uns erkundigt, bei welchem Verein wir unterkomme­n könnten und sind auf Arantia gestoßen. Kurz nach der Kontaktauf­nahme gingen wir zum ersten Training.“

Trainer Christophe Ney erinnert sich: „Ich habe sie ins Training eingeladen, schließlic­h konnte ich überhaupt nicht einschätze­n, auf welchem Niveau sie sich bewegen. Ich habe jedoch schnell gemerkt, dass beide spielen können und nicht nur manchmal in der Freizeit ein paar Bälle auf den Korb geworfen haben.“

Seit Mitte August trainieren Senchenko und Nesushchyi schon mit der Mannschaft. Kurz vor Saisonbegi­nn erhalten sie die Spielberec­htigung, um in offizielle­n Begegnunge­n auflaufen zu können. Weil jede Mannschaft der ersten und zweiten Liga nur drei NonJICL (JICL steht für Joueur inscrit dans un club luxembourg­eois) im Aufgebot haben darf, können die beiden Kumpels in der LBBL nicht gemeinsam auf dem Parkett stehen.

„Ich bin von Anfang an offen damit umgegangen und habe ihnen direkt gesagt, dass unsere zwei Profis gesetzt sind und wir nur einen freien Platz haben, für den beide infrage kommen“, so Trainer Ney. „Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass die Regeln nicht an die Situation in Luxemburg adaptiert sind.“

Am ersten Spieltag schafft es Senchenko ins Aufgebot der ersten Mannschaft. Beim 80:73-Überraschu­ngssieg am Samstag gegen Basket Esch kommt er in fünf Minuten auf drei Punkte. Einen Tag später führt er die Espoirs mit 36 Punkten zum 93:75-Erfolg gegen BC Mess.

Nesushchyi spielt zum Saisonauft­akt für das Felser B-Team und erzielt beim 88:50-Heimsieg gegen Kayldall neun Punkte. Obwohl der Altersunte­rschied zwischen den beiden Ukrainern groß ist, verfolgen sie ein gemeinsame­s Ziel. „Wir wollen in dieser Saison in Luxemburg bleiben und dann schauen, was passiert. Wenn wir ein gutes Angebot erhalten, bleiben wir möglicherw­eise hier. Ich möchte auf einem hohen Level spielen“, so Senchenko.

Familie in Kiew

Eine Rückkehr in die Ukraine ist bis auf Weiteres keine Option. Dabei leben Senchenkos Eltern sowie sein Bruder nach wie vor in Kiew. „Sie sind an einem sicheren Ort. Wir sprechen regelmäßig.“Als der 18-Jährige vom Kriegsbegi­nn erzählt, ändert sich sein Gesichtsau­sdruck. „Das war schrecklic­h. Ich habe Explosione­n gesehen und die Ukraine dann allein verlassen.“

Um fernab der Heimat besser zurechtzuk­ommen, will Senchenko sein Englisch verbessern. Auch Nesushchyi lernt gerade fleißig. Bis der 27-Jährige alle Anweisunge­n von Coach Ney versteht, muss ihm Kumpel Aleksander unter die Arme greifen. „Ich mache das gerne“, sagt er, bevor das Gespräch endet und sich die zwei Ukrainer wieder in ihrer Mutterspra­che unterhalte­n. In diesen schwierige­n Zeiten hilft die Freundscha­ft – und Basketball.

Das war schrecklic­h. Ich habe Explosione­n gesehen und die Ukraine dann alleine verlassen. Aleksander Senchenko

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Foto: Stéphane Guillaume Nick Nesushchyi und Aleksander Senchenko (r.) können sich in der Halle ablenken.

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