Alle Hände bleiben unten
Luxemburg. „Hat jemand ein Angebot?“: Diesen Satz stellt der Ausrufer vor einigen Tagen im Hotel Royal mehrfach. In dem Fünfsternehotel haben sich etwa 40 Personen eingefunden, um an der Versteigerung für das Îlot gastronomique rund um den Fëschmaart teilzunehmen.
Der Saal im Untergeschoss des hauptstädtischen Fünfsternehotels ist gut gefüllt. Schwerer Teppichboden in blauer Farbe mit Sonnenmotiven, auf den edlen, altmodischen Stühlen liegen Schreibblock und Bleistift mit dem Logo des Hotels. Den Interessenten werden große, gelbe Blätter mit den Informationen zum Versteigerungsobjekt verteilt.
Die Teilnehmer reden miteinander und begrüßen Bekannte. Einige Personen sind nur aus Neugier präsent. „Die Restaurants sind alle geschlossen“, meint eine Person über die Situation am Fëschmaart. „Nein, die sind alle offen“, widerspricht eine andere Person.
Es werden noch mehr Stühle gebracht. Wie in der Schule will keiner sich in die erste Reihe setzen. Es ist stickig-heiß in dem Saal.
Der Eingang muss renoviert werden
Mit einer Viertelstunde Verspätung betritt Notar Pierre Metzler den Raum. Seine Kanzlei kümmert sich um den Ablauf der Versteigerung und den Verkauf. „Das ist eine große Versteigerung“, stellt der Notar fest, der dann auch noch einige zusätzliche Informationen gibt. Das Îlot wird „en bloc“verkauft und ist schuldenfrei. Der Käufer würde sofort als neuer Besitzer antreten. Die Hälfte des Kaufpreises wäre innerhalb von acht Tagen zu bezahlen, der Rest dann innerhalb von einem Monat. Wer nicht bezahlt, muss mit Zinsen in Höhe von acht Prozent rechnen.
Metzler erwähnt auch einen Brief der Gemeinde Luxemburg, in dem die Details zur Verwendung der Gebäude zusammengefasst werden. So muss der neue Besitzer unter anderem den Eingang auf Nummer vier und sechs der Rue de la loge instandsetzen. Die Stadtverwaltung war auch im Hotel Royal zugegen – und zwar durch die Verantwortliche ihrer Urbanismus-Abteilung, Shaaf MilaniNia.
Dann übernimmt der sogenannten Ausrufer. „Hat jemand ein Angebot?“, fragt der Mann. Keine Antwort. „Ist kein Geld im Raum?“, ist dann eine weitere Aussage. Zu diesem Moment hat er sichtlich noch Hoffnung auf einen positiven Ausgang. Der Ausrufer lacht jetzt noch und versucht, die Anwesenden mit Charme aus der Reserve zu locken – ohne Erfolg.
Ein Minimalgebot war bei dieser Versteigerung nicht angesetzt, eine Entscheidung der Familie, denen der Îlot gastronomique noch gehört. Im Raum waren Familienangehörige anwesend. In einem anderen Raum des Hotels hält sich Mado Funck, die Ehefrau des verstorbenen Besitzers Léon Nilles, auf. Sie entscheidet, ob ein Angebot angenommen wird – wenn zum Beispiel jemand „10 Euro“rufen würde.
Verzweiflung beim Ausrufer
Dann kommt wenigstens eine Frage aus dem Raum: Warum wird alles im Ganzen verkauft? Es wäre unmöglich, die Gebäude aufzuteilen, es wären keine Einzelhäuser mehr. Die Katasternummern sind bereits 1824 erstellt worden.
Der Ausrufer begrüßt einen Neuankömmling beim Vornamen. Aber noch immer kein Angebot. Im Saal geht die Lautstärke weiter hoch und erreicht einen Pegel wie in einem Café. Die Anwesenden schauen sich an, aber keiner reagiert.
Der Ausrufer, bei dem sich die Verzweiflung einschleicht, verlässt immer mal wieder den Raum, um sich zu beraten. Aber auch wenn er zurückkommt, ändert sich nichts an der Stimmung. „Wenn Sie jetzt schnell sind, können Sie einen Deal machen“, sagt er. Aber auch dies hilft nicht weiter beim „Publikum“, bei dem es alterstechnisch eine gute Durchmischung gibt. Dies gilt auch für die Kleiderordnung an diesem Nachmittag. Krawatten und Anzug sind nicht an der Tagesordnung.
Nach etwa einer halben Stunde verlassen die ersten Personen den Raum. Vor der Tür steht der Notar und spricht mit einer Person. Kurz darauf kommt er in den Saal: „Die Familie hat entschieden, dass die Versteigerung abgebrochen wird – falls es kein Angebot gibt.“
Dies ist dann einige Minuten später der Fall. „Es ist ein schwieriges Projekt mit vielen Einschränkungen“, so eine Person, als sie aufsteht und den Saal verlässt.
Dem Notar steht die Überraschung im Gesicht. Auf Nachfragen antwortet er dennoch und verrät zum Schluss, dass die Familie in Diskussionen mit einem Interessenten sei. Man müsse abwarten, wie sich diese Gespräche nun entwickeln.
Bis dann bleibt das Îlot gastronomique in den Händen des aktuellen Besitzers.
Hier ist die Passage du palais zu sehen.