Vom Schmuddelkind zum Aushängeschild
Der technische Fortschritt steht Pfaffenthal gut zu Gesicht
Pfaffenthal gehört zu den drei historischen Vorstädten. Zu früheren Zeiten war seine Lage an der Alzette Segen und Fluch zugleich. Wasser spielte seinerzeit eine wichtige Rolle und die Pfaffenthaler Wasserträger, die den Oberstädtern das Wasser mühsam nach oben schleppten, haben einen Großteil der Geschichte des Viertels geschrieben.
Vor 46 Jahren wurden bei einer Explosion die meisten Häuser im Ortskern zerstört und drei Menschen kamen ums Leben. An gleicher Stelle wurde ein ganz neues Wohnviertel erbaut, das in Anlehnung an die benachbarte Brücke „Beim Béinchen“genannt wurde. Erst zu einem späteren Zeitpunkt wurden die Festungselemente restauriert.
Vauban & Théiwesbur
Die Vaubantürme, das Béinchen und das Festungsbollwerk gehören seit 1994 zum Unesco-Weltkulturerbe. Der Théiwesbur gleich nebenan hat seinerseits nicht nur eine interessante Geschichte hinter sich, er hat es sogar in eines der bekanntesten volkstümlichen Lieder Luxemburgs geschafft. Es genügt wohl, den ersten Vers zu zitieren, damit jeder gleich mitsingen kann: „Kanner, oh Kanner, oh quel malheur …“.
Und wenn wir schon beim Singen sind, dann gehört eine kulturelle Institution erwähnt, die zu Pfaffenthal passt, wie die Faust aufs Auge. Der „Sang a Klang“mit seinem gleichlautendem Saal sorgt seit nunmehr 165 Jahren für den guten Ton im Viertel.
Wasser bestimmt den Werdegang
Eine weitere Besonderheit gibt es unweit eines der Vauban-Türme. Gleich am Hang zur Stadtmitte kann man den Ausgang eines Tunnels erspähen. Allerdings ist der Zugang durch große Stahltüren versperrt. Vor 60 Jahren wurde zwischen dem Petrusstal, in etwa unterhalb der „Gëlle Fra“und Pfaffenthal dieser Tunnel gegraben, um die Kanalisationsrohre zu verlegen, die zur Kläranlage in Beggen führen. Er wurde seither auf „Aquatunnel“getauft, ist jedoch nur bei bestimmten Gelegenheiten für das Publikum geöffnet.
Dass vor geraumer Zeit der Schwemmboden der Alzette für günstige Bedingungen sorgte, um Obst und Gemüse zu züchten, davon zeugen noch die länglichen Gewächshäuser in der Talmitte. Allerdings ist es schon eine Weile her, dass hier die letzte Ernte stattgefunden hat. Brombeerstauden haben sich in der Zwischenzeit ihren Weg durch die zerbrochenen Glasdächer gebahnt. Ein neues Wohngebiet hätte hier entstehen sollen. Wegen Bedenken zum Hochwasserrisiko dürften jedoch so schnell keine Häuser hier aus dem Boden sprießen.
Senioren & Jugend beieinander
Eines der repräsentativsten Gebäude im Pfaffenthal ist sonder Zweifel das Zivilhospiz mit seinem gepflegten Ziergarten. Das Altenheim befindet sich in der Rue Mohrfels. Dass dieser Ort auf luxemburgisch „Op der Muerbels“heißt, gehört quasi zu den Geheimtipps. Der Name geht auf die Mühle zurück, die heute noch besichtigt werden kann, die „Muerbelsmillen“. Etwas weiter nach Norden ändert die Bezeichnung der Straße dann auf „Lougaass“. Außer dem Senioren
heim gibt es gleich nebenan auch die Jugendherberge, die Jahr für Jahr zahlreiche junge und junggebliebene Touristen anzieht.
Vom Pfaffenthal
in die Welt
Jüngere Errungenschaften, die dem Viertel einen Aufschwung gegeben haben, sind die neuen Transportmöglichkeiten der letzten Jahre. Der Aufzug, der die Verbindung zum Parc Pescatore herstellt, hat sich nicht nur zu einem bequemen Mittel entwickelt, um in die Oberstadt zu gelangen, sondern ist zu einer Touristenattraktion geworden. Es gibt Stimmen, die besagen sogar, das vorhin angedeutete Lied müsste angesichts der Errungenschaft des Fahrstuhls umgedichtet werden. Der neue Text wäre demzufolge: „Kanner, oh Kanner, oh quel bonheur, mir hunn elo en Ascenseur.“
Mit der Eröffnung der Bahnhaltestelle „Pfaffenthal-Kirchberg“und seinem „Funiculaire“haben sich nochmals ganz neue Möglichkeiten ergeben. Die Zughaltestelle ist von der Rue Saint Mathieu, oder wie sie auf luxemburgisch heißt, vom „Descherwee“aus, über eine Treppe oder mit einem Aufzug zu erreichen. Mit der schieren Anzahl Zügen, die hier anhalten, ist Pfaffenthal zu einer der bestvernetzten Adressen des Landes geworden. Sollten die Züge nicht zum gewünschten Ziel führen, so ist der Boulevard Kennedy innerhalb kürzester Zeit mit der Standseilbahn zu erreichen. Die dortige Tramhaltestelle heißt ebenfalls „Roud Bréck-Pafendall“.