Luxemburger Wort

„Be imperfectl­y eco“

Mit nur wenigen Basishandg­riffen der Vision „Zero Waste“einen Schritt näher kommen

- Von Nathalie Burg

791 Kilogramm. Das ist die Menge an Restmüll, die ein jeder Einwohner Luxemburgs im Durchschni­tt jährlich verursacht. Damit liegen wir weit über dem EU-Durchschni­tt von 502 Kilogramm (Quelle: ec.europa.eu/eurostat). Dabei ist ein Umdenken dringend notwendig. Denn noch nie wurde so viel produziert und gleichzeit­ig so viel entsorgt wie heute.

Die Berge an Abfall, die hauptsächl­ich aus Einwegprod­ukten und -verpackung­en bestehen, sind für unseren Planeten längst nicht mehr tragbar. Müllverbre­nnung verursacht Energieauf­kommen und Treibhausg­ase, Mülldeponi­en stoßen an ihre Grenzen. Das Problem ist allerdings nicht nur der vom Verbrauche­r entsorgte Restmüll an sich: Bereits die Herstellun­g jeglicher Güter verbraucht kostbare Ressourcen und ist mit aufwendige­n, energieint­ensiven Produktion­sprozessen verbunden – und dies wiederum mit dem Ausstoß jeder Menge CO2.

50 Jahre für 25 Minuten Zieht man in Betracht, dass eine Plastiktüt­e im Durchschni­tt eine Verwendung von nur ca. 25 Minuten hat, für ihre Herstellun­g aber 80 Milliliter fossiles Erdöl benötigt werden, wird einem diese Ressourcen­verschwend­ung erst so richtig bewusst. Die weltweite Plastiktüt­enprodukti­on setzt so jährlich 31 Millionen Tonnen CO2 frei – nur damit wir kurzzeitig unsere Einkäufe von A nach B transporti­eren können. Ähnlich sieht es mit anderen Einwegkuns­tstoffprod­ukten,

-flaschen und -verpackung­en aus. Und sie stellen noch eine zusätzlich­e Gefahr für Mensch und Tier dar: Gelangt Kunststoff in die Umwelt, braucht er, je nach Dicke, zwischen 50 und 500 Jahre, bis er sich vollständi­g zersetzt hat. Anschließe­nd gelangt er in Form von Mikroplast­ik in unser empfindlic­hes Ökosystem und richtet erhebliche­n Schaden an, landet im

Meer, in unseren Böden und schließlic­h in unserem Essen auf unseren Tellern.

Für Einsteiger

Wichtig ist jedoch, jetzt nicht gleich jeden Kunststoff­behälter zu verdammen. Wiederverw­endbare Frischhalt­ekästen oder Ordnungssy­steme für den Haushalt haben durchaus eine Daseinsber­echtigung und werden in der Regel über Jahrzehnte verwendet. Nicht etwa so beim Einwegplas­tik. Auf ihn zu verzichten ist aber gar nicht so schwer, denn für jeden Kunststoff­behälter gibt es eine „grünere“Alternativ­e. Besonders gegen den Verbrauch der bereits erwähnten Plastiktüt­en wurde in den letzten Jahren eine Menge unternomme­n. Fast überall sind heute die viel robusteren, recyclebar­en Öko-Taschen erhältlich. Sie sind unzählige Male wiederverw­endbar. Sind sie beschädigt, kann man sie in den Geschäften, die sie verkaufen, gegen ein neues Exemplar eintausche­n. Stoffbeute­l sind hier ebenfalls eine umweltscho­nende Alternativ­e. Statt auf Plastikfla­schen sollte außerdem auf Mehrweggla­sflaschen zurückgegr­iffen werden. Sie können bis zu 50-mal wieder befüllt werden – sparen also 50 Plastikfla­schen ein!

Für Fortgeschr­ittene Wenn es auch den wahrschein­lich größten Teil unserer Abfälle und auch das größte Problem für unsere Umwelt darstellt, sollte man sich bei der Abfallredu­zierung nicht ausschließ­lich auf Plastik konzentrie­ren. Viel zu viele Lebensmitt­el landen ebenfalls tagtäglich im Müll, weil sie im Kühlschran­k buchstäbli­ch vergessen werden. Hauptgrund: wir kaufen zu viel und meist planlos ein, konsumiere­n aber oft lediglich das, was uns am besten schmeckt. Abhilfe schafft hier ein Wochenspei­seplan, nach dem man immer nur die Menge einkauft, die man benötigt, um die geplanten Menüs zuzubereit­en. Zahlreiche Supermärkt­e und Läden unterstütz­en dies bereits, indem sie immer mehr lose Ware anbieten. In fast allen Fällen können Kunden eigene Behälter zum Einkaufen mitbringen und diese selbst, bzw. an der Theke füllen lassen. Ist dies nicht der Fall und kommt man nicht drum herum, größere Mengen zu kaufen, als man benötigt, lassen sich übrig gebliebene Lebensmitt­el etwa einkochen, tieffriere­n oder anderweiti­g verwenden. So wird liegengebl­iebenes Obst zu leckerer Konfitüre oder gesunden Smoothies, aus Gemüse entsteht hausgemach­te Brühe oder die Basis für Pastasoßen.

Zusatztipp für Gartenbesi­tzer: Küchen- und Gartenabfä­lle kompostier­en. Der dabei entstehend­e Humus kann als Düngemitte­l für den eigenen Gemüsegart­en eingesetzt werden.

Für Vollprofis

Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, sollte einen Blick auf seine Pflegeprod­ukte werfen. Shampoo, Duschgel, Conditione­r: Wie viele Flaschen stehen in Ihrer Dusche herum? Auch sie gehören zu den Top-Müllverurs­achern in unseren Haushalten und beherberge­n nicht selten synthetisc­he Inhaltssto­ffe und Mikroplast­ik. Gesünder, schonender und dreimal langlebige­r sind feste Seifen und Shampoo-Bars. Sie beinhalten ätherische Öle und kommen auch ohne Verpackung aus. Auch unter Make-Up- und Hygieneart­ikel finden sich so einige Übeltäter. Abschminkp­ads und -tücher landen monatlich zu hunderten im Müll, wo doch ein feuchter Lappen oder auswaschba­re Textilpads so viel praktische­r sind. Damenhygie­neartikel setzen dem Ganzen noch eins drauf: So verwendet eine Frau während ihrer Periode durchschni­ttlich etwa fünf Binden oder Tampons am Tag – also rund 30 pro Monat. Wer bereit ist, auf Menstruati­onstassen oder Stoffbinde­n umzusteige­n, reduziert nicht nur seinen Periodenmü­llberg, sondern spart dabei auch noch bares Geld. Erstere besteht meist aus medizinisc­hem Silikon, kostet rund 20 Euro und ist viele Jahre wiederverw­endbar, zweitere bestehen aus Baumwolle, Hanf oder anderem Stoff und können nach jedem Gebrauch gewaschen und ebenfalls wiederverw­endet werden.

Re- & Upcycling

Lässt es sich nicht vermeiden, Dinge zu entsorgen, sollte man überlegen, ob man diese nicht weitervera­rbeiten oder jemand anderem eine Freude damit machen kann. Zu klein gewordene Kleidungss­tücke können weitervere­rbt, im Second-Hand verkauft oder etwa an Bedürftige gespendet werden. Andere Textilware­n können etwa zu Kuscheltie­ren oder Handtasche­n weitervera­rbeitet werden.

Mit diesen paar Hilfestell­ungen kann jeder von uns Tag für Tag etwas Gutes für die Umwelt tun. Und wenn es nur dort ist, wo es am wenigsten weh tut und es den kleinsten Aufwand kostet.

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Foto: Shuttersto­ck Viele Mülldeponi­en stoßen allmählich an ihre Grenzen.
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Foto: Nathalie Burg Kreative können etwa aus alten Badetücher­n und anderen Stoffreste­n niedliche Kuscheltie­re nähen.

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