Truss feuert Finanzminister – und wankt selbst
London. Nur knapp sechs Wochen nach Amtsantritt der britischen Premierministerin Liz Truss steckt die Regierung in London in einer handfesten Krise. Truss entließ am Freitag ihren Finanzminister Kwasi Kwarteng und vollzog zugleich eine steuerpolitische Kehrtwende. Sie reagierte damit auf heftige Verwerfungen an den Finanzmärkten, die ihre Regierung durch die Ankündigung massiver Steuererleichterungen zuvor selbst ausgelöst hatte. Einen Rücktritt lehnte die Premierministerin jedoch ab. Zum neuen Schatzkanzler berief sie den früheren Gesundheits- und Außenminister Jeremy Hunt.
Es sei klar, dass Teile ihres sogenannten Mini-Budgets „weitergehend und schneller“waren, als die Märkte erwartet hatten, sagte Truss bei einer Pressekonferenz in London. Sie fügte hinzu: „Wir müssen jetzt handeln, um die Märkte von unserer fiskalischen Disziplin zu überzeugen.“Die Unternehmensteuer solle nun – wie von der Vorgängerregierung vorgesehen – doch erhöht werden, sagte Truss.
Die Regierungschefin beharrte darauf, dass ihre Politik niedrigerer Steuern und hoher Investitionsanreize richtig sei. Lediglich der Markt, den die Entscheidungen für deutliche Steuersenkungen irritiert hätten, sei der Grund für die Kehrtwende, sagte Truss.
Erste Rücktrittsforderungen
Ob der Rauswurf Kwartengs und die teilweise Kehrtwende ausreichen werden, um Truss im Amt zu halten, gilt als äußert fraglich. Die Märkte hatten am Freitag zunächst positiv auf die Berichte über die bevorstehende Kehrtwende reagiert. Doch der trotzige Auftritt von Truss bei der Pressekonferenz am Nachmittag zog Kritik auf sich. Britische Medien zitierten Tory-Abgeordnete mit Rücktrittsforderungen. Es gilt als möglich, dass Truss schon bald von der eigenen Partei gestürzt wird. Im Raum steht nach „Times“-Informationen, dass führende Tories ein Führungs-Tandem aus den Spitzenpolitikern Rishi Sunak und Penny Mordaunt unterstützen. dpa