Superwahltag 11. Juni
Ein paar gute Gründe für Parlaments- und Gemeinderatswahlen an einem Tag
2023 wird als Superwahljahr bezeichnet. Kommunal- und Parlamentswahlen in einem und demselben Jahr kommen in der Tat selten vor, statistisch gerade mal alle 30 Jahre, vorausgesetzt, in diesem Zeitraum wird die Kammer nie vorzeitig aufgelöst.
Wenn das in der Vergangenheit so war, zuletzt 1999, lagen die Kommunalwahlen hinter den Chamberwahlen, quasi als letzter Ausläufer eines nationalen Wahlgangs. Folgendes Jahr soll es nun umgekehrt sein. Für den 11. Juni sind Gemeindewahlen angesetzt, die Parlamentswahl soll Anfang Oktober folgen. Wenn diese zeitliche Trennung der Wahlgänge schon keine gute Idee war, als sie vor Jahren beschlossen wurde, so erscheint sie angesichts der Herausforderungen und Schwierigkeiten, die nächstes Jahr zu bewältigen sein werden, geradezu wahnsinnig.
2023 im Wahlmodus
Wie würde 2023 verlaufen, wenn tatsächlich einmal im Juni und ein weiteres Mal im Oktober gewählt würde? In etwa so. Ab März werden die Briefkästen des Landes mit Parteienwerbung zugemüllt, während eine Partei nach der anderen in einer Gemeinde nach der anderen ihre Listen vorstellt – wenn sie es nicht bereits jetzt tut – und ihre rein kommunalen Prioritäten verlautbart. Das dauert dann bis zum 11. Juni, dem Wahltag.
Ab dem 12. Juni können die Parteien dann ihre personalpolitischen Lehren aus den Kommunalwahlen ziehen, ihre Listen für die Chamberwahlen nachjustieren – je nachdem, wer in den Gemeinden besser und schlechter abgeschnitten hat – und entsprechend ihre Listenvorschläge von ihren Gremien absegnen lassen. Es folgt ohne Übergang der nächste Wahlkampf. Mit ein paar Wochen Sommerpause dauert dieser, bis im Oktober die Chamber gewählt ist. Danach muss eine Regierung gebildet werden. Dieser Vorgang dauert üblicherweise sechs Wochen bis zwei Monate, und wenn er abgeschlossen ist – ja, dann sind wir mitten in der Adventszeit.
Mit anderen Worten: 2023 würde quasi integral im Wahlmodus verbracht. Nach Juli wird die Chamber nicht mehr zusammentreten, bis sie neu gewählt ist, und eine Regierung wird es erst wieder unter dem Weihnachtsbaum geben – einmal ganz davon abgesehen, dass die, die wir noch haben, spätestens Anfang 2023 ihre letzten Patronen verschießen wird, denn die Magazine sind definitiv leer. Wer das noch nicht realisieren wollte, musste wohl oder übel nach der Rede zur Lage der Nation vergangene Woche doch resignieren. Von der aktuellen Regierung und ihrer Koalition wird nichts mehr kommen. Das ist nicht einmal ein Vorwurf, sondern lediglich eine Feststellung.
2023 würde als politisches Jahr also ausschließlich für Wahlzwecke stattfinden. Dies ergäbe sich in einer Zeit, in der nichts klar ist: Wie die weitere Entwicklung an der Kriegsfront sein wird, welche Bewegung die Zinsen ausführen werden, was für Auswirkungen dies auf unser Leben allgemein und den Wohnungsmarkt im Besonderen haben wird, oder ob eine weitere Index-Tranche erfällt und dann die Tripartite wieder zusammenkommen muss – alles das wissen wir nicht. müsste? Unter normalen Umständen zwar nicht zwingend, aber man könnte argumentieren, hier ginge es doch um lokale Sachverhalte und die sollten in einem eigenen Wahlgang abgehandelt werden. Was ist aber wohl im Jahr 2023 die dringendste Sorge einer Bürgerin von Esch? Eines Bürgers von Lultzhausen? Wohl genau die gleiche, wie bei den Einwohnern von Luxemburg-Stadt, Dippach oder Echternach: Krieg, Index, Zinsen, Wohnraum, usw.
2023 ist nicht das Jahr der übergeordneten kommunalen Sorgen. Dann kann eine Kommunalwahl auch am gleichen Tag abgehalten werden wie jene, aus der Parlament und Regierung hervorgehen. Das ist keine Geringschätzung der kommunalen politischen Entschei-dungsebene, sondern eine realistische Einschätzung dessen, was die Wählerinnen und Wähler wirklich bewegt. Eine Entscheidung der puren Vernunft.
Nun ist die Kommunalwahl um drei Monate vorgezogen worden und ist auf den 11. Juni fixiert. Dabei sollten wir es nun belassen. Am selben Tag kann auch Parlamentswahl sein, um dann im ganzen Land – sowohl in den Gemeinden wie auch auf Regierungsebene – ab Sommer wieder voll handlungsfähig zu sein, anstatt erst am Jahresende. Dafür, dass nicht ein weiteres halbes Jahr mit reinem Wahlkampfgeplänkel verloren geht, ist eine etwas frühere Auflösung des Parlaments nötig. Wäre sie technisch ein Problem? Wäre sie nicht, und zwar weder aufgrund des aktuellen Verfassungstextes, noch aufgrund des möglichen Neuen. Wenn es beim alten Text bliebe, kann der Großherzog auf Bitte des Staatsministers vorgezogene Neuwahlen ansetzen, ohne sonstige Zustimmung zu benötigen. Wäre der neue Text schon in Kraft, dann bräuchte es ein Votum der Chamber, mit dem sie ihrer Auflösung zustimmt, sie also selbst beschließt. Das könnte sie nach dem Rücktritt der Regierung tun. Wären die Parteien sich einig, und zwar am liebsten nicht nur die Regierungsparteien, sondern auch alle anderen, dass eine Parlamentswahl am 11. Juni politisch das Sinnvollste ist, was dem Land 2023 passieren kann, sollte beides kein Problem darstellen.
Diese Regierung ist fertig
Der Rücktritt der Regierung, der auch unter dem aktuell noch gültigen Text