Mit Musik zu mehr Entspannung
Musik kann vielleicht nicht die Welt retten, aber deine Seele“: Als ich neulich diesen Spruch hörte, konnte ich dem nur zustimmen. Denn kurz davor hatte ich wieder einen dieser Momente, in denen nur Musik mich über den Tag retten konnte. Zur Erklärung: Es war erst kurz vor 8 Uhr und ich fühlte mich bereits, als hätte ich einen Marathon inklusive einer Hetzjagd hinter mir. Dabei war es eigentlich nur das alltägliche, morgendliche Chaos mit einem Achtjährigen, der sich im Schneckentempo auf die Schule vorbereitet, einem Hund, der sein Bedürfnis lieber im warmen Wohnzimmer statt draußen im Regen verrichtet und der Suche nach meinem Ladekabel. Nicht zu vergessen, dass ich zu diesem Zeitpunkt mit klatschnassen Haaren, ungeschminkt sowie ohne
Sobald meine Playlist ertönt, herrscht Ruhe im Auto.
Kaffee und Jacke im Auto saß und meine Tochter BallermannHits trällerte. Da sich ein Boxsack zum Abreagieren schlecht in einem Fahrzeug eignet, wählte ich eine Playlist mit alten Metalsongs und erinnerte mich an meine Schulzeit. Denn vor wichtigen Prüfungen, in denen ich vor Nervosität kaum einschlafen konnte, waren es diese Klänge, die mich sanft in das Reich der Träume brachten. Damals wie heute sorgt demnach die richtige Musik bei mir für sofortige innere Ruhe. Aber, wohlgemerkt, es muss die richtige sein, ansonsten bewirkt man genau das Gegenteil. Mittlerweile haben auch meine Kinder dies verstanden. Sobald meine Playlist im Auto ertönt, verstummen sofort jene Lieder, die meinen Blutdruck noch höher in die Luft jagen und mich – Gerüchten zufolge – unausstehlich machen. Singen sie dann noch meine Lieder mit, wird mir warm ums Herz und die morgendliche Hektik ist schon fast vergessen. Nadine
Die Mutter ist mit zur Untersuchung gekommen. Renée erinnert sich: „Die Gynäkologin bat meine Mutter, kurz mit ins Zimmer nebenan zu kommen. Ich hörte, wie die Ärztin fragte: Was machen wir denn jetzt mit ihr? Da rief ich, da werde ich vielleicht auch noch gefragt, ich weiß, was ich mit mir mache.“Das sei die einzige Situation für Renée gewesen, in der sie sich nicht für voll genommen fühlte.
Renée macht ihr Ding. Mit 20 ist sie zweifache Mutter. Tochter Sheila ist dazugekommen. Die junge Familie zieht in ein Haus nach Bonneweg. „Ich habe mir nie Gedanken darüber gemacht, ob ich das schaffen könnte. Meine Mutter sagte immer, geht nicht, gibt's nicht, und so bin ich auch. Meine Mutter war ein Stehaufmännchen.“
Renées Kinder werden früher selbstständig als andere Kinder in dem Alter. Die zehnjährige Sheila wechselt die Windeln ihrer Schwester. Aber natürlich kann Renée ihre Kinder nicht zum Tischtennis fahren oder abends mit dem Auto abholen. Marco, ihr Mann, war immer da. „Leider ist er vor eineinhalb Jahren gestorben.“
Gezweifelt habe sie nie, auch ans Aufgeben dachte Renée nie. Aber dann liegt Tochter Sheila selbst im Kreißsaal. „Es war eine schwere Geburt“, erzählt Renée. „Meine Schwangerschaften waren ja immer unproblematisch. Aber nun konnte ich meiner Tochter nicht helfen, ich hörte permanent nur die hektischen Hebammen, und als Sheila dann reanimiert werden musste und Shayana mit der Saugglocke geholt werden musste, da fühlte ich mich komplett hilflos.“
Heute wohnt Renée mit vier Kindern und der 14-jährigen Enkelin Shayana in dem Haus auf dem Leseberg in Colmar-Berg. Nur Chris, der Älteste, wohnt woanders. „Ein Blinder ist
Abends geht Renée Mischel mit ihren zwei Blindenführhunden und einer Nachbarin spazieren. nie allein“, sagt Renée, „ohne meine Familie hätte ich wahrscheinlich nicht so viel Glück gehabt.“
Renée sagt, sie habe ihre Gewohnheiten nach der kompletten Erblindung ab 18 nie geändert. Sie steht immer noch mit dem Gesicht zum Spiegel, wenn sie sich fertig macht. Wenn die Enkelin gefragt wird, wie ihre Oma das denn alles mache, muss Shayana immer grinsen. „Sie macht einfach alles, so wie andere auch“, antwortet sie dann. Sie bügelt, sie putzt, sie kocht. „Aber wie?“– „So wie andere auch, sie macht einen Topf mit Wasser voll, gibt Nudeln rein und rührt.“
„Ich bin vielleicht nicht das beste Beispiel für eine Blinde“, wirft Renée wie als Entschuldigung mehrmals ein. Fakt ist, sie hat keine speziellen Geräte in ihrem Haus. Farberkennungsgeräte braucht sie nicht, weil sie ihre Kleidung inzwischen kennt, sie weiß, wo alles im Haus steht. Am liebsten hört sie Hörbücher und manchmal lässt sie den Fernseher laufen, damit sich ihre zwei Labradore nicht so allein fühlen, wenn Renée gerade nicht im Wohnzimmer ist, wo Guinness und Orphée auf ihren Kuschelkissen liegen und Frauchen nicht gerade über die Straßen Luxemburg führen.
Arbeitsleben
Seit 2004 arbeitet Renée im Bieschbecher Atelier in Mersch. Eine Beschäftigungsmaßnahme für Blinde und Sehgeschädigte. 40 Menschen arbeiten hier mit Keramik, Holz, in der Gärtnerei oder erledigen Auftragsarbeiten für Unternehmen. In diesen Wochen sind Renée und ihre Kollegen mit dem Einpacken von Nikolaustüten beschäftigt. 20 000 süße Schokoladensäckchen gehen hier jedes Jahr raus und landen in Firmenbüros in ganz Luxemburg.
Renée bekommt den Mindestlohn. Hinzu kommen knapp 700 Euro Blindenrente. Witwenrente bekommt sie nicht. „Finanziell gesehen sitze ich ziemlich in der Scheiße“, sagt sie. Renée und Marco haben zwar 36 Jahre zusammengelebt, aber nie geheiratet. Das Haus haben sie 2009 gemeinsam gekauft, aber nach Marcos Tod gehört nur eine Hälfte Renée, die andere den fünf Kindern. Das Haus abbezahlen muss sie nun mehr oder weniger alleine.
Vielleicht, überlegt Renée, werde sie das Haus irgendwann verkaufen. „Damit meine Kinder ein Startkapital haben und auf eigenen Beinen stehen können. „Ich war lange genug Mutter, Hausfrau, Putzfrau und Finanzminister“, sagt sie. Eine Wohnung in einer Altersresidenz nahe des Blindenheims schwebt ihr vor. „Dann beginnt auch für mich ein neues Kapitel.“
Renée ist dank ihrer Blindenführhündin Orphée autonom unterwegs, wie hier im Park ihrer Arbeitsstelle „Atelier Bieschbecher“in Mersch.
Ich bin vielleicht nicht das beste Beispiel für eine Blinde Renée Mischel
Streuobstwiesen galten jahrelang als wirtschaftlich unrentabel und wurden nur wenig gepflegt. Seit einigen Jahren entdecken viele Besitzer ihre Bongerten neu und stecken viel Zeit in diese wertvollen Biotope. Mit dem „Mount vum Bongert“macht der Naturpark Mëllerdall jetzt im Oktober auf die ökologisch erzeugten Äpfel, Birnen, Zwetschgen und Mirabellen aufmerksam. Organisatorin Jill Lucas erklärt, wie und wo man das Obst vom Bongert genießen kann.
Jill Lucas, zum dritten Mal organisiert der Natur- und Geopark Müllerthal zur Apfelernte den Mount vum Bongert. Was wollen Sie damit erreichen?
Wir wollen damit den Verbrauchern zeigen, dass man Obst aus dem Bongert nicht auf dem Boden vergammeln lassen sollte. Die Früchte sind hochqualitative Lebensmittel, die man vielseitig nutzen kann. Übrigens muss man dafür keinen eigenen Obstbaum oder eine Wiese besitzen, denn es gibt viele lokale Produzenten, die Obst aus dem Müllerthal verarbeiten – zum Beispiel Restaurants, Brennereien oder Keltereien.
Bis nach dem Krieg wurden die Bongerten gehegt und gepflegt, weil das Obst noch einen höheren Wert hatte. Wie sieht es heute aus?
Vom finanziellen Standpunkt aus betrachtet, sind Streuobstwiesen kaum rentabel, wenn man das Obst im Vollerwerb erzeugen will. Deshalb sehen wir auch überall Bongerten, die vernachlässigt werden. Man erkennt das auf den ersten
Blick, wenn auf den Bäumen Misteln wachsen. Diese Halbparasiten schwächen den Baum, indem sie ihm Nährstoffe entziehen. Die Besitzer von Bongerten sollten Misteln rasch herausschneiden, damit der Baum alt werden und viele Früchte tragen kann.
Viele Besitzer haben die Bongerten von ihren Eltern und Großeltern geerbt und wissen nicht so recht mit ihnen umzugehen. Wo können sie Hilfe bekommen?
Erste Anlaufstelle wäre eine der sechs biologischen Stationen, die das Gebiet fast aller Luxemburger Gemeinden abdecken. Sie haben die Kompetenzen und bieten regelmäßig Kurse und Fortbildungen an.
Ist es denn viel Arbeit, einen Bongert in Schuss zu halten?
Na ja, ein Wochenende pro Jahr reicht da nicht. Zunächst einmal sollten die Bäume alle zwei bis drei Jahre beschnitten werden. Außerdem müssen junge Bäume als Ersatz für abgestorbene angepflanzt werden. In trockenen Sommern wie etwa in diesem Jahr müssen die jungen Bäume gewässert werden. Und schließlich sollte noch die Baumscheibe, also der Boden rund um den Stamm, gepflegt werden, damit sich dort keine Wühlmäuse ansiedeln.
Was braucht man noch außer ein wenig Zeit?
Die gute Nachricht ist, dass man kaum Geld und nur wenige Werkzeuge und Maschinen benötigt. Eine Leiter, eine Säge und eine Astschere, damit kommt man schon weit. Erfreulicherweise haben wir in letzter Zeit einige Eigentümer, die ihren Bongert als Hobby ansehen, viel Zeit hineinstecken und vorbildlich pflegen.
Jill Lucas, Leiterin des Projekts „Natura 2000 verbindet“, hat den Mount vum Bongert organisiert.
In älteren Streuobstwiesen wachsen oft Sorten, die man nie im Supermarkt findet. Was kann man mit diesem Obst anfangen?
Wenn es zum Beispiel späte Apfelsorten sind, kann man sie gut den Winter über im Keller einlagern, dann hat man immer frisches Obst. Die kleinen, harten Viezäpfel sind für Apfelsaft und alkoholische Getränke gedacht. Den Saft kann man in einem kleinen Kelter selbst zu Hause machen. Größere Mengen nehmen die Keltereien an, die den Saft auch gleich pasteurisieren und abfüllen. Und aus Zwetschgen, Mirabellen, Kirschen und anderen Obstsorten kann man zum Beispiel Kompott kochen.
Mit der Internetseite kierfchen.lu wollen Sie ab kommendem Montag eine Plattform für die Bongerten-Community gründen. Was ist die Idee dahinter?
Die Internetseite soll zunächst einmal Besitzer von Obstbäumen und Abnehmer zusammen bringen. Dort kann man geerntetes Obst anbieten oder an Selbstpflücker verschenken. Außerdem findet man dort Hilfe, wenn man zum Beispiel eine Erntemaschine ausleihen will. Oder BongertenBesitzer können ihre Wiese einem Imker als Standort für Bienenstöcke anbieten. Die Internetseite startet nächste Woche als Test und soll im Juni dann richtig in Betrieb gehen.
Wenn man in Zeitschriften oder auf Instagram schaut, liegen Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten voll im Trend. Denken Sie, das ist eine Modeerscheinung oder eine langfristige Verhaltensänderung?
Ich stelle fest, dass immer mehr Leute die Vorzüge von Obst aus der Region zu schätzen wissen. Ich hoffe, dass sich diese Entwicklung fortsetzt. Wenn man Obst von der Streuobstwiese isst, tut man schließlich etwas gegen Lebensmittelverschwendung, denn auch heute noch fallen Äpfel und Birnen auf die Wiese und verderben dort.
Luxemburg. Am 7. Oktober 2021 hatte es in der Grundschule Hesperingen einen schweren sexuellen Übergriff auf eine Minderjährige gegeben. Am Freitag musste sich der Tatverdächtige nun vor Gericht verantworten.
Der Tatablauf wird im Prozess detailliert von einer Kriminalermittlerin geschildert. Das Mädchen, das zum Zeitpunkt der Tat sechs Jahre alt ist, soll an jenem Tag mit seiner Klasse in den Wald gehen. Bevor es losgeht, schickt die Klassenlehrerin alle Kinder noch einmal zur Toilette. Als das Mädchen die Toilettenkabine verlässt, steht dort T., ein erwachsener Mann. Der Unbekannte gibt ihr zu verstehen, er werde ihr mit der Matschhose behilflich sein. Das Kind folgt dem Mann arglos in eine Toilettenkabine, wo der Angeklagte ihr die Hosen runterzieht, sie auf die Toilette setzt, filmt und auch im Intimbereich küsst. Dies ist alles auf einem von zwei Videos zu sehen, die sich auf einem Handy des Beschuldigten befanden, das die Kriminalpolizei beschlagnahmt hat. Im Anschluss stellt der Mann das Mädchen auf die Toilette und dreht sie um, um sie seitlich und von hinten zu betrachten. Auch davon gibt es ein Video. Die Polizistin stellt fest, dass das Mädchen während der Tat kein einziges Wort sagt. Der Angeklagte dagegen sagt Dinge wie „Tu m'attires“oder auch „Viens, c'est fini“.
Nach dem sexuellen Missbrauch sagt er dem Mädchen, sie solle sich die Hände waschen. Als T. die Toilette verlässt, begegnet er der Lehrerin des Mädchens. Sie fragt, wer er sei. Er habe seine Nichte in die Schule gebracht. Der Mann fragt nach dem Ausgang und verlässt das Gebäude.
Die Lehrerin fragt bei den anderen Kollegen nach und findet heraus, welches Kind der Mann in die Schule gebracht haben könnte, erklärt die Kriminalpolizistin. Als die Lehrerin in die Klasse zurückkommt, sieht sie, dass das Mädchen Tränen in den Augen hat. Die Polizei wird alarmiert, nimmt die Ermittlungen auf. Gefunden wird er am frühen Abend.
Große Anzahl an Videos und Fotos
Bei der Hausdurchsuchung werden zwei Handys und Speichermedien konfisziert. Dort entdecken die Ermittler eine große Anzahl an Videos und Fotos, selbst gemacht und gefilmt – etwa Upskirting-Vergehen, bei denen er Frauen heimlich unter den Rock filmte – oder von einschlägigen Internetseiten.
Im Prozess wird dem Angeklagten von einem psychiatrischen Gutachter ein Hang zu Voyeurismus, Exhibitionismus und Pädophilie attestiert. Zu Beginn habe er sich nur Fotos und Videos angeschaut. Doch seit 2020 sei es immer öfter zum „passage à l'acte“gekommen, wie festgestellt wurde.
So ist T. im August 2021 auf eine Poolparty eingeladen, wo er einen weiblichen Gast den ganzen Abend über unauffällig filmt. Später befindet er sich in einem Schlafzimmer, wo er an schmutziger Unterwäsche
Der Tatort, die Grundschule von Hesperingen.
riecht und mutmaßlich masturbiert. Der Angeklagte, dem die Aussagen im Gerichtssaal von einer Dolmetscherin auf Portugiesisch übersetzt werden, hat bei der Befragung durch die Richterin Schwierigkeiten, Erklärungen zu finden. Vor allem will die Richterin wissen, warum er zur Mädchentoilette ging und nicht zu jener der Jungen. „Ich weiß es nicht, es war ein Impuls, stärker als ich. Und ich hatte die Kontrolle nicht mehr über mich“, so T., der zum Zeitpunkt der Tat im Krankenschein ist und vorher in einem Restaurant gearbeitet hat.
Keine Schuldgefühle
Die Richterin lässt nicht locker und fragt auch, warum er dem Mädchen helfen wollte, die Hose anzuziehen. Die Stimme des Angeklagten wird immer zittriger, „ich weiß nicht wirklich, was passiert ist“. Die Richterin insistiert und betont, „Sie haben ganz genau gewusst, was Sie machen“.
T. beschreibt seine Tat, weint und dreht sich zu den im Saal anwesenden Eltern des Mädchens, die als Nebenkläger auftreten, und entschuldigt sich.
Der psychiatrische Gutachter hält fest, dass der Mann voll schuldfähig ist und erzählt
von dessen schwierigen Beziehungen zu Frauen. Dass er sich Kinder zuwende, habe wohl damit zu tun, dass er das Gefühl habe, diese können ihm weniger gefährlich werden. Eine psychiatrische Krankheit wird nicht festgestellt. Die Gefahr eines Rückfalls sei durchaus möglich.
T. habe keine Schuldgefühle gezeigt. Das hat zuvor bereits die Kriminalermittlerin zu Protokoll gegeben. Während den sechs Stunden der Befragung habe T. erst zum Schluss hin alles zugegeben, als er mit handfesten Beweisen konfrontiert wurde.
Zum Prozessende fordert der Vertreter der Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von acht Jahren – explizit, ohne Bewährung. Des Weiteren müsse es eine psychiatrische Betreuung geben.
Die Anwältin des 30-jährigen Mannes legt den Akzent eben genau auf diesen Bereich. Sie könne die Schwere des Tatbestandes nicht abweisen, aber sie plädiert dafür, dass in diesem Fall eine feste Haftstrafe nicht zielführend sei. Bei T. handele es sich um eine Person, die Probleme habe, sich diesen Problemen aber stellen wolle.
Das Urteil wird am 9. November gesprochen.