Luxemburger Wort

Der verfluchte Mantel

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Gefühlte Ewigkeiten war ich auf der Suche nach einem passenden Mantel für die etwas kühleren Herbsttage – doch vergeblich. Jeder Shopping-Ausflug blieb ohne Ausbeute. Das änderte sich schlagarti­g, als ich neulich in einem Einkaufsze­ntrum unterwegs war. Plötzlich hing er ganz unerwartet vor mir: der perfekte Mantel. Ein langer beiger Trenchcoat. Es war Liebe auf den ersten Blick. Ich zögerte also nicht lange und nahm den Mantel mit nach Hause. Das war der Beginn einer unglücklic­hen Liebesgesc­hichte, die wohl oder übel bald ein Ende nehmen wird. Denn die Lebensdaue­r eines solchen Trenchcoat­s

Es war Liebe auf den ersten Blick.

scheint in meiner Obhut doch sehr begrenzt zu sein. Der Mantel war gerade mal zwei Tage alt, als ich ihn das erste Mal zur Arbeit trug. Elegant warf ich ihn über meinen Bürostuhl, nur um ein paar Minuten später ganz heldenhaft mit den Rädern des Stuhls über ihn zu fahren. Der Innenstoff war damit dann schon mal hin. Nur wenige Tage später entdeckte ich auf dem hellen Stoff am Kragen einen riesigen Blutfleck. Glück brachte mir der Mantel bis dahin also nicht. Ganz im Gegenteil: Auf ihm scheint ein Fluch zu liegen. Oder ich bin schlichtwe­g nur tollpatsch­ig, aber das lassen wir jetzt mal außer Acht. Der Verdacht des verfluchte­n Mantels bestätigte sich die Woche darauf, als ich meine Gürtelschn­alle verlor. „Schlimmer kann es nun wirklich nicht mehr werden“, dachte ich. Doch noch am selben Abend rieb ich den Mantel gegen mein schmutzige­s Auto. Der Trenchcoat kommt jetzt also auch noch in einem Ombré-Look daher.

Wer weiß, was als Nächstes mit meinem geliebten Mantel passiert. Vielleicht bleibe ich mit ihm in einer Rolltreppe stecken, vielleicht zünde ich mit den Überresten einfach ein Lagerfeuer an. Dann hält er zumindest warm. Nora

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