Eine Bombe und ein kühles Eis
Wer kennt nicht jene Momente, in denen man sich wünscht, dass sich unter einem ein großes Loch öffnet, das einen schnell verschluckt? An dieser Stelle muss ich zugeben, dass dies mir schon mehr als einmal passiert ist. Und das liegt nicht unbedingt daran, dass ich mitunter ein Tollpatsch bin und es etwa schaffe, über den einzigen Ast weit und breit zu stolpern. Beim Ausrutschen auf der Treppe bin ich übrigens Spezialist – was schon zu Brüchen und vielen Blutergüssen geführt hat. Bei einem Zwischenfall spielte jedoch eine Bombe die Hauptrolle – wohlgemerkt eine Attrappe. Das „Kunstwerk“
In diesem Moment sah ich mich schon in einer düsteren Gefängniszelle.
hatte mein Bruder realisiert und wollte es vom britischen auf Luxemburger Boden bringen. Bevor es auf die Fähre ging, winkten uns die Zollbeamten raus. Kein Wunder! Lag die Bombe doch ganz oben auf dem Gepäck. In diesem Moment rutschte ich tief in meinen Sitz und sah mich schon in einer düsteren Gefängniszelle. Am Ende konnten wir England doch noch verlassen. Auch im Arbeitsalltag gab es so manch besondere Peinlichkeit. Ganz oben auf der Liste steht ein Interview mit einem Minister, der unbedingt auf einem besonderen Sessel sitzen wollte, während er gefilmt wurde. Um den Ton ordentlich aufzunehmen, musste ich meinen Arm mitsamt Mikro weit ausstrecken. Mit der Zeit wurde das Mikro aber immer schwerer. Also rutschte ich bis an das Ende meines Sessels, um näher heranzukommen. Als ich meinen Arm kaum noch spürte, gab ich auf.
Das Interview führte ich fort, aber kniend vor dem Minister. Apropos Arbeit: Einem Kollegen schulde ich noch ein Eis, da wir meinetwegen zwei Wochen zu früh zu einem Termin erschienen sind. Nadine
bei der CNS angemeldet ist, noch über die finanziellen Mittel verfügt, hat sich Inter-Actions seiner Not angenommen. Gemeinsam mit Djillali Mokeddem konnte Kamal seine neue Brille am vergangenen Freitag im Optikergeschäft A vue d'oeil abholen. Unter wolkenverhangenem Himmel ging es vom Büro in Bonneweg durch die Straßen des Bahnhofsviertels, vorbei an der Place de Paris zum Geschäft des Optikers in der Avenue de la liberté. In Hülle und Fülle sind Brillengestelle in der Fensterfront ausgestellt, vom ausgefallenen, neonpinken Designermodell bis hin zu Gestellen, deren Kosten komplett von der CNS übernommen werden.
Am Geschäft, direkt gegenüber der Tramhaltestelle Paräisser Plaz, eilen Geschäftsleute in adretten Anzügen vorbei, Mütter und Väter schieben ihre Kinderwagen durch die Straße und Rentner nutzen den Tag zum gemütlichen Bummelgang durch die Stadt. Und mittendrin auch diejenigen, die gerne mal aus einem sauberen Stadtbild gestrichen werden: Obdachlose.
Doch die Tür von Guillaume Argenson ist offen, wortwörtlich für alle. Während der Optiker sich um einen Herrn im schicken blauen Mantel kümmert, verschwindet eine andere Kundin, die Inter-Actions aufgrund ihrer finanziellen Notlage kontaktiert hat, in der
Accompagner quelqu'un, c'est se placer ni devant, ni derrière, ni à la place. C'est être à côté. Joseph Templier
Dunkelkammer im hinteren Teil des Geschäfts. Dort stehen ihr diverse Sehtests bevor, die Claude Boulay, Mitarbeiter von A vue d'oeil, durchführt. Die ältere Dame ist dankbar, dass das Projekt ihr das Sehen wieder ermöglichen wird. Drei bis vier Tage dauert es im Regelfall, bis die Kundin ihr neues Gestell mit den angepassten Gläsern abholen kann.
Guillaume Argenson nimmt aus rein altruistischen Gründen am Projekt teil. „Pour recevoir, il faut savoir donner.“Dieser Überzeugung ist der Optiker und setzt die sechs Worte in die Tat um. Da er zurzeit der einzige Optiker im gesamten Großherzogtum ist, der am Projekt beteiligt ist, würde er sich wünschen, dass andere Geschäfte nachziehen würden. Denn die Nachfrage ist groß und manchmal braucht es bloß eine kleine Bemühung, um das Leben eines anderen zum Besseren zu wenden.