Ein Sprudelwasser, bitte!
In der Werbung sieht alles immer so einfach aus. So auch bei einer meiner rezenten Anschaffungen. Eine Maschine, die normales Leitungswasser in Sprudelwasser verwandelt. Nie mehr schwere Flaschen die Treppen hochschleppen. Wenn das mal kein Argument ist. Und dabei noch etwas für die Umwelt tun, indem man auf Plastikflaschen verzichtet.
Bei der Bedienung des Geräts kam ich allerdings an meine Grenzen. Zu Beginn jedenfalls. Regelmäßig setzte ich nämlich die halbe Küche unter Wasser beim Versuch, das Leitungswasser zum Sprudeln zu bringen.
Ich bin eigentlich sehr Technik
Gebrauchsanleitungen sind was für Anfänger
affin und je mehr Knöpfe ein Gerät hat, desto besser komme ich damit klar. Doch scheinbar war genau das das Problem. Die Maschine hatte nur einen Knopf. Ich war überfordert, oder unterfordert. Wie auch immer.
Selbst meine Allzweckwaffe Youtube ließ mich diesmal im Stich. Ich fand schlichtweg kein Video für mein Problem. War ich wirklich der einzige Mensch auf der Welt, der dieses EinKnopf-Dings nicht bedienen konnte? Ach ja, falls sie an die Gebrauchsanleitung denken, die schmeiße ich immer als Erstes weg. Gebrauchsanleitungen sind was für Anfänger.
Eines Morgen, ich hatte die Küche mal wieder überschwemmt, war ich kurz davor, das Teil zu entsorgen. Da fiel mir eine kleine Markierung an der mitgelieferten Flasche auf. Sollte das etwa … Nein, oder?
Ich füllte die Flasche einfach mal so bis zur Markierung und drückte den Knopf. Es funktionierte. Jetzt hätte mich nur noch interessiert, ob das so auch im Handbuch stand. Aber das hatte ich ja bereits entsorgt. Yves
merkte es beim Treppensteigen sehr deutlich“, sagt er.
Eine weitere Woche später erhielt er Post aus der Schweiz und fiel aus allen Wolken. Eine gesalzene Rechnung wartet auf ihn. „Das Krankenhaus war sehr gut ausgestattet, ich hatte ein schönes Zimmer, das Essen war auch sehr gut“, sagt er. Doch als er die zu zahlende Summe sah, erschrak er. Der Betrag, der fettgedruckt auf der Rechnung stand, beläuft sich auf 112.732 Schweizer Franken, das sind 113.682,34 Euro.
„Die Schweiz hat ihre eigenen Regeln“
Anstelle sich mit seiner Doktorarbeit zu beschäftigten, beschäftigt er sich nun mit dieser Rechnung. „Ich bin Student, ich kann unmöglich 100 000 Euro bezahlen“, sagt er. Er sei bereit, einen Teil der Kosten zu übernehmen, seine Ersparnisse würden jedoch nicht ausreichen, um alles zu bezahlen. „Niemand hat einfach so 100 000 Euro auf der Bank liegen“, sagt er. Er setzte alle Hebel in Bewegung, um seine Situation zu klären. Der türkische Botschafter in Luxemburg und das Konsulat in der Schweiz konnten ihm nicht weiterhelfen. „Die Schweiz hat ihre eigenen Regeln“, habe man gesagt. Auch seine Gewerkschaft „hat nicht wirklich viel getan“. „Ich habe drei Ombudsmänner angeschrieben, alle versuchen mir zu helfen.“
CNS ist bereit Kosten zu erstatten
Ende August erhielt er einen Telefonanruf von der CNS. Die luxemburgische Krankenkasse sei bereit, die Kosten zu übernehmen. Der Versicherte müsse dazu erst die offene Rechnung in der Schweiz begleichen und würde das Geld später zurückerstattet bekommen. Auch dies sei für ihn unmöglich. „Keine Bank wird mir ein Kredit geben“, sagt er. Seine Eltern könnten das Geld zusammen bekommen – wenn sie ihr Haus in der Türkei verkaufen würden. „Vielleicht reicht es dann.“
„Wenn der Unfall in einem EU-Land passiert wäre, oder wenn ich EU-Bürger wäre, hätte die CNS die Kosten direkt übernommen“, sagt er. Er fühlt sich diskriminiert. „Ich bezahle in Luxemburg die gleichen Beiträge wie die anderen Studenten, jedoch erhalte ich nicht die gleiche Behandlung.“Er hätte nie gedacht, dass seine Nationalität zu einem Problem werden könne.
Offene Rechnung bereitet schlaflose Nächte
Am 12. September kam wieder Post aus der Schweiz. Er rief dort an und bekam einen mittlerweile altbekannten Satz zu hören: „Wir verstehen ihre Situation, aber es gibt nichts, was wir machen können.“
„Ich weiß nicht, was jetzt passieren wird“, sagt er. Dies bereite ihm schlaflose Nächte. Die Rechnung liegt auf seinem Tisch, „ich sehe sie jeden Tag“. Er befürchtet jetzt, dass sein Bankkonto gesperrt werden könnte. „Ich muss meine Miete zahlen“, sagt er. „Eigentlich müsste ich mich auf meine Doktorarbeit konzentrieren, ich sollte mich nicht um diese Rechnung sorgen müssen“, meint er wütend.
Letztes Stichdatum verstrichen
Das letzte Stichdatum ist inzwischen verstrichen und die Rechnung immer noch nicht bezahlt. „Bei Notfällen sind die Mediziner verpflichtet, sofort Hilfe zu leisten, auch wenn der Feriengast sich die Behandlung nicht leisten kann“, erklärt eine Ärztin, die in einem Schweizer Krankenhaus arbeitet. Sie sprach von einem ähnlichen Fall aus dem Jahr 2017.
Damals wurde ein Tourist aus Übersee krank und verbrachte anschließend drei Monate auf der Intensivstation. Seine Rechnung betrug 348 000 Schweizer Franken. Weil er nachweisen konnte, dass er das Geld nicht hatte – der Schweizurlaub war ein lang gehegter und ersparter Lebenstraum – übernahmen die Sozialsysteme des Alpenlandes die Kosten dann doch.
Diese Reglung steht auch auf einem Papier der schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe. Dort wird festgehalten, dass Touristen, die in der Schweiz in eine medizinische Notlage gelangen, einen Anspruch auf Hilfeleistung haben. „Da in diesen Fällen häufig unklar ist, ob eine ausreichende Versicherung besteht oder die Betroffenen die Kosten aus eigenen Mitteln berappen können“, müssen die „medizinischen Leistungserbringer bei den Sozialhilfeorganen zwecks Sicherung der Finanzierung ein Gesuch um Kostengutsprache einreichen“.
Diesen Weg versucht der in Luxemburg lebende Student nun einzuschlagen. „Ich habe mit einer Anwältin gesprochen“, sagt er etwas hoffnungsvoller. Sie meinte, dass eine Behandlung in Notsituationen ein Menschenrecht sei und ich nicht für die Kosten aufkommen müsse. In die Schweiz will er in Zukunft dennoch reisen. „Dann werde ich vor der Reise eine Zusatzversicherung abschließen.“
Der Student wirft der CNS vor, dass er nicht darauf hingewiesen wurde, dass für ihn andere Regeln gelten.
Die Ärzte erklärten mir, dass ich die gleiche Behandlung erhielt, wie Covidpatienten.