Wenn Bäume einfach verschwinden
Ihr Obstgarten beschert Frau L. über Jahre hinweg reichlich Früchte – bis März 2021. Dann nicht mehr. Denn als die 71-Jährige zu ihrem Bongert in Heisdorf kommt, erwartet sie eine böse Überraschung: Jemand hat ihren Zaun ein- und eine Hecke aufgerissen, eine Zufahrt für Lastwagen geschaffen, und tonnenweise Erdaushub auf dem Gelände abgeladen.
Und der Clou: Acht ihrer geliebten und 50 bis 60 Jahre alten Obstbäume sind dem Erdboden gleichgemacht. „Zwei Kirschbäume, ein Apfel-, ein Birnen-, ein Zwetschgenund ein Mirabellenbaum sowie eine Trauerweide und mehrere Tannen“, listet sie am Montag als Zeugin vor Gericht auf.
Ein Unbekannter als perfekter Schuldiger
Die Spur führt zu einer Baufirma, die auf der anliegenden Parzelle ein großes Mehrfamilienhaus errichtet. Doch der Baustellenleiter weist gegenüber der Polizei jede Schuld von sich: Ein unbekannter älterer Mann habe als Grundstückseigner die Nutzung der Parzelle angeboten und im Gegenzug um das Entfernen der bereits gefällten Bäume gebeten.
„Das ist nicht glaubwürdig“, stellt die Anklägerin fest. „Welches Interesse könnte eine wildfremde Person daran haben, dass diese Bäume gefällt werden?“, fragt sie und fährt fort: „Um keine Abfuhr zu erhalten, wurde einfach nicht gefragt. Die Bäume waren der Firma im Weg und deshalb hat sie entschieden, sie wegzumachen.“
Der damalige Baustellenleiter wird im Prozess auch von zwei Subunternehmern belastet, die in dessen Auftrag Erdarbeiten an der Baustelle und auf dem Privatgrundstück von Frau L. ausführten. Nicolas H. habe die Befehle erteilt. Und: Man selbst habe keine Bäume gefällt. Wer das getan habe, dazu könne man nichts sagen.
Kaum neue Erkenntnisse bringt einer der beiden Chefs der beschuldigten Baufirma ein. Der kahlköpfige Endvierziger, der in einem gefütterten, weißen Plüschmantel vor Gericht erscheint, schenkt der Gerichtsverhandlung ohnehin kaum Beachtung. Auf der Anklagebank widmet er sich dafür intensiv seinem Smartphone.
Christophe C. erklärt, er sei Präsident der Firma und habe Angestellte, die für Detailfragen zuständig seien. Wenn in diesem Fall ein Fehler geschehen sei, dann bei der technischen Abteilung. Er habe auch im Vorfeld des Prozesses keine Erkundigungen eingeholt. Baustellenleiter Nicolas H. sei inzwischen wegen anderer Vorkommnisse entlassen worden.
Insgesamt 38 000 Euro Geldstrafe gefordert
Für die Staatsanwaltschaft sind er und sein Geschäftspartner jedoch sehr wohl verantwortlich. Die Anklägerin fordert für beide Männer dann auch jeweils ein Bußgeld von 4 000 Euro. Die Firma soll 30 000 Euro Geldstrafe zahlen. Sie habe ein Biotop zerstört, Bäume mutwillig ausgerissen, eine Umzäunung zerstört und dazu gegen das Abfallgesetz verstoßen. Die damalige Grundstückseigentümerin beantragt indes 10 000 Euro an Schadenersatz.
Der Verteidiger der Firma und von deren Chefs stellt zunächst die Existenz, das Alter und die Größe der Bäume infrage. Dann erklärt er, bei den wenigen vor Ort noch heute sichtbaren Baumstämmen sei erkennbar, dass sie professionell gefällt worden seien, also nicht von Baumaschinen ausgerissen. Deshalb gebe es Zweifel daran, dass die Firma die Bäume gefällt habe. Seine Mandanten seien freizusprechen.
Das Urteil der 18. Strafkammer ergeht am 17. November.
Auf diesem Grundstück in der Rue Prince Guillaume in Heisdorf gab es einst einen Obstgarten. Der Unternehmer, der auf einer anliegenden Parzelle ein Mehrfamilienhaus errichtet, soll diesen mutwillig zerstört haben.
Es wurde einfach nicht gefragt. Die Bäume waren der Firma im Weg und deshalb hat sie entschieden, sie wegzumachen. Anklägerin