Ein Fleischfresser wird vegan
Lisi, eine zehnjährige Hündin, war umständehalber bei einem Frauchen gelandet, das eigentlich gar keinen Hund haben wollte. Und das nicht aus mangelnder Tierliebe, im Gegenteil. Die junge Frau war seit ihrer Kindheit Veganerin. Und so wollte sie zwar keinem fleischfressenden Tier ihre pflanzliche Ernährungsweise aufzwingen, aber auch nicht selbst täglich mit Fleisch hantieren.
Die Hündin war aber ein Erbe der Großmutter, die sie zu ihrem Leidwesen nicht in die Seniorenresidenz hatte mitnehmen dürfen. Niemand sonst hatte sich erbarmt, den lieben Hund aufzunehmen. So war Lisi schließlich zu ihrer neuen Besitzerin gekommen, weil die das einzige Enkelkind der alten Dame war. Da sie noch nie ein Haustier gehabt hatte, brachte sie das neue Familienglied flugs zu einem Check-up in die Sprechstunde. Mit einer Liste abzuarbeitender Fragen, von denen die erste war, ob man denn nicht doch auch einen
Hund vegan ernähren könne.
Dazu würden zusätzlich zum Fleisch, das für vegetarisches Futter mit anderen Eiweißquellen ersetzt wird, auch noch Eier, und Milchprodukte wegfallen, die wichtige Proteine enthalten. Die Fütterungsexpertin Dr. Jutta Ziegler erachtet vegane Nahrung für Fleischfresser denn auch als pervers und vergleicht sie damit, einem Meerschweinchen Rindergulasch zu servieren.
Die vorhandenen Studien geben aber wenig Grund zu medizinischen Bedenken. Allen voran eine Untersuchung mit Schlittenhunden, die eine Diät ohne Fleisch, mit Fleischersatz auf der Basis von Soja- und Maismehl bekamen. Ihren Laborwerten nach tat diese Ernährung ihrer Konstitution keinen Abbruch, was damit bewiesen wurde, dass die Hunde während dieser Zeit unter strengen Winterbedingungen Rennen zu laufen hatten. Auch dem Deutschen Tierschutzbund gemäß ist vegane Fütterung bei gesunden, ausgewachsenen Hunden nach bisherigen Erkenntnissen ohne erkennbare Schäden tolerierbar. Lisi bekommt demnach nun aus dem mittlerweile schon reichhaltigen Sortiment an industriell hergestelltem Veganfutter zu fressen, soll jedoch zur Sicherheit zweimal jährlich zur Kontrolle und allfälliger Blutuntersuchung vorgestellt werden.