Das Männlein mit der Zunge
Sehen Sie auch manchmal Dinge, die es so nicht gibt? Oder die zumindest für Sie anders erscheinen, als sie in der Realität sind? Wenn nicht, dann mögen Sie mich wohl für verrückt halten. Ich kann nämlich mit Stolz behaupten, dass ich ein Profi darin bin. Dabei sehe ich keineswegs Geister, sondern nehme die Dinge nur anders wahr als meine Mitmenschen. Vor Jahren etwa entdeckte ich während der anbrechenden Dunkelheit mehrere Pferde, die ohne Reiter auf dem Radweg trabten. Trotz aller Überzeugungsarbeit behaupteten alle anderen, dass es sich dabei um eine Läufergruppe handelte.
Die innere Zufriedenheit platzte wie eine Seifenblase.
Überhaupt habe ich Probleme mit dem Erkennen von Tieren, wenn sie in einer gewissen Entfernung vor mir stehen. So habe ich schon drei Rehe mit süßen Häschen verwechselt, statt eines Fuchses unsere Katze im Garten erspäht oder den Nachbarshund mit einem Wolf verwechselt. Aber es geht noch besser. Erst neulich nahm ich am Ortseingang einen großen, mit Heuballen gebauten Mann wahr. Mit seinen großen runden Augen und seinem knallroten Mantel war er nicht zu übersehen. Am auffallendsten war für mich jedoch die Tatsache, dass die Figur ihre Zunge herausstreckte. Als ich meiner Familie von dem lustigen Männlein erzählte, brach diese in lautes Gelächter aus. „Die finden die Figur also genauso lustig wie ich“, dachte ich anfangs in meiner Naivität. Diese innere Zufriedenheit platzte nur wenige Minuten später wie eine Seifenblase. Denn, die Figur stellt eigentlich den „Kleeschen“dar. Beim genaueren Hinsehen und mit den nachträglich hinzugefügten Details – wie dem Gürtel und dem Mund – musste ich doch zugeben, dass eine gewisse Ähnlichkeit besteht. Immerhin sehe ich meine Fehler ein ... Nadine
Am Montagmorgen sind einige Gemeindearbeiter in der hauptstädtischen Avenue Pasteur mit Pinsel und Farbe beschäftigt. Sie übermalen Pfeile und Fahrräder auf der in jüngster Vergangenheit angelegten Radpiste. Denn hier wird es nach unzähligen Diskussionen und Reklamationen zu Änderungen kommen.
Aus dem bidirektionalen Fahrradweg wird nun ein unidirektionaler Weg. Gleichzeitig wird der Bürgersteig wieder verbreitert – auf über zwei Meter. Von Ende des Jahres an sind die Radfahrer von der Allée Scheffer kommend dann alleine auf dem Radweg unterwegs.
In die andere Richtung geht es mit dem Drahtesel dann auf der Fahrbahn. Diese wird zur Radstraße, demnach genießen Radfahrer gegenüber dem motorisierten Individualverkehr Priorität. Radfahrer dürfen nicht überholt werden und die Maximalgeschwindigkeit beträgt 30 km/h.
Auf dem Bürgersteig war es immer wieder zu gefährlichen Situationen für die Fußgänger gekommen. Auch die Gastronomen aus dem unteren Teil der Avenue Pasteur waren nicht zufrieden, da sie mit ihren Terrassen auf die andere Straßenseite umziehen sollten. Dies haben die Restaurantbesitzer aber abgelehnt.
Arbeiten an zweiter Phase beginnen
Auch mit der Verbreiterung des Bürgersteigs werde sich an diesem Punkt nichts ändern, wie Marianne Donven, Chefin des Restaurant Chiche, dem „Luxemburger Wort“auf Nachfrager erklärt: „Es wird weiterhin nicht ausreichend Platz für die Terrassen geben. Und nun wird es wieder eine Baustelle vor der Tür geben. Und wir werden wieder einen Umsatzausfall hinnehmen müssen.“Außerdem wäre noch immer nicht geklärt, wo die Mülltonnen für die Abholung durch die städtischen
Auf der Radpiste sind in Vorbereitung der Änderungen einige Zeichen übermalt worden.
Dienste hingestellt werden müssen – auf den Bürgersteig oder den Radweg. Auch dies hatte immer wieder für Konfliktsituationen in der Avenue Pasteur gesorgt.
Nach Abschluss der Arbeiten im Bereich zwischen der Allée Scheffer und der Rue Henri VII wurden auch die Änderungen zwischen der Rue Henri VII und der Rue Ermesinde in Angriff genommen.
In Fahrtrichtung Avenue Pasteur hoch verschwindet der Parkstreifen auf der rechten Seite und wird durch eine unidirektionale Batiste ersetzt. Dazu werden zwölf Bäume als Abtrennung zwischen Radweg und Bürgersteig gepflanzt.
In Richtung Glacis entsteht ebenfalls eine Fahrradstraße, wie in der ersten Phase der Avenue Pasteur. Die zweite Phase soll im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein.
Die Avenue Pasteur stand in der Vergangenheit immer wieder im Zentrum von Diskussionen. Déi Gréng hatten zum Beispiel im Oktober 2021 einen Shared Space in der Straße vorgeschlagen. dat
34 Hektar, 1 085 Wohnungen und 2 500 Einwohner – das Projekt „Wunne mat der Wooltz“wird das Gesicht und die Struktur der Stadt Wiltz in den kommenden Jahren wesentlich verändern. Mit dem ersten Spatenstich fiel am Montag der Startschuss für das Bauvorhaben, das erschwinglichen Wohnraum, Arbeitsplätze und ein Zusammenkommen der Bürger ermöglicht.
„Die Industrie gehört zur Geschichte der Gemeinde. Doch mit ihrem Verschwinden hinterließ sie ein großes Loch“, so der Wiltzer Bürgermeister Fränk Arndt (LSAP). Dieses Loch sollte der Fonds de Logement mit dem Schaffen von neuem Wohnraum füllen.
Die ersten Planungen für die Neugestaltung des Viertels gehen bereits auf das Jahr 2009 zurück. Von 2012 bis 2014 wurden Grundstücke gekauft, Sicherheitsvorkehrungen getroffen und erste Abrissarbeiten getätigt. Ein Jahr später stand die Entwicklung des Masterplans im Fokus. 2016 war dieser abgeschlossen, sodass die Studien für die Teilbebauungspläne aufgenommen werden konnten.
Nachdem die ersten PAP 2018 verabschiedet wurden, folgte die nächste Etappe: Einstellung von Teams für die Bauleitung zur Erschließung, Kanalisation und Renaturierung. 2019 wurden die Bauarbeiten für den Schulcampus aufgenommen. Ein wichtiger Meilenstein war die Verabschiedung des Finanzierungsgesetzes in Höhe von 286 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Davon werden allein 120 Millionen Euro für die Sanierung veranschlagt.
Die nächsten Etappen
Das Projekt wurde nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft entwickelt und basiert auf einer solidarischen Wirtschaft, einer nachhaltigen Stadtplanung und Architektur sowie einer sanften Mobilität und Energieneutralität.
Auf einer Fläche von 34 Hektar werden neben den 1 085 Ein- und Mehrfamilienhäusern eine neue Grundschule (Eröffnung zur Rentrée 2023), eine Maison relais, Kindertagesstätten, Sporteinrichtungen, die Musikschule sowie das erste Luxemburger Kindermuseum entstehen.
Durch die Schaffung eines regionalen Umschlagplatzes mit Bus- und Zugbahnhof soll das Umsteigen auf den öffentlichen Transport vereinfacht werden. Damit das Viertel trotz aller Neubauten nicht zubetoniert wird – was immer wieder in den sozialen Medien kritisiert wird – besteht ein Drittel des Areals aus Grünflächen, dies unter anderem in Form von Parkanlagen und Spielplätzen.
Über den Fluss Wooltz werden drei Fußgängerund Fahrradbrücken sowie zwei kombinierte Fahrzeug- und Fußgängerübergänge geschaffen. Das Viertel wird durch ein emissionsneutrales Wärmenetz versorgt.
In der ersten Phase werden die Viertel Geetz, Gierwerei und Nordhang realisiert. Das Quartier Geetz umfasst fünf Parzellen für 16 Einfamilienhäuser, 26 Wohnungen und ein Mehrzweckgebäude mit 34 Wohnungen. Geplant ist ebenfalls ein Parkhaus für Fahrzeuge und Fahrräder sowie eine Abfallentsorgungsstation für das Viertel. Im Stadtteil Gierwerei werden 144 Wohnungen, Geschäfte und ein Parkplatz entstehen.
Durch fünf Übergänge werden die beiden Seiten des neuen Wohnviertels miteinander verbunden.
Bis die ersten Bewohner im Jahr 2025 einziehen, bleibt für die Arbeiter noch einiges zu tun. Im Quartier Nordhang sind 67 Wohneinheiten und ein Parkplatz vorgesehen. Die einzelnen Etappen werden ab 2023 aufgenommen und sollen bis 2028 abgeschlossen sein. Bleibt zu erwähnen, dass sämtliche Wohnungen vermietet werden.
Mit der Projektsteuerung wurde das Büro QBuild beauftragt. Beteiligt am Projekt sind ebenfalls die Association momentanée Act 360°/SGI für die Bauherrenunterstützung und die Architektenbüros Thillens & Thillens Architekten, SteinmetzDemeyer Architekten und M3 Architekten.
Was das neue Viertel für Wiltz bedeutet
Um das industrielle Erbe zu erhalten, wird das „Bâtiment Idéal“ab Oktober 2023 saniert und umgebaut. Das Gebäude, das seit 1993 leer steht, beherbergte die Verwaltungsfunktionen der Ledergerberei Ideal (1912) und später das Unternehmen Eurofloor/Tarkett (1960). Das Gebäude soll nach den Grundsätzen der Kreislaufwirtschaft schlicht und minimal renoviert werden, um anschließend Mietflächen, Büros und ein Mikrozentrum für die Bedürfnisse des Fonds du Logement zu beherbergen. Mit der Planung dieses Vorhabens wurde das Büro Carvalho architects beauftragt.
„Dieses Projekt wird die Zukunft der Gemeinde enorm beeinflussen“, fasste es Bürgermeister Fränk Arndt kurz. Leben derzeit um 8 000 Einwohner in der als Centre d’attraction et de développement (CDA) eingestuften Gemeinde, stellt das Wachstum auf über 10 500 Bürger eine große Herausforderung dar. Wohnen, leben und arbeiten sind, laut Arndt, Bereiche, in denen sich die Stadt gut aufstellen muss.
Um den Bürgern zu ermöglichen, Arbeitsplätze in ihrem Wohnort zu finden, müssen zusätzliche Aktivitätszonen ausgewiesen werden. Durch die Integration von Büroflächen, Geschäftslokalen, Restaurants und Dienstleistungsbetrieben erhofft man sich ebenfalls neue Arbeitsplätze. Gleichzeitig spielt die Energiebilanz dabei eine Rolle: „Wir müssen verhindern, dass die Einwohner sich tagtäglich in Richtung Hauptstadt fortbewegen müssen“, so der Bürgermeister.
2 500 zusätzliche Einwohner bedeutet dennoch ein höheres Verkehrsaufkommen in der Stadt. „Wir müssen aufpassen, dass es auf den Straßen und den Schienen nicht zu einem Kollaps kommt“, warnt Arndt weiter.
Doch auch die Integration zwischen den derzeitigen Bewohnern und den neuen Bürgern muss gelingen. „Ein wichtiges Ziel ist es, das Viertel schnellstmöglich mit Leben zu füllen“, betont Arndt. So sollen die ersten Schüler der derzeitigen Millermoaler Schoul und der dazugehörigen Maison relais bereits zur Rentrée 2023 in der neuen Grundschule unterrichtet werden. Mit dem Bau des Bahnhofs, der Musikschule, der Sporthalle und des Kindermuseums soll der Schritt zum Zusammenleben von Anfang an gelingen.
„Alles in allem bleibt in den kommenden Jahren noch einiges zu tun“, betont Arndt. Und: „Unser Ziel ist es, dass sich das Viertel ,Wunne mat der Wooltz' und die Ortschaft Wiltz gemeinsam entwickeln.“
Wir müssen aufpassen, dass es auf den Straßen und den Schienen nicht zu einem Kollaps kommt. Fränk Arndt, Bürgermeister der Gemeinde Wiltz
Dreimal eröffnet ein Polizist am 11. April 2018 bei einer misslungenen Fahrzeugkontrolle in Bonneweg das Feuer auf einen flüchtigen Autofahrer. Es sind Schüsse, die alles verändern. Denn der Fahrer, ein 51-jähriger Mann, erliegt seinen Verletzungen.
Unmittelbar nach dem Vorfall deutete vieles auf Notwehr hin. Immerhin soll der Fahrer mit seinem Wagen auf den damals 22-jährigen Polizisten zugefahren sein. Doch die darauffolgenden Ermittlungen werfen Fragen auf. Etwa ergibt eine Auswertung des Tatorts, dass der tödliche Schuss in einem 30-Grad-Winkel abgefeuert wurde. Demnach habe der Polizist nicht vor, sondern neben dem Auto gestanden. Diese und andere Erkenntnisse lassen Zweifel an einer Notwehrsituation aufkommen.
Ende September musste der Mann, der mittlerweile den Polizeidienst quittiert hat, sich vor einer Kriminalkammer verantworten. Heute geben die Richter nun ihr Urteil bekannt. Falls keine Notwehr zurückbehalten wird, erwartet Meris M. eine Verurteilung wegen Totschlags.
Das forderte auch die Vertreterin der Staatsanwaltschaft während des Prozesses. Meris M. habe den 51-jährigen Autofahrer, der sich scheinbar einer Kontrolle entziehen wollte, vorsätzlich getötet. Der Beamte habe die Möglichkeit gehabt, sich in Sicherheit zu bringen. Die Schüsse seien nicht aus Notwehr gefallen. Am Ende ihres Strafantrags forderte die Anklägerin eine Haftstrafe von 30 Jahren.
Der Angeklagte spricht von Notwehr
„Das Auto kam auf mich zu, ich habe geschossen, dann war der Wagen weg“, so schilderte der Angeklagte den Tatablauf im September vor Gericht. Er habe versucht, die Kreuzung der Rue des Ardennes mit der Rue Sigismond zu blockieren. Zuvor habe der Fahrer des Mercedes die Aufforderungen zwei weiterer Beamter, zu halten, im etwa 300 Meter entfernten Dernier Sol ignoriert.
Der Fahrer habe unmittelbar vor dem Polizeiwagen eine Vollbremsung gemacht. M. gab an, daraufhin den Wagen verlassen und „Halt, Police!“gerufen zu haben. Die Aufforderungen seien aber ignoriert worden und er habe seine Dienstwaffe gezogen. Wenig später habe der Fluchtfahrer den Wagen zurückgesetzt, bevor er den Mercedes auf ihn zu beschleunigt habe. Er habe dann nur noch einen Tunnelblick gehabt, nur noch die Windschutzscheibe gesehen und einen Teil der Motorhaube.
Zur Seite springen sei für ihn in diesem Augenblick keine Möglichkeit mehr gewesen. Für ihn habe der Fahrer ihn töten wollen. „Ich habe in diesem Moment nur noch die Möglichkeit gesehen, den Arm zu strecken und zu schießen“, erklärte der Angeklagte den Richtern. Auch sein Strafverteidiger unterstrich, dass sein Mandant aus Notwehr gehandelt habe und forderte einen Freispruch.
Unverantwortlicher Umgang mit Dienstwaffe
„Das einzige, was in einer solchen Situation etwas bringt, ist zur Seite zu springen“, betonte indes ein Ermittler vor Gericht. „Waffen, so wie die Polizei sie benutzt, sind dafür da, um auf Menschen zu schießen, um diese handlungsunfähig zu machen. Nicht, um ein Auto zu stoppen.“
Ein weiterer Ermittler hob indes hervor, dass der Tatablauf nicht der einzige Grund für weiterführende Ermittlungen gewesen sei. Auch das Verhalten des Angeklagten vor und nach den Schüssen sei auffällig gewesen. Er sei ein Law&Order-Polizist gewesen, stets unverfroren auf Konfrontation und Aktion aus. Und sein Umgang mit der Waffe bedenklich.
„Wéi e Kand, wat op der Fouer eng Schéiss gefëscht huet, huet e stänneg mat senger Waff gespillt“, zitierte der Ermittler einen früheren Kollegen des Angeklagten. Er sei einer von mehreren, die von einem leichtsinnigen Umgang mit der Dienstwaffe und anderen Auffälligkeiten berichtet hätten.
Letzten Endes dürften diese mutmaßlichen Verfehlungen bei der Entscheidung der Richter eher eine Nebenrolle spielen. Die Frage der Schuld bleibt eine Frage nach der Notwehr in einer präzisen Situation. Und die Antwort darauf erfolgt am heutigen Mittwoch um 15 Uhr im Bezirksgericht Luxemburg.