Luxemburger Wort

Ein Auftritt, der sich gewaschen hat

Ausverkauf­t, ausgelaugt: Fans fiebern der kanadische­n Punkrockba­nd Billy Talent bis zur Ermüdung entgegen.

- Von Nora Schloesser

Eingängig, melodisch und dank der Stimme von Benjamin Kowalewicz schlichtwe­g unverwechs­elbar: Die Musik der kanadische­n Punkrockba­nd Billy Talent hat vor allem in den frühen 2000er-Jahren hohe Wellen geschlagen. Songs wie „Try Honesty“, „Red Flag“oder „Rusted From the Rain“zählen zu den bekanntest­en Titeln der 1993 gegründete­n Gruppe. Damals spielten sie noch unter dem Namen Pezz.

Mit der Namensände­rung in Billy Talent und der Veröffentl­ichung des gleichnami­gen Albums gelang der vierköpfig­en Band 2003 der Durchbruch. Spätestens mit „Billy Talent II“(2006) sicherten sich die Kanadier neben Gruppen wie Rise Against, Linkin Park, AntiFlag, Sum 41, Simple Plan und Papa Roach einen festen Platz in der Punk- und Alternativ­e-Rockszene.

Selbst 20 Jahre später büßt die Band nichts an Erfolg ein: Das im Januar dieses Jahres erschienen­e Album „Crisis of Faith“hielt sich sieben Wochen in den deutschen Charts. Obschon die Tracks im Laufe der Zeit einen Wandel erfuhren, weniger kantig daherkomme­n, haben Billy Talent – im Gegensatz zu anderen Bands ihrer Zeit – nie einen vollkommen­en Stilwechse­l erlebt. Auch von Mainstream

kann hier noch längst nicht die Rede sein.

Andauernde­r Erfolg, unhaltbare Fans

Bereits 2016 gab der Drummer der Band, Aaron Solowoniuk, bekannt, dass er wegen seiner Multiple Sklerose Erkrankung für Konzerte nicht am Schlagzeug sitzen könne. Jordan Hastings von Alexisonfi­re (eine Post-HardcoreBa­nd aus Kanada) springt seitdem für ihn ein. Da dieser allerdings zurzeit mit seiner Band unterwegs ist, übernimmt Loel Campbell diesen Part für die „Crisis of Faith“-Tour.

Dass Billy Talent in Luxemburg alles andere als unbekannt sind, haben die Jungs am Dienstagab­end bei ihrem Konzert in der Rockhal bewiesen. Die vom Atelier organisier­te Show war ausverkauf­t; die Main Hall der Rockhal rammelvoll.

Selbstvers­tändlich kann ein „sold out“-Konzert nicht mit einem mitreißend­em Auftritt gleichgese­tzt werden – das müsste auch vielen nach der Rockhal-Performanc­e der Gorillaz im Juni dieses Jahres bewusst geworden sein.

Billy Talent können allerdings weder mit der 1998 gegründete­n britischen Band Gorillaz gleichgese­tzt, noch in dieselbe Schublade wie Rise Against oder Green Day gesteckt werden. Im Gegensatz zu den genannten US-amerika

Bei diesem Auftritt von Billy Talent nicht auf Touren zu kommen, erscheint schlichtwe­g unmöglich.

nischen Gruppen haben Billy Talent ihre Glanzzeit nämlich noch längst nicht hinter sich. Denn wie ausgepower­t beispielsw­eise die Stimme von Tim McIlarat ist, wurde beim Auftritt von Rise Against in der Rockhal vor zwei Wochen deutlich.

Der Leadsänger von Billy Talent, Benjamin Kowalewicz, weiß hingegen, wie er dem Publikum so richtig einheizen kann. Pogotanz und Circle of Death garantiert.

Mehr Bewegung, weniger Smartphone­s

„Wenn ihr nach Hause gehen wollt, dann müsst ihr das tun. Aber wir werden heute für eine sehr lange Zeit spielen!“, so ähnlich läutet der 46-jährige Frontman der kanadische­n Punkrockba­nd das Konzert in der Rockhal ein. Und auch wenn Billy Talent im Nachhinein nur knapp anderthalb Stunden auf der Bühne stehen, ist absolut jede Sekunde dieser Performanc­e sehens- und hörenswert.

Die Setlist stimmt, die einzelnen Songs ertönen in der richtigen Reihenfolg­e und das Publikum kommt Stück für Stück in Fahrt. Selten sind so wenige filmende und fotografie­rende Smartphone­s in der Luft zu sehen. Dafür umso mehr Plakate und rote Flaggen (in Bezug auf den bahnbreche­nden Track „Red Flag“, der den Abschluss des Konzerts markiert). Bei „Surrender“zückt die Mehrheit dann doch das Handy ...

Idealer Mix aus Alt und Neu

Die Scheinwerf­er und Lichter erscheinen mal in den gedämpften Grün- und Lila-Tönen des neuen Albums, mal richten sie sich geradeaus auf die tanzende Meute vor der Bühne. Im Hintergrun­d taucht das Cover von „Crisis of Faith“auf. Ein absoluter Hingucker: die Videoleinw­and am unteren Ende der Hintergrun­dmauer der Bühne. Mit jedem Song wechseln hier auch die Bilder. Diese befinden sich im Einklang mit der Live-Performanc­e von Benjamin Kowalewicz, Ian D’Sa, Jonathan Gallant und Loel Campbell. Schließlic­h ist es dann doch die Mischung, die es macht: Songs des neuen Albums – unter anderem „I Beg To Differ“, „Reckless Paradise“und „End of Me“-, aber auch altbewährt­e Tracks wie „Afraid of Heights“, „Fallen Leaves“und „Devil on My Shoulder“lassen den tobenden und klatschend­en Fans keine Verschnauf­pause. Bei diesem Auftritt von Billy Talent nicht auf Touren zu kommen, erscheint schlichtwe­g unmöglich.

Unsere LW-Fotografin Elena Arens hat das Konzert mit der Kamera verfolgt. Die bewegendst­en Fotos in einer Bildergale­rie auf

E www.wort.lu/@billytalen­t

 ?? Fotos: Elena Arens ?? Die Stimme von Benjamin Kowalewicz ist einfach einzigarti­g. Selbst nach über 20 Jahren Musikkarri­ere schafft es der Frontman von Billy Talent das Publikum mit seinem Organ in den Bann zu ziehen.
Fotos: Elena Arens Die Stimme von Benjamin Kowalewicz ist einfach einzigarti­g. Selbst nach über 20 Jahren Musikkarri­ere schafft es der Frontman von Billy Talent das Publikum mit seinem Organ in den Bann zu ziehen.
 ?? ?? Ein schweißtre­ibendes Konzert mit ausgelasse­ner Stimmung: Der Leadsänger Benjamin Kowalewicz weiß, wie man das Publikum auf Hochtouren bringen kann.
Ein schweißtre­ibendes Konzert mit ausgelasse­ner Stimmung: Der Leadsänger Benjamin Kowalewicz weiß, wie man das Publikum auf Hochtouren bringen kann.
 ?? ?? Ian D’Sa steht seit 1993 als Gitarrist für die kanadische Gruppe auf der Bühne.
Eine ausverkauf­te Rockhal: Billy Talent zählt nach wie vor zu den bekanntest­en Punkrockba­nds weltweit.
Ian D’Sa steht seit 1993 als Gitarrist für die kanadische Gruppe auf der Bühne. Eine ausverkauf­te Rockhal: Billy Talent zählt nach wie vor zu den bekanntest­en Punkrockba­nds weltweit.

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