Turmes bleibt skeptisch beim EU-Gaspreisdeckel
Der Vorschlag der EU-Kommission, um die Energiepreise zu mindern, sorgt für Kontroversen in Brüssel
Luxemburgs Energieminister bleibt skeptisch, was die Idee eines Gaspreisdeckels auf EU-Ebene angeht. Das stellte er bei einem Treffen der 27 Energieminister der EU gestern in Brüssel erneut klar. Die Debatte über das Thema sei „überhitzt“, sagte Claude Turmes. Denn für ihn sei es wichtiger, nun die „Fundamentals“zu ändern. Sprich: Schnell und mehr auf erneuerbare Energiequellen zu setzen. Das erlaube, so der Déi Gréng-Politiker weiter, die Energiepreise viel konsequenter zu mindern. Den Gaspreisdeckel nannte Turmes indes eine „Ablenkung“, die kaum als „Game changer“dienen würde.
Spanien macht Druck
Gestern berieten die EU-Energieminister zum ersten Mal über einen konkreten Vorschlag für die Deckelung der Gaspreise beim Import. Davor hatte das Thema für viele politische Diskussionen zwischen den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission gesorgt. Daraufhin hatte die EU-Kommission Mitte der Woche vorgeschlagen, besonders heftige Preisausschläge im europäischen Großhandel mit einem Deckel einzudämmen. Das betrifft bestimmte Transaktionen am Großhandelsplatz TTF, an den viele Lieferverträge gekoppelt sind. Der Deckel würde für Großkunden gelten, die am TTF einkaufen – und nicht für Endverbraucher.
Er würde automatisch greifen, wenn der Preis für im Folgemonat zu lieferndes Gas zwei Wochen lang 275 Euro pro Megawattstunde übersteigt und gleichzeitig mindestens 58 Euro höher liegt als der Referenzpreis für Flüssiggas (LNG) auf dem Weltmarkt. Aufträge oberhalb des Preislimits würden nicht mehr akzeptiert. Kritiker monieren, das Limit sei so hoch und die Bedingungen so streng, dass es wohl nie zum Einsatz kommen würde.
Das sagte etwa Tinne Van Der Straeten gestern, Belgiens grüne Energieministerin. „Es reicht nicht aus“, meinte sie über den Vorschlag der EU-Kommission, denn dieser „geht nicht weit genug“. Die Hürden, damit der Deckel greifen würde, seien nämlich zu hoch, so die Belgierin. Aber wenigstens gebe es nun einen konkreten Text, der überarbeitet werden kann, so Van Der Straeten weiter.
Die spanische Regierung sieht es ähnlich, entschied sich aber, in Brüssel einen schärferen Ton anzuschlagen. Die spanische Vizepräsidentin für die ökologische Wende, Teresa Ribera, bezeichnete den
Vorschlag der Europäischen Kommission, um den Gaspreis zu begrenzen als „schlechten Witz“. „Er scheint entwickelt worden zu sein, um zu garantieren, dass er nie angewendet wird“, so Ribera.
„Alle sind irgendwie unglücklich mit dem Vorschlag der Kommission“, fasste der deutsche Staatssekretär Sven Giegold die Debatten zusammen. Seine Regierung befürchtet weiterhin, dass der Preisdeckel Gaslieferanten dazu bringen würde, ihr Gas anderswo teurer zu verkaufen und es demnach zu Engpässen in der EU kommen könnte. Die luxemburgische Regierung sieht das auch so. Länder wie Spanien, Italien und Polen machen indes
Druck auf die Gaspreisdeckel-Skeptiker und pochen darauf, die bereits konsensfähigen Gesetze, um gemeinsam Gas zu kaufen und Genehmigungen für Solaranlagen und andere erneuerbare Energien zu beschleunigen, nur zusammen mit dem umstrittenen Gaspreisdeckel zu verabschieden. Turmes freute sich indes nach dem Treffen, dass man sich beim Inhalt einig sei – sowohl bei den gemeinsamen Einkäufen als auch bei den Genehmigungen. Der Rest sei eine Timing-Frage, so der Energieminister. Ein nächstes Treffen der EU-Energieminister ist bereits Mitte Dezember geplant. mit dpa