Luxemburger Wort

Eine neue Ära beginnt

Auch bei Finanzen müssen wir umdenken

- Von Sébastien Lambotte

Da die Märkte von historisch­en Rückschläg­en geprägt waren, fühlen sich Sparer und Anleger in einem Umfeld, das unsicherer ist als je zuvor, ziemlich hilflos.

Die aufeinande­rfolgenden Krisen und die Entwicklun­g der Geldpoliti­k fordern uns auf, zu den Grundlagen der Geldanlage zurückzuke­hren und – warum nicht – den Investitio­nsansatz im Dienste einer besseren Zukunft zu überdenken.

Was wird das Jahr 2022 in Bezug auf die Vermögensv­erwaltung bringen? Zweifellos wird dieses Jahr einen großen Wendepunkt in den Ansätzen für die Geldanlage markiert haben. Nach einer noch nie da gewesenen Gesundheit­skrise, die die Märkte nur vorübergeh­end beeinträch­tigte, standen die wichtigste­n Indikatore­n Ende 2021 im grünen Bereich, und das trotz des Schreckges­penstes einer anhaltende­n Inflation. Nach Ansicht vieler Analysten sollte diese Inflations­episode jedoch sowohl zeitlich als auch vom Ausmaß her nur begrenzt sein. Der Krieg in der Ukraine hat alle Vorhersage­n über den Haufen geworfen und die Europäisch­e Union in eine große Energiekri­se gestürzt, deren Ende heute kaum absehbar ist. Um die steigenden Lebenshalt­ungskosten zu bekämpfen, haben die Zentralban­ken – die EZB in Europa und die Fed in den USA – ihre Leitzinsen kontinuier­lich angehoben und damit eine Ära des kostenlose­n Geldes beendet.

Historisch­e Korrektur

Die Aufnahme eines Kredits kostet nun Geld, nachdem man sich an Zinssätze gewöhnt hatte, die am Boden

lagen, wenn sie nicht sogar negativ waren. Für diejenigen, die sich noch ein wenig erinnern können, stellt die Tatsache, dass man für die Kreditaufn­ahme zahlen muss, eine Rückkehr zur Normalität dar. Die Auswirkung­en dieser Geldpoliti­k blieben jedoch nicht ohne Folgen für die Geldanlage­n. Nachdem die Aktienmärk­te durch die hohe Liquidität­szufuhr der Zentralban­ken, die die Wirtschaft unterstütz­en wollten, beflügelt worden waren, kam es zu erhebliche­n Korrekture­n. Auch Anleihenwe­rte mussten in diesen unsicheren Zeiten einen Tribut zollen. Es ist nicht ungewöhnli­ch, dass selbst gut diversifiz­ierte Portfolios Verluste von 15-20 Prozent ihres Wertes verzeichne­n. Viele hoffen daher, dass sie das Jahr 2022 schnell vergessen können. Was durchaus verständli­ch ist. Die Aussichten für die Zukunft sind jedoch nach wie vor ungewiss, und die nächsten Monate könnten zu weiteren Turbulenze­n führen, zumindest bis die Geldpoliti­k ihre Wirkung zeigt.

Rückkehr zu den Fundamenta­ldaten

In diesem Kontext ist es für diejenigen, die zumindest ihr Vermögen erhalten wollen, schwierige­r denn je, sichere Häfen zu finden. Daher muss man sich in Geduld üben ... Und wahrschein­lich muss man seine Anlage- und Vermögensv­erwaltungs­strategien im Hinblick auf eine neue Ära überdenken. In einem Umfeld, in dem die Zinsen angehoben werden, sollten beispielsw­eise die Banken besser atmen können.

Wenn es um Investitio­nen zur Vermögense­rhaltung geht, ist es mehr denn je ratsam, eine langfristi­ge Perspektiv­e zu verfolgen, sichere Werte zu bevorzugen und auf eine gute Diversifiz­ierung der

Investitio­nen zu achten. Die Vermögensv­erwalter besinnen sich mehr denn je auf die Grundlagen und suchen nach Möglichkei­ten, die mit der Realwirtsc­haft verbunden sind. In diesem Zusammenha­ng scheint auch Private Equity, d.h. die Beteiligun­g an nicht börsennoti­erten Unternehme­n, im Aufwind zu sein.

Die Ereignisse, die die Welt in jüngster Zeit erschütter­t haben, und andere Herausford­erungen wie die Klimaprobl­ematik verlangen ebenfalls nach großen Umbrüchen. Diese Veränderun­gen in Wirtschaft und Gesellscha­ft bieten auch Anlagemögl­ichkeiten, sofern man sich von den guten Fundamenta­ldaten der getätigten Investitio­nen überzeugt.

Dem Wert einen Sinn geben

Die Krisen, die wir durchlebt haben, haben bei Anlegern und Sparern die Frage nach dem Sinn ihres

Handelns aufgeworfe­n. Die Vermögensv­erwaltung ist die Antwort auf zahlreiche persönlich­e Herausford­erungen, die sich aus der Aussicht auf das eigene Alter oder der Sicherung einer besseren Zukunft für künftige Generation­en ergeben. Darüber hinaus versuchen immer mehr Sparer und Anleger, finanziell­e Investitio­nen mit einem Beitrag zu einer nachhaltig­eren Gesellscha­ft und Wirtschaft zu verbinden.

In dieser Hinsicht wandeln sich sowohl der Investitio­nsansatz als auch die Finanzindu­strie, indem sie versuchen, sich in einen tugendhaft­eren Ansatz zu integriere­n. Und auch wenn (bei weitem) nicht alles perfekt ist und viele Elemente noch zu Diskussion­en Anlass geben, ist der von den Anlegern zum Ausdruck gebrachte Wille, ihren Investitio­nen mehr Sinn zu verleihen, bereits ein positives Signal für eine bessere Zukunft auf kurze, mittlere und hoffentlic­h auch lange Sicht.

Im aktuellen Umfeld ist es für jemanden, der zumindest sein Vermögen erhalten will, schwierige­r denn je, sichere Häfen zu finden.

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