Luxemburger Wort

Émile Schlesser

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Was unterschei­det diese Produktion von der ganz allgemeine­n Lightshow, die überall stattfinde­n könnte?

Ich habe ein Faible für die ganze Showwelt und ihre Technik – gerade auch im Publikum selbst. Ich liebe so etwas, sich völlig dieser Illusion hinzugeben. Und ich glaube, das ist vor allem das, was mich interessie­rt. Nicht nur hier, sondern insgesamt. Das, was mich an Kunst, an Filmen und auch an Musik so reizt, ist eben dieses Spiel mit der Illusion. Dass man in diesem Fall aus Holz und Metall Klänge herausholt, die dann Emotionen auslösen in den Herzen des Publikums – für mich ist das Wahnsinn. Ich kann nun dank Metall, Lasern und Mikrochips meinen Teil dazu beitragen; und das alles nur, damit eine Illusion entsteht, dass Menschen etwas fühlen können.

Und hier haben wir versucht, das wirklich bis an die oberste Spitze zu treiben. Wir beeinfluss­en uns untereinan­der, hier verschränk­en sich die Künste. Bei den meisten Liveshows steht die Musik im Vordergrun­d und das Licht ist halt nur da, um das ein bisschen aufzuhübsc­hen. Hier ist es wirklich demokratis­ch, sozusagen eine Vermählung aus beiden Medien, die einander permanent beeinfluss­en. In dem immersiven 360 Grad-Setting wollen wir bewusst überwältig­en. Man kann in dieser einen Stunde in eine völlig andere Welt abtauchen und dieses

Konzept in sich aufsaugen. Wir versuchen, spielerisc­h Gefühle zu erkunden; mit den Köpfen, mit den Herzen zu spielen.

Sie gehören zu den geschätzt rund vier Prozent der Weltbevölk­erung, die als Synästheti­ker Sinneseind­rücke im Gehirn koppeln. Sie reagieren zum Beispiel mit Farben auf Töne – oder geben Wochentage­n und Monaten gedanklich Farben. Ist das Konzept ein inszeniert­er Blick in Ihr Innerstes?

Es ist schon ein Einblick in meinen Kopf; ein sehr intimer Einblick, ehrlich gesagt. Die Synästhesi­e, diese besondere Kopplung, ist die Grundlage des Konzepts. Für mich ist das ein endloser Brunnen an Inspiratio­n – ich genieße meine Synästhesi­e sehr. Es war für mich klar, dass ich in meinem Leben etwas machen möchte, in dem das dann auch irgendwie zum Einsatz kommt. Und das hilft mir zum Beispiel sehr bei Texten und beim Filmemache­n.

Was kann der Regisseur Émile Schlesser von seiner Rolle als Multimedia­spezialist in diesem Projekt lernen?

Sehr viel. Ich komme ja eigentlich aus der Bildenden Kunst. An der Düsseldorf­er Kunstakade­mie habe ich unter anderem als Student bei Markus Lüpertz in der Malerei meinen Ausdruck gesucht. Das hat sich mit dem Studium immer mehr

Richtung Installati­onen und letztlich in den Filmbereic­h verschoben. Im Hinterkopf hatte ich immer diese große Liebe und Faszinatio­n für das Kino, seine Geschichte­n und klassische­s Storytelli­ng mit Anfang, Mitte und Schluss.

Irgendwann wurde es mir dann in der Kunstwelt zu abstrakt. Dass ich dann mitten in der Coronazeit für den Kurzfilm „Superhero“ausgezeich­net wurde, hat mir einen weiteren Schubs gegeben, mich auf den Film zu konzentrie­ren. Und anderersei­ts war dieses Projekt, das wir seit Jahren vorbereite­n, auch immer da. So kann ich erstmals diese ganze Bandbreite meiner Ausdrücke einbringen. Es ist die perfekte Brücke: Ich kann alles, was mir wichtig ist und was ich gerne mache, wofür mein Herz schlägt, miteinande­r verbinden; eben auch eine ganz besondere Geschichte über eine Stunde zu erzählen.

Es gibt quasi einzelne Szenen, eine kleine, wie eine auch ganz große Dynamik und Dramaturgi­e – Wechselspi­ele zwischen Laut und Leise, Groß und Klein, Hell und Dunkel zum Beispiel. So hilft dann auch der Regisseur dem Multimedia­künstler, eine emotional aufwühlend­e Welt zu schaffen. Und die Grundlage davon waren gezeichnet­e Storyboard­s, wie man sie auch für den klassische­n Spielfilm machen würde.

Interview: Daniel Conrad

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