Gemischte Gefühle im Mutterland des Fußballs
Die WM sorgt für Kontroversen in Großbritannien. Ein Protest des englischen Teams gegen Homophobie blieb jedoch aus
Normalerweise ist die BBC von Zeremonien jeder Art begeistert. Aber als die FußballWeltmeisterschaft in Katar mit glamourösen Feuerspielen, Popmusik und allerhand Prominenz eröffnet wurde, zeigte sich der öffentlich-rechtliche Fernsehsender völlig uninteressiert. Anstatt dass die BBC die Eröffnung live übertrug, diskutierten die Moderatoren lieber über die Vorwürfe der Korruption gegen die FIFA, über das Verbot der Homosexualität in Katar, und über die Migranten, die beim Bau der Stadien zu Tode kamen. „‚Bleibt beim Fußball‘, sagte die FIFA. „Ja, das werden wir tun – wenigstens einige Minuten lang“, sagte Gary Lineker, bekanntester Fußball-Moderator der BBC.
Einfluss des Ölreichtums im englischen Fußball
Die Wochen vor dem ersten Spiel Englands standen ganz im Zeichen der Kontroversen, die über der Katar-WM hängen. Im Mutterland des Fußballs sind die Meinungen gespalten, und trotz allem Enthusiasmus für den Sport sind Vorbehalte gegen das Event in Katar sehr verbreitet. Eine Umfrage von letzter Woche hat beispielsweise ergeben, dass 78 Prozent der britischen Fußballfans es für inakzeptabel halten, internationale Sportevents in Katar abzuhalten. Eine deutliche Mehrheit befürwortet es zudem, wenn einzelne Spieler die mangelnden Menschenrechte und die Diskriminierung von Frauen und LGBTIQ-Menschen im Golfstaat öffentlich kritisieren. Die Debatten drehen sich auch um den Einfluss des Ölreichtums im heimischen Fußball. Die Premier-League-Clubs Manchester City und Newcastle United sind beide im Besitz des saudischen Staatsfonds. Die unbegrenzten finanziellen Möglichkeiten, die dies bietet, schaden laut Kritikern auch dem fairen Wettbewerb. „Niemand kann sich mit Manchester City messen“, sagte Liverpool-Trainer Jürgen Klopp kürzlich – der Club könne sich einfach die besten Spieler einkaufen, und niemand kann dagegen etwas ausrichten.
Eigentlich wollte die englische WM-Mannschaft in Katar zusammen mit anderen europäischen Teams eine Art Protest aufziehen. Kapitän Harry Kane plante, eine „One Love“Armbinde in den Regenbogenfarben anzuziehen – aber nachdem die FIFA mit Sanktionen gedroht hatte, gab der englische Fußballverband klein bei, Kane trug zum Auftaktspiel gegen den Iran am Montag das FIFA-bewilligte Stück Stoff. Das „One Love“-Symbol war aber für die britischen Zuschauer dennoch zu sehen: Die ehemalige Fußballerin Alex Scott, die die England-Partie für die BBC kommentierte, stellte die Binde an ihrem linken Arm stolz zur Schau.