Gegen Grünfärberei helfen nur klare Regeln
Die Finanzbranche gibt sich einen grünen Anstrich. Jeder zweite europäische Investmentfonds bezeichnet sich selbst inzwischen als „nachhaltig“. Das klingt nach guten Nachrichten: für den Planeten, der zu seiner Rettung hunderte Billionen Euros an frischem Kapital braucht, für die Anleger, die etwas Gutes tun und gleichzeitig Geld verdienen möchten, und schließlich auch für die Finanzfirmen, die höhere Gebühren für grünere Produkte kassieren und gleichzeitig ihr Image aufpolieren können.
Aber wie schon Kermit der Frosch sang: „Es ist nicht einfach, grün zu sein.“Denn mit zunehmendem Interesse an nachhaltigen Anlagemöglichkeiten sehen sich die Investmentgesellschaften auch immer häufiger mit Vorwürfen des „Greenwashing“konfrontiert. Jetzt ergab eine Recherche internationaler Zeitungen, an der auch das Luxemburger Wort beteiligt war, dass die Finanzfirmen ihre Fonds grüner machen als sie tatsächlich sind.
Vier von zehn der sogenannten Kapitel-9-Fonds in Luxemburg, der höchsten Kategorie der nachhaltigen Anlageprodukte in Europa, investieren demnach weiterhin in Unternehmen wie RWE oder Total, die einen erheblichen Teil ihres Geldes mit fossilen Energien verdienen.
Treibt die Fondsanbieter also die klischeehafte Geldgier dazu, Grünfärberei in großem Stil zu betreiben? So einfach ist es nicht. Tatsächlich deutet die Recherche eher auf eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit grünen Produkten hin. Wie sie ihre Produkte auf der Skala der Nachhaltigkeit verorten, ist ihnen mehr oder weniger selbst überlassen. Die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR), die die EU im vergangenen Jahr verabschiedete, bietet nur eine sehr grobe Orientierung. Das Resultat ist ein Wust von selbst gestrickten Definitionen, wann Finanzgesellschaften ihren Produkten das Label „grün“, „dunkelgrün“oder „grau“geben. Auch die neue EU-Taxonomie hat das nicht grundlegend geändert.
Diese Ratlosigkeit betrifft offenbar auch die nationalen Regulierungsbehörden, die die Regeln durchsetzen müssen. Verschiedene Aufseher beklagten, die europäischen Vorgaben seien nicht hinreichend klar und ließen zu viel Raum für unterschiedliche Auslegungen. Die luxemburgische CSSF merkte an, dass es schon keine einheitliche Definition für Greenwashing auf europäischer Ebene gebe.
Diese Halbherzigkeit beim Regelmachen wird aber zum Problem, wenn desillusionierte Anleger sich vom grünen Investments abwenden. Um das Vertrauen der Investoren zu erhalten, muss den Fondsanbietern absolute Transparenz abverlangt werden. Gleichzeitig müssen die Gesetzgeber auf europäischer Ebene einen eindeutigen Rechtsrahmen schaffen, an dem die Unternehmen sich orientieren können. Man kann der Finanzbranche kaum Greenwashing vorwerfen, wenn unklar bleibt, was das eigentlich bedeutet.
Gesetzgeber müssen einen eindeutigen Rechtsrahmen schaffen.
Kontakt: thomas.klein@wort.lu