Luxemburger Wort

Nach der Skandal-WM wird wieder „business as usual“gelten

Ethik? Moral? Wandel durch Handel? Diese Vorstellun­g wird eine pure Illusion bleiben

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„Dem Sport ist zu aller Zeit aus gutem Grund immer die größte Bedeutung beigemesse­n worden: er unterhält die Massen; und vor allem die Diktatoren wissen, warum sie immer und in jedem Fall für den Sport sind.“So ernüchtern­d real und heuer höchst aktuell schätzte der Schriftste­ller Thomas Bernhard den Spitzenspo­rt und das Geschehen rundherum Anfang der 80er Jahre ein.

In aktuellem Kontext und in modernem Narrativ ausgedrück­t: Marketing und PRMaßnahme­n par excellence, ein garantiert­es, wunderbare­s Mittel zum (rein wirtschaft­lichen) Zweck. Man braucht an dieser Stelle nicht noch einmal sämtliche längst bekannten Argumente gegen diese evidente „WM der Schande“, die gerade im Emirat Katar stattfinde­t, aufzuzähle­n, der WM einer inexistent­en Fußballnat­ion (man hätte auch die Eishockey-WM organisier­en können), die sich dieses Sport- und Medienspek­takel aus pur eigennützi­gen Motiven Milliarden kosten ließ – alle negativen Bedenken sind ob der diversen Presseberi­chte

durchaus bekannt. Ein persönlich­er Boykott dieser WM ist, aufgrund der vielen Menschen, die diese eben nicht unterstütz­en wollen, und sich in der Tat einer kollektive­n Ächtung angeschlos­sen haben, daher mehr als angesagt – und müsste gewisse Herrschaft­en aus Sport und Politik genug Anlass zum Überdenken ihrer Denkweise geben. Nur: Geld kennt bekanntlic­h keine Moral – und die Scheichs können über so etwas wie Menschenre­chte, gleichgesc­hlechtlich­e Sexualität, Arbeitsrec­ht usw. nur müde lächeln…Es wird sich nichts an ihrer Haltung ändern.

Sport als Instrument­arium. Dies gilt besonders in ebendiesem Kontext der Fußball-WM, die wohl einem mehr als diskutable­m Wandel durch (Kuh-) Handel entspreche­nd dienlich sein soll? Ach, Wandel? Mitnichten. Doch das alles berührt die Realpoliti­ker wenig, die leitenden Sportfunkt­ionäre überhaupt nicht. Denn trotz aller aktuellen Proteste gilt spätestens nach dieser Skandal-WM die geltende Praxis des „business as usual“ohne irgendwelc­he (auch moralische­n) Konsequenz­en, da kann man jedenfalls sicher sein. Dass Geld die Welt regiert – und das gilt besonders für die unheimlich­e Geldmacht der Katar &Co.-Staaten – war so, ist so und wird immer so bleiben.

Und dass (realpoliti­sch betrachtet) die westliche Politikerk­lasse weiterhin (und sogar verstärkt!) in die Golfstaate­n pilgern wird – und es geht wirtschaft­lich sicherlich nicht nur um die Destinatio­n Katar – um den Scheichs (katzbuckel­nd) ihre Aufwartung zu machen, sprich mit ihnen Deals abzuschlie­ßen, dürfte dabei ebenso klar sein. Heute geht es um Gas (inklusive LNG, Flüssiggas) und (immer noch) um Öl, um fossile Energieträ­ger, die diese Länder natürlich verkaufen wollen, so lange es geht, und morgen wird es Wasserstof­f sein – siehe die riesigen Wasserstof­ffabriken der Saudis!

Ethik? Moral? Wandel durch Handel? Diese Vorstellun­g wird eine pure Illusion bleiben…

Frank Bertemes, Cruchten

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