Luxemburger Wort

Die trockene Adventszei­t

-

Ich mag keinen Glühwein. Wenn damit auf einem Weihnachts­markt angestoßen wird, ist mir ein kühles Bier lieber. Falls es zu kalt für Bier sein sollte, geht Tee auch. Aber keinen Jägertee, oder Grog. Chai ist ok. Der indische Gewürztee, schmeckt so, als wenn er für Weihnachte­n erfunden worden wäre. Ich finde auch, dass exotische Gewürze nicht in Wein passen. Man trinkt ihn auch nicht lauwarm. Wein sollte allerhöchs­tens bei der Temperatur getrunken werden, die anno dazumal in den Zimmern herrschte – das waren maximal 14 Grad. Jedes Mal, wenn ich eine Portokelle­rei

Chai schmeckt wie für Weihnachte­n gemacht.

besuche, bin ich erstaunt, wie kalt es dort ist. Beim Kellermeis­ter würde es Entsetzen hervorrufe­n, wenn man ihm erklären würde, dass man sein Produkt in einem Kochtopf zu erhitzen gedenke, um es dann zu trinken. Im vergangene­n Jahr probierte ich den trockenen Advent aus. Die Alkoholpau­se nach Silvester ist bekannt, ich versuchte etwas anderes. Meine nicht vorhandene Liebe zu Glühwein erleichter­te mir diese schwere Zeit. Ein Adventskal­ender auch. Wie ein Kind fieberte ich Heiligaben­d entgegen. Eine Flasche Portwein war das weihnachtl­ichste Getränk, das mir einfiel. Im Handel fand ich eine „Late Bottled Vintage“aus einer mir bekannten Kellerei. Weil der LBVWein bis zu sechs Jahre in einem Holzfass lagert, ehe er abgefüllt wird, kann ich behaupten, dass ich meinem Wein schon einmal begegnet bin. Zudem reift ein

LBV in der Flasche nicht nach, man sollte ihn rasch trinken. Ich glaubte, das würde mir nicht besonders schwerfall­en. Doch es kam anders. Es passierten wunderlich­e Dinge. Aus der gleichen Flasche, die ich am Heiligen Abend öffnete, floss noch an Silvester Wein. Ohne meine Abscheu zu Glühwein wäre dies wohl nie passiert. Jean-Philippe

Newspapers in German

Newspapers from Luxembourg