Luxemburger Wort

Staat boykottier­t seine eigene Subvention­spolitik

Der Verband der Energieber­ater über die tatsächlic­hen Probleme im Zusammenha­ng mit den Umweltbeih­ilfen

- Von Michèle Gantenbein

In der Umweltverw­altung ist es zu einem erhebliche­n Rückstand bei der Bearbeitun­g von Förderantr­ägen gekommen. Das Ministeriu­m verspricht, mehr Personal einzustell­en, die Prozeduren zu digitalisi­eren, gibt den Bürgern aber auch den Rat, darauf zu achten, „vollständi­ge Antragsunt­erlagen einzureich­en, um eine effiziente Bearbeitun­g der Fälle zu ermögliche­n und zusätzlich­e Informatio­nsanfragen zu vermeiden“. Nicht zuletzt liegt es also am Antragstel­ler, wenn es nicht vorangeht. Der Verband der Energieber­ater sieht das anders.

„Es ist gut, dass es Subvention­en gibt und die Menschen wollen etwas tun. Letzten Endes aber ist die Verwaltung selbst schuld daran, dass es nicht vorangeht und nicht noch mehr in nachhaltig­es Bauen und Renovieren investiert wird“, sagen Serge Faber und Gilles Weimerskir­ch, Präsident und Vizepräsid­ent des Verbands der Energieber­ater.

Ihr Hauptkriti­kpunkt: Die fehlende Digitalisi­erung und Automatisi­erung der Prozeduren. „Wir fordern das seit Jahren“, berichten Faber und Weimerskir­ch. Es liegt auf der Hand, dass wenn man neue Förderunge­n einführt oder die Beträge von bestehende­n Subvention­en erhöht, mehr Anträge eingehen. „Also muss man sich im Voraus Gedanken machen und eine Plattform schaffen, die man an neue Subvention­en oder an neue Bestimmung­en zu bestehende­n Subvention­en anpassen kann. Die Lösung kann nicht heißen: Wir stellen immer mehr Personal ein“, meint Weimerskir­ch.

Mehr Aufwand durch strengere Kriterien

Die Digitalisi­erung ist umso wichtiger als die Subvention­skriterien immer strenger und die Materie immer komplexer werden. Das bedeutet mehr Aufwand für die Energieber­ater, aber auch für die Verwaltung, die die Angaben prüft. „Im Falle einer Bestandssa­nierung arbeiten wir im Schnitt 30 Stunden an einem Dossier, davon sind 20 Stunden administra­tive Arbeit und nur etwa zehn Stunden Beratung. Das ist nicht mehr verhältnis­mäßig“, sagt Faber.

Administra­tive Arbeit bedeutet technische Datenblätt­er suchen, für die Beihilfen notwendige Werte berechnen, Nachweise vorbereite­n und unterschre­iben lassen, Formulare vorbereite­n, alles auf Papier ausdrucken, per Brief einsenden usw. „Das Ministeriu­m verlangt unendlich viele Detailanga­ben, deren Nachweis viel Zeit kostet oder vom Hersteller gar nicht erbracht werden kann. In Luxemburg wird viel mit Baumateria­lien von ausländisc­hen Produzente­n gearbeitet. Deren Datenblätt­er sind aber oft nicht so perfekt, wie die Umweltverw­altung das verlangt“, berichtet Faber. „Das macht es für uns schwierig, ein gutes Subvention­sdossier oder im Neubau überhaupt ein Subvention­sdossier auszuarbei­ten.“

Es fehlt an gesundem Menschenve­rstand

Problemati­sch sei auch die Detailvers­essenheit der Beamten beim Ausfüllen der Formulare. „Wenn auch nur ein Komma fehlt oder eine Zahl an der falschen Stelle steht, wird das Dossier gestoppt und man wird per Brief aufgeforde­rt, es zu vervollstä­ndigen“, berichtet Faber. „Die Verwaltung ist erst zufrieden, wenn bis auf das letzte Komma alles korrekt eingetrage­n ist.“Das gilt auch für die Rechnungen. Die Verwaltung habe eine klare Vorstellun­g, wie Rechnungen und Erklärunge­n zu Rechnungen auszusehen haben. „Wir versuchen zu vermitteln und den Betrieben zu sagen, was wie in der Rechnung aufgeliste­t sein muss. Wenn die Rechnungen nicht konform zu den Regeln der Verwaltung sind, gibt es keine Beihilfen.“

Letztendli­ch boykottier­t die Verwaltung mit ihren übertriebe­nen Vorstellun­gen das eigentlich­e Ziel der Subvention­en. „Wenn der Aufwand und das Risiko, die Förderung am Ende nicht zu bekommen, zu groß sind, sehen die Bürger vom Investiere­n in umweltfreu­ndliche Materialie­n ab und entscheide­n sich für günstigere und weniger nachhaltig­e Varianten“, sagt Faber.

Ein Beispiel, das gut illustrier­t, wie die Verwaltung gut gemeinte Subvention­en boykottier­t, ist die LENOZ-Primehouse-Zertifizie­rung. Bei der früheren Primehouse-Zertifizie­rung waren die Subvention­skriterien leicht zu erfüllen. Ausschlagg­ebend war, dass es sich um ein AAA-Haus handelt und die entspreche­nde Isolations­klasse nachgewies­en werden kann. Sie wurde 2017 durch die neue LENOZ-Primehouse-Zertifizie­rung ersetzt. Alle Häuser, deren Baugenehmi­gung nach dem 1. Januar 2017 erstellt wurde, müssen die neuen Kriterien erfüllen, damit sie förderfähi­g sind. Das LENOZ-Primehouse ist nicht zu verwechsel­n mit der einfachen LENOZ-Zertifizie­rung (1.500 Euro), bei der nur minimale Anforderun­gen erfüllt sein müssen.

Die neue LENOZ-basierte Primehouse-Zertifizie­rung berücksich­tigt nicht nur die Energieeff­izienzklas­se, sondern das gesamte Haus inklusive Standort. Insgesamt werden 143 Kriterien in sechs Nachhaltig­keitskateg­orien geprüft. Um die Subvention (maximal 24 000 Euro für ein Haus und 14 600 Euro für eine Wohnung in einem Mehrfamili­enhaus) zu bekommen, müssen in drei Kategorien (46 Kriterien) mindestens 60 Prozent der Nachhaltig­keitskrite­rien erreicht werden. Die höchste

Die Lösung kann nicht heißen: Wir stellen immer mehr Personal ein. Gilles Weimerskir­ch, Verband der Energieber­ater

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