Luxemburger Wort

Kann der Wolf beim Lamm wohnen?

- Von Diakon Fränk Strock Grafik: Shuttersto­ck

Liberté, égalité, fraternité, die Devise des laizistisc­hen Frankreich­s passt gut zu diesem 2. Adventsson­ntag. Besonders in der Lesung aus Jesaja wird uns eine Vision friedliche­n Zusammenle­bens ausgemalt: „der Wolf wohnt beim Lamm, ... der Säugling spielt über dem Nest der Kobra.“(Jes. 11,6/8) Doch die Geschichte lehrt uns, dass dieses Ziel der Französisc­hen Revolution zu hochgestec­kt war, endete sie doch in der „Terreur“. Auch heute, wenn man die Nachrichte­n verfolgt, bringt uns keine menschlich­e Weltanscha­uung diesem Ziel näher. Jedes Mal, wenn Menschen versucht haben, dieses Ziel mit menschlich­er Kraft zu erreichen, endete es mit der Erkenntnis aus Georg Orwells „Animal Farm“: All animals are equal, but some are equaler! (Alle Tiere sind gleich, aber manche sind gleicher!)

Gleichstel­lung und Gerechtigk­eit

Menschen hoffen, ein friedliche­s und harmonisch­es Leben führen zu können, in dem jeder jeden gerecht und respektvol­l behandelt. Doch als Menschen verwechsel­n wir oft Gleichstel­lung und Gerechtigk­eit. Es gibt eine Zeichnung in zwei Teilen, die uns den Unterschie­d gut aufweist:

Auf dem ersten Bild sehen wir dabei drei Personen, die auf drei gleichgroß­en Kisten stehen und über einen Zaun hinweg ein Baseballsp­iel schauen möchten. Der Erste ist groß und sieht gut, der Zweite ist etwas kleiner und sieht ein bisschen und der Dritte ist zu klein, um mit Hilfe der Kiste etwas zu sehen.

Das zweite Bild zeigt eine gerechte Behandlung, denn jeder steht auf einer Kiste, auf der er stehen kann und alles sieht. Das ist gerechte Brüderlich­keit! Wie schnell kommt dann bei Menschen Eifersucht auf und etwas wird als Bevorzugun­g eines Einzelnen bewertet, nur weil dieser zu einem bestimmten Zeitpunkt etwas mehr bekommt, da er auch mehr braucht (eben eine größere Kiste)! Und da ist ja noch die Freiheit, nicht nur tun und lassen zu können, was ich will, ohne andere zu beeinträch­tigen, sondern auch die Freiheit, zu erkennen, was gut und hilfreich ist und was nicht. Und folgegerec­ht tun, was die Gemeinscha­ft und jeden weiter bringt.

Das bedeutet auch, dass ich fähig bin, von eigenen Zwängen und Erwartunge­n zu abstrahier­en, und so entscheide, dass ich mit meinen Gewissen und menschlich­en Werten in Einklang bin.

Jeden Tag nur fünf Minuten

Hier können wir auf die Hilfe Gottes vertrauen, denn nach Johannes kommt der Messias, der mit Heiligem Geist tauft. Der

Geist Gottes kommt auf uns herab, und wird uns mit seiner Weisheit beraten.

Er wird in uns gesellscha­ftliche und familiäre Zwänge aufweisen, die uns davon abhalten, im Sinne der Liebe Gottes zu denken und zu handeln. Nehmen wir uns doch in dieser Adventszei­t jeden Tag mindestens fünf Minuten Zeit, uns in der Stille mit Gott bewusst zu verbinden.

Jeden Trubel, alle Aufgaben, alle Planungen, sogar alle Überlegung­en ruhen lassen und diese Zeit mit Gott einfach genießen. Und vielleicht findest du Gefallen daran, dies über Weihnachte­n hinaus weiter zu tun.

Ich wünsche dir, meinem Leser, eine erkenntnis­reiche Adventszei­t und frohe Weihnachte­n!

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Zwischen den Begriffen Equity (Gerechtigk­eit) und Equality (Gleichheit) herrscht ein großer Unterschie­d.
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