Filmkritik
„Vortasten“– das ist das Stichwort, das vielleicht am besten zu dem mit kleinem Budget produzierten Filmprojekt „Zeréck“rund um den Luxemburger Filmemacher und Drehbuchautor Frédéric Zeimet passt. Denn nicht nur in der Interaktion und in den Dialogen um die beiden im Fokus stehenden jungen Helden Camille und Thomas steckt ein immer tieferes Vortasten; hier konkret hinter die Fassaden des jeweiligen Gegenübers und in die Vergangenheit der Beiden.
Es ist auch ein weiteres Vortasten Zeimets selbst hin zur Position des Regisseurs und eigenverantworteten längeren filmischen Arbeiten. Das fügt sich so als
Projekt jenseits des Webserie „W.“und dem Kurzfilm „Cowboy“Stück für Stück in die Weiterentwicklung des 39-Jährigen ein. Demnächst soll dann mit „Chevalier“ein weiterer Kurzfilm unter seiner Regie folgen. Und parallel tauchen rund um seine Person erste Fingerzeige seiner Arbeit als Drehbuchautor der Samsa-Großproduktion „Läif a Séil“auf, einem luxemburgischen Western mit dem Hauptdarsteller Luc Schiltz in der Regie von Loïc
Tanson. Tanson übernahm bei „Zeréck“den Schnitt.
Zeimet, der auf Mentoren wie Luc Dardenne verweisen kann, zeigt so seinen Willen zu mehr in der Luxemburger Szene und die Stärke seines Netzwerks. Seine Arbeit in der Regie hat zudem sicher auch Einfluss auf den Drehbuchschreiber Zeimet, der damit die Umsetzung selbst noch besser versteht – und auch die damit verbundenen Probleme.
Aus dem Cast der TV-Serie „Comeback“, einer der ersten öffentlich breiter bekannt gewordenen Drehbucharbeiten von Zeimet, ist dann auch Konstantin Rommelfangen für eine der beiden Hauptrollen von „Zeréck“dabei. Das neue und bisher noch in Luxemburg viel zu unbekannte Gesicht an seiner
Seite ist das von Dorothée Neff. Die beeindruckende künstlerische und sprachliche Breite der Schauspielerin wird ihr sicher noch sehr viele Türen im Business öffnen können. „Zeréck“ist für sie ein Vortasten in die Luxemburger Filmbranche; und Zeimet gibt ihr mit dem Film ein Forum, wozu sie auf der Leinwand fähig sein könnte.
Das ist mehr als ein Duo in Nöten
Dem von den beiden dargestellten Duo in Nöten geht er als Regisseur auf die Spur. Von einer Hochzeit, auf der die beiden zunächst kein Wort gewechselt haben, wird ein gemeinsamer Weg zum Hotel. Was steckt dahinter? Wollten sie sich wirklich eigentlich nicht begegnen? Aus einem Ablehnen, harter Distanz, schelmischer Neckerei und der Aufarbeitung der Missverständnisse aus der Vergangenheit wird mehr. Luxemburgs „erste Romantic Comedy“sei das, so das Team.
Und die zu drehen, war eben auch ein Vortasten in der Coronazeit mit erschwerten Bedingungen: Was war überhaupt noch an Filmarbeit möglich? Wie konnte die Arbeit mit einem auf das Wesentlichste reduzierte Luxemburger Team im Großherzogtum stattfinden? Helfen die leergefegten Straßen und Gassen sogar, den Fokus zu verstärken und die inneren Gefühle des Paares oder Sehnsucht nach mehr oder einem anderen Leben darzustellen? In drei Nächten reinem Außendreh wurde das Material erarbeitet; weihnachtliches Kolorit mit Schnee inklusive.
Im Kino hat der Film nun eine Länge von 50 Minuten. Der rote Faden ist dabei szenisch – und grob geschätzt zeitlich recht ähnlich zur Filmlänge – die Wegstrecke von Neimënster in Grund bis auf die Place de l’Europe in Kirchberg zu Fuß; eigentlich ein großer Umweg, aber dafür an markanten Punkten der Altstadt entlang. Die Kameraführung erzeugt dabei den Eindruck des stillen Begleiters der Beiden.
Ein Begleiter, der mal ein Stück vorgeht und wartet, das Paar vorbeiziehen lässt, oder mit ihm verharrt und Pause macht – und ihren intensiven Dialog verfolgt. Das Wackeln der Kamera und die Bewegung verstärken den Eindruck. Dabei ist der Fluss eher ruhig; fast so ruhig wie die Stille der Drehorte zwischen Altstadt und Kirchberg in tiefster Nacht. Ein perfekter Film zur Winterzeit – und vielleicht auch für ein Date, bei dem man schon immer der/dem anderen sagen will, dass man sie/ihn liebt. Dann fehlt jetzt nur noch das Vortasten des Publikums ins Kino.