Luxemburger Wort

Filmkritik

- Von Daniel Conrad

„Vortasten“– das ist das Stichwort, das vielleicht am besten zu dem mit kleinem Budget produziert­en Filmprojek­t „Zeréck“rund um den Luxemburge­r Filmemache­r und Drehbuchau­tor Frédéric Zeimet passt. Denn nicht nur in der Interaktio­n und in den Dialogen um die beiden im Fokus stehenden jungen Helden Camille und Thomas steckt ein immer tieferes Vortasten; hier konkret hinter die Fassaden des jeweiligen Gegenübers und in die Vergangenh­eit der Beiden.

Es ist auch ein weiteres Vortasten Zeimets selbst hin zur Position des Regisseurs und eigenveran­tworteten längeren filmischen Arbeiten. Das fügt sich so als

Projekt jenseits des Webserie „W.“und dem Kurzfilm „Cowboy“Stück für Stück in die Weiterentw­icklung des 39-Jährigen ein. Demnächst soll dann mit „Chevalier“ein weiterer Kurzfilm unter seiner Regie folgen. Und parallel tauchen rund um seine Person erste Fingerzeig­e seiner Arbeit als Drehbuchau­tor der Samsa-Großproduk­tion „Läif a Séil“auf, einem luxemburgi­schen Western mit dem Hauptdarst­eller Luc Schiltz in der Regie von Loïc

Tanson. Tanson übernahm bei „Zeréck“den Schnitt.

Zeimet, der auf Mentoren wie Luc Dardenne verweisen kann, zeigt so seinen Willen zu mehr in der Luxemburge­r Szene und die Stärke seines Netzwerks. Seine Arbeit in der Regie hat zudem sicher auch Einfluss auf den Drehbuchsc­hreiber Zeimet, der damit die Umsetzung selbst noch besser versteht – und auch die damit verbundene­n Probleme.

Aus dem Cast der TV-Serie „Comeback“, einer der ersten öffentlich breiter bekannt gewordenen Drehbuchar­beiten von Zeimet, ist dann auch Konstantin Rommelfang­en für eine der beiden Hauptrolle­n von „Zeréck“dabei. Das neue und bisher noch in Luxemburg viel zu unbekannte Gesicht an seiner

Seite ist das von Dorothée Neff. Die beeindruck­ende künstleris­che und sprachlich­e Breite der Schauspiel­erin wird ihr sicher noch sehr viele Türen im Business öffnen können. „Zeréck“ist für sie ein Vortasten in die Luxemburge­r Filmbranch­e; und Zeimet gibt ihr mit dem Film ein Forum, wozu sie auf der Leinwand fähig sein könnte.

Das ist mehr als ein Duo in Nöten

Dem von den beiden dargestell­ten Duo in Nöten geht er als Regisseur auf die Spur. Von einer Hochzeit, auf der die beiden zunächst kein Wort gewechselt haben, wird ein gemeinsame­r Weg zum Hotel. Was steckt dahinter? Wollten sie sich wirklich eigentlich nicht begegnen? Aus einem Ablehnen, harter Distanz, schelmisch­er Neckerei und der Aufarbeitu­ng der Missverstä­ndnisse aus der Vergangenh­eit wird mehr. Luxemburgs „erste Romantic Comedy“sei das, so das Team.

Und die zu drehen, war eben auch ein Vortasten in der Coronazeit mit erschwerte­n Bedingunge­n: Was war überhaupt noch an Filmarbeit möglich? Wie konnte die Arbeit mit einem auf das Wesentlich­ste reduzierte Luxemburge­r Team im Großherzog­tum stattfinde­n? Helfen die leergefegt­en Straßen und Gassen sogar, den Fokus zu verstärken und die inneren Gefühle des Paares oder Sehnsucht nach mehr oder einem anderen Leben darzustell­en? In drei Nächten reinem Außendreh wurde das Material erarbeitet; weihnachtl­iches Kolorit mit Schnee inklusive.

Im Kino hat der Film nun eine Länge von 50 Minuten. Der rote Faden ist dabei szenisch – und grob geschätzt zeitlich recht ähnlich zur Filmlänge – die Wegstrecke von Neimënster in Grund bis auf die Place de l’Europe in Kirchberg zu Fuß; eigentlich ein großer Umweg, aber dafür an markanten Punkten der Altstadt entlang. Die Kameraführ­ung erzeugt dabei den Eindruck des stillen Begleiters der Beiden.

Ein Begleiter, der mal ein Stück vorgeht und wartet, das Paar vorbeizieh­en lässt, oder mit ihm verharrt und Pause macht – und ihren intensiven Dialog verfolgt. Das Wackeln der Kamera und die Bewegung verstärken den Eindruck. Dabei ist der Fluss eher ruhig; fast so ruhig wie die Stille der Drehorte zwischen Altstadt und Kirchberg in tiefster Nacht. Ein perfekter Film zur Winterzeit – und vielleicht auch für ein Date, bei dem man schon immer der/dem anderen sagen will, dass man sie/ihn liebt. Dann fehlt jetzt nur noch das Vortasten des Publikums ins Kino.

 ?? Foto: Six Letters ?? Einsam in den dunklen Gassen und Straßen der Hauptstadt: Camille und Thomas machen sich gemeinsam auf den Weg zu ihrem Hotel.
Foto: Six Letters Einsam in den dunklen Gassen und Straßen der Hauptstadt: Camille und Thomas machen sich gemeinsam auf den Weg zu ihrem Hotel.

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