BMW lädt zum privaten Kinoerlebnis in Lounge-Atmosphäre ein
Mit dem i7 setzt der bayrische Automobilhersteller ein Zeichen gegen den vorherrschenden SUV-Trend – und überrascht mit allerlei technischen Spielereien und einzigartigen bis skurrilen Sinneseindrücken
Eine Oberklasse-Limousine, die im wahrsten Sinne des Wortes raumgreifend ist? Ist das noch zeitgemäß? Ja, denkt man zumindest bei BMW: Neben den gigantischen SUVs, mit denen nicht nur die Bayern, sondern auch alle anderen Hersteller mittlerweile die Straße verstopfen, haben auch Limousinen noch eine Daseinsberechtigung – vor allem dann, wenn sie, wie der neue i7, vollelektrisch daherkommen. Und auch selbst dann, wenn sie noch ein wenig länger und breiter sind als die Vorgänger.
Der neue 7er von BMW wird ab sofort nicht mehr nur mit konventionellen oder Hybrid-Antrieben, sondern auch als reine E-Variante angeboten: als i7 – genauer gesagt BMW i7 xDrive60, mit Allradantrieb und zwei Elektro-Motoren, die es insgesamt auf 400 kW beziehungsweise 544 PS bringen (max. Drehmoment: 745 Nm).
Sanfter Riese auf vier Rädern
Wie gut die Pferdestärken den Wagen vorantreiben, konnte die Redaktion bei einer Probefahrt rund um Palm Springs testen, auf kerzengeraden Highways und Landstraßen, die mitten durch den Joshua Tree National Park führen: Der Wagen liegt wie eine Eins auf der Straße, die Lenkung reagiert schnell. Der i7 vermittelt selbst bei kurviger Verkehrsführung ein Sicherheitsgefühl, das seinesgleichen sucht. Einmal mit dem Fuß auf das Gaspedal getippt und schon beschleunigt der Wagen wie gewünscht – und gleitet sanft und beinahe lautlos vor sich hin. Die 2,7 Tonnen, die der i7 auf die Waage bringt, sind dabei kaum zu spüren ... als wäre der elektrische Riese eine Feder im Fahrtwind.
Ein Leistungssportler ist der Wagen aber nicht. Und er will es auch nicht sein.
Ein Leistungssportler ist der Wagen aber nicht. Und er will es auch irgendwie nicht sein: Der Sprint von 0 auf 100 wäre bei optimalen Bedingungen in 4,7 Sekunden möglich, die Spitze liegt bei 240 km/h. Aber den Wettlauf haben Fahrerinnen und Fahrer des i7 wohl eh nicht im Sinn. Sie wollen sicher ans Ziel kommen, etwa an einen Ort, der 590 bis 625 Kilometer weit entfernt sein darf (mit Unterstützung der Rekuperation ist diese Reichweite möglich).
Begeistern wollen die Bayern aber nicht nur mit den Top-Fahreigenschaften oder den zahlreichen modernen Assistenzsystemen: Innen werden Fahrerin oder Fahrer mit „multisensorischem Entertainment“betüdelt, auf einem 14,9 Zoll großen Curved Display, einer Lichtleiste – genannt Interaction Bar –, die an kunterbunte Disco-Interieurs erinnert, und mithilfe eines Panorama-Glasdachs namens Sky Lounge, das des Nächtens die Passagiere auf der Rückbank mit Lichteffekten zu bezirzen versucht. Wer möchte, kann seine Fahrkünste auch von dramatischen Sounds untermalen lassen, die von Hans Zimmer (ja: der Hans Zimmer) komponiert wurden. Der Tritt aufs Gaspedal wird so zum theatralischen Großereignis, zum melodischen Aufbäumen des rollenden Giganten – wobei dieser immer die Ruhe selbst bleibt.
Noch eindrucksvoller als diese teils überflüssigen Spielereien ist natürlich nur der gigantische „Fernseher“im Fond: ein 31,3 Zoll großer Theatre Screen, auf dem unter anderem Filme für Unterhaltung sorgen. Und nicht zu vergessen: Die 5,5 Zoll großen Touchdisplays in den hinteren Türen, über die etwa Sitze und Klimaanlage eingestellt sowie der Theatre Screen bedient werden können – was im Test auch hervorragend funktionierte.
Business-Lounge mit XXL-TV
Wer es bequem mag, kann natürlich auch vom Executive-Lounge-Erlebnis profitieren: Der Beifahrersitz fährt von allein nach vorne, der hintere rechte Sitz verwandelt sich in eine Liege für nicht allzu große Passagiere. Perfekt für gestresste Geschäftsleute – zumindest dann, wenn man nicht selbst hinterm Steuer sitzen muss. Auf der Testfahrt mit Kollegen kann man sich diesem Erlebnis natürlich problemlos hingeben. Fährt man jedoch selbst, bleiben der Lounge-Sitz und der Theatre Screen Gimmicks ohne Sinn und Zweck. Wer ein Selfie (auch das ist möglich) machen will, muss halt doch hinten einsteigen.
Ja, und das muss man selbst bei BMW zugeben: Dies wird wohl vor allem die asiatische oder besser gesagt chinesische Kundschaft tun, die im Fall der 7er-Reihe auch jünger als die europäische ist. Im Fernen Osten lässt man sich in Luxuslimousinen halt eher umherfahren. Was eigentlich schade ist: Einen Wagen für mindestens 133 341,30 Euro – je nach Konfigurierung und Farbwahl (für die Two-Tone-Lackierung werden zusätzlich rund 11 800 Euro fällig) –, den will man doch selbst zum Rollen bringen. Zumindest einmal, um dabei den entgegenkommenden SUV-Fans von weiter unten in die Augen zu schauen.