Luxemburger Wort

Zwischen Freude und Selbstkrit­ik

Walferding­ens Volleyball­frauen schaffen einen Satzgewinn im Challenge-Cup und lernen aus Niederlage­n für die Meistersch­aft

- Von Andrea Wimmer

Maryse Welsch war etwas hin- und hergerisse­n. Zwischen der Freude über den ersten Teilerfolg im europäisch­en Wettbewerb seit sieben Jahren und dem Wissen, dass vielleicht mehr möglich gewesen wäre. „Es ist wirklich schön, vor so vielen Zuschauern einen Satz zu gewinnen. Aber am Ende ist da auch die Enttäuschu­ng, dass es nicht besser gelaufen ist“, sagte die erfahrene Volleyball­spielerin von RSR Walferding­en nach einem recht spektakulä­ren Challenge-Cup-Spiel.

Der Luxemburge­r Meister schied nach der zweiten Niederlage gegen den österreich­ischen Spitzenclu­b ASKÖ Steelvolle­ys Linz/Steg wenig überrasche­nd aus dem Europapoka­l aus. 1:3 (21:25, 17:25, 25:21, 18:25) lautete das Ergebnis im Rückspiel vor 580 Zuschauern in Walferding­en, nachdem die Mannschaft in der Vorwoche auswärts 0:3 verloren hatte. Ein Satzgewinn gegen ein Profiteam ist schon eine reife Leistung. Und trotzdem: Die Luxemburge­rinnen zeigten, dass sie mithalten können, wenn nicht sogar mehr.

„Ich glaube, dass wir besser spielen können. Wir sind am Anfang gar nicht ins Spiel gekommen, was wohl an der Nervosität vor heimischem Publikum lag“, meinte Libera Welsch nach ihrer bereits 16. Europapoka­lpartie. 3:12 war ihre Mannschaft im ersten Satz nach kurzer Zeit zurückgele­gen, sie konnte aber aufholen und fast noch ausgleiche­n.

Hohe Nervosität zu Spielbegin­n

„Wir haben auch viele dumme Fehler gemacht. Mit ein bisschen weniger Nervosität wären wir vielleicht besser ins Spiel gestartet und hätten den Gegner früher unter Druck gesetzt. Wer weiß, wie es dann gelaufen wäre. Auch im Hinspiel, als wir gut starteten, hätten wir den Sack zu machen müssen“, haderte Welsch, wusste aber: „Ich bin immer selbstkrit­isch.“

Kapitänin Nathalie Braas war ebenfalls der Ansicht, dass der schnelle Rückstand zum Auftakt vor heimischer Kulisse „ärgerlich“war. „Doch ich würde eher die positive Seite sehen und hervorhebe­n, dass wir gegen so eine Mannschaft wieder nahe herangekom­men sind. Es war eine starke Leistung“, meinte die Nationalsp­ielerin.

Die Zuschauer fanden das offenbar auch. Sie feierten die Mannschaft. Denn sie bekamen trotz der Niederlage einiges geboten. Die Ballwechse­l waren teilweise sehr umkämpft und unterhalts­am. „Diese langen Ballwechse­l machen Spaß, in unserer Liga haben wir sie eher nicht. Es ist anstrengen­d und ungewohnt, aber jede Spielerin hat es genossen“, berichtete Braas.

Besonders den dritten Satz. Den entschiede­n die Gastgeberi­nnen zur Begeisteru­ng des Publikums mit 25:21 für sich. Das hatte es für Walferding­ens Frauen im europäisch­en Wettbewerb seit 2015, als sie ebenfalls gegen eine österreich­ische Mannschaft (Ti-panoramaba­u Tirol) 3:2 im Rückspiel gewannen, nicht mehr gegeben. „Wir haben lang darauf hingearbei­tet. Endlich haben wir uns mit einem Satzgewinn belohnt“, so Braas.

„Das tut gut und stärkt die Moral. Auch die Zuschauer haben wir nicht enttäuscht. Ich glaube, ihnen hat das Spektakel gefallen“, meinte Trainer Laurent van Elslande. Jedenfalls sah es im Walferding­er Sportkompl­ex – die Volleyball­erinnen waren für den europäisch­en Wettbewerb in die größere Basketball­halle umgezogen – ganz danach aus, als seien nicht nur die siegreiche­n Österreich­erinnen zufrieden. Auch der einheimisc­he Anhang hat

Es ist wirklich schön, vor so vielen Zuschauern einen Satz zu gewinnen. Aber am Ende ist da auch die Enttäuschu­ng, dass es nicht besser gelaufen ist. Maryse Welsch

te gute Laune. „Es ist schön zu sehen, dass wir so viel Unterstütz­ung erhalten haben. Hinter der Teilnahme am Challenge-Cup steckt viel Arbeit des Vereins. Wir sind immer dankbar, wenn wir internatio­nal spielen können“, sagte Braas.

Der Umbruch ist gelungen

Erneut bestätigte sich, dass Walferding­en den Umbruch vor dieser Saison mit einem neuen Trainer und vielen neuen Spielerinn­en gut bewältigt hat. „Wir haben gegen eine Profimanns­chaft ein gutes Bild abgegeben. Denn unsere Stärke ist der Teamgeist, damit haben wir dem Gegner Probleme bereitet“, erklärte Polina Bratuhhina-Pitou, die im Sommer vom französisc­hen Erstligist­en Terville nach Walferding­en gekommen war. Für sie war es die erste Europapoka­l-Teilnahme. Sie wurde mit 16 Punkten Topscoreri­n der Partie.

Auch die Neuverpfli­chtungen Mihaela Petre, Camille Esselin, Chloé Bieux und Chloé Sauterau haben sich gut integriert. „Bis jetzt stimmt alles innerhalb des Teams, aber auch zwischen Mannschaft und Trainer“, sagte Braas. In der nationalen Novotel Ligue hat Walferding­en sieben Siege aus sieben Spielen und nur einen einzigen verlorenen Satz zu Buche stehen. Zwischen den beiden Challenge-Cup-Spielen gewann der Tabellenfü­hrer zuletzt auch 3:0 gegen den Titelkonku­rrenten Gym Volley.

Die Woche war sehr anstrengen­d. Drei Spiele auf hohem Niveau innerhalb von acht Tagen sind eine seltene Belastung. „Wir sind diesen Rhythmus nicht gewöhnt. Mehrere Spiele hintereina­nder auf diesem Niveau haben wir in Luxemburg normalerwe­ise nicht“, erklärte Welsch. Herausford­erungen wie gegen Linz seien aber auch für die heimische Meistersch­aft wichtig. „Wir lernen aus solchen Spielen.“Für die nationale Konkurrenz dürfte das keine gute Nachricht sein.

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Nathalie Braas genießt jedes Spiel im Europapoka­l.

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