Zwischen Freude und Selbstkritik
Walferdingens Volleyballfrauen schaffen einen Satzgewinn im Challenge-Cup und lernen aus Niederlagen für die Meisterschaft
Maryse Welsch war etwas hin- und hergerissen. Zwischen der Freude über den ersten Teilerfolg im europäischen Wettbewerb seit sieben Jahren und dem Wissen, dass vielleicht mehr möglich gewesen wäre. „Es ist wirklich schön, vor so vielen Zuschauern einen Satz zu gewinnen. Aber am Ende ist da auch die Enttäuschung, dass es nicht besser gelaufen ist“, sagte die erfahrene Volleyballspielerin von RSR Walferdingen nach einem recht spektakulären Challenge-Cup-Spiel.
Der Luxemburger Meister schied nach der zweiten Niederlage gegen den österreichischen Spitzenclub ASKÖ Steelvolleys Linz/Steg wenig überraschend aus dem Europapokal aus. 1:3 (21:25, 17:25, 25:21, 18:25) lautete das Ergebnis im Rückspiel vor 580 Zuschauern in Walferdingen, nachdem die Mannschaft in der Vorwoche auswärts 0:3 verloren hatte. Ein Satzgewinn gegen ein Profiteam ist schon eine reife Leistung. Und trotzdem: Die Luxemburgerinnen zeigten, dass sie mithalten können, wenn nicht sogar mehr.
„Ich glaube, dass wir besser spielen können. Wir sind am Anfang gar nicht ins Spiel gekommen, was wohl an der Nervosität vor heimischem Publikum lag“, meinte Libera Welsch nach ihrer bereits 16. Europapokalpartie. 3:12 war ihre Mannschaft im ersten Satz nach kurzer Zeit zurückgelegen, sie konnte aber aufholen und fast noch ausgleichen.
Hohe Nervosität zu Spielbeginn
„Wir haben auch viele dumme Fehler gemacht. Mit ein bisschen weniger Nervosität wären wir vielleicht besser ins Spiel gestartet und hätten den Gegner früher unter Druck gesetzt. Wer weiß, wie es dann gelaufen wäre. Auch im Hinspiel, als wir gut starteten, hätten wir den Sack zu machen müssen“, haderte Welsch, wusste aber: „Ich bin immer selbstkritisch.“
Kapitänin Nathalie Braas war ebenfalls der Ansicht, dass der schnelle Rückstand zum Auftakt vor heimischer Kulisse „ärgerlich“war. „Doch ich würde eher die positive Seite sehen und hervorheben, dass wir gegen so eine Mannschaft wieder nahe herangekommen sind. Es war eine starke Leistung“, meinte die Nationalspielerin.
Die Zuschauer fanden das offenbar auch. Sie feierten die Mannschaft. Denn sie bekamen trotz der Niederlage einiges geboten. Die Ballwechsel waren teilweise sehr umkämpft und unterhaltsam. „Diese langen Ballwechsel machen Spaß, in unserer Liga haben wir sie eher nicht. Es ist anstrengend und ungewohnt, aber jede Spielerin hat es genossen“, berichtete Braas.
Besonders den dritten Satz. Den entschieden die Gastgeberinnen zur Begeisterung des Publikums mit 25:21 für sich. Das hatte es für Walferdingens Frauen im europäischen Wettbewerb seit 2015, als sie ebenfalls gegen eine österreichische Mannschaft (Ti-panoramabau Tirol) 3:2 im Rückspiel gewannen, nicht mehr gegeben. „Wir haben lang darauf hingearbeitet. Endlich haben wir uns mit einem Satzgewinn belohnt“, so Braas.
„Das tut gut und stärkt die Moral. Auch die Zuschauer haben wir nicht enttäuscht. Ich glaube, ihnen hat das Spektakel gefallen“, meinte Trainer Laurent van Elslande. Jedenfalls sah es im Walferdinger Sportkomplex – die Volleyballerinnen waren für den europäischen Wettbewerb in die größere Basketballhalle umgezogen – ganz danach aus, als seien nicht nur die siegreichen Österreicherinnen zufrieden. Auch der einheimische Anhang hat
Es ist wirklich schön, vor so vielen Zuschauern einen Satz zu gewinnen. Aber am Ende ist da auch die Enttäuschung, dass es nicht besser gelaufen ist. Maryse Welsch
te gute Laune. „Es ist schön zu sehen, dass wir so viel Unterstützung erhalten haben. Hinter der Teilnahme am Challenge-Cup steckt viel Arbeit des Vereins. Wir sind immer dankbar, wenn wir international spielen können“, sagte Braas.
Der Umbruch ist gelungen
Erneut bestätigte sich, dass Walferdingen den Umbruch vor dieser Saison mit einem neuen Trainer und vielen neuen Spielerinnen gut bewältigt hat. „Wir haben gegen eine Profimannschaft ein gutes Bild abgegeben. Denn unsere Stärke ist der Teamgeist, damit haben wir dem Gegner Probleme bereitet“, erklärte Polina Bratuhhina-Pitou, die im Sommer vom französischen Erstligisten Terville nach Walferdingen gekommen war. Für sie war es die erste Europapokal-Teilnahme. Sie wurde mit 16 Punkten Topscorerin der Partie.
Auch die Neuverpflichtungen Mihaela Petre, Camille Esselin, Chloé Bieux und Chloé Sauterau haben sich gut integriert. „Bis jetzt stimmt alles innerhalb des Teams, aber auch zwischen Mannschaft und Trainer“, sagte Braas. In der nationalen Novotel Ligue hat Walferdingen sieben Siege aus sieben Spielen und nur einen einzigen verlorenen Satz zu Buche stehen. Zwischen den beiden Challenge-Cup-Spielen gewann der Tabellenführer zuletzt auch 3:0 gegen den Titelkonkurrenten Gym Volley.
Die Woche war sehr anstrengend. Drei Spiele auf hohem Niveau innerhalb von acht Tagen sind eine seltene Belastung. „Wir sind diesen Rhythmus nicht gewöhnt. Mehrere Spiele hintereinander auf diesem Niveau haben wir in Luxemburg normalerweise nicht“, erklärte Welsch. Herausforderungen wie gegen Linz seien aber auch für die heimische Meisterschaft wichtig. „Wir lernen aus solchen Spielen.“Für die nationale Konkurrenz dürfte das keine gute Nachricht sein.