Luxemburger Wort

Flavio Giannotte geht mit Rückenwind in die Olympia-Vorbereitu­ng

Nach einem Turniersie­g in Limpertsbe­rg kämpft der Luxemburge­r Degenfecht­er im kanadische­n Vancouver um Weltcup-Punkte

- Von Lutz Schinköth

Es war ein Sieg fürs Selbstvert­rauen – und auch ein internatio­nales Statement, das Flavio Giannotte an die Konkurrenz sendete. Der Sieg beim Tournoi U23 Internatio­nal des Escher Fechtclubs Escrime Sud am vergangene­n Sonntag in Limpertsbe­rg war selbst für das Luxemburge­r Aushängesc­hild im Degenfecht­en nicht selbstvers­tändlich.

Nach einem zweiten Platz bei einem der Kategorie B zugeordnet­en Turnier im deutschen Heidelberg Mitte Oktober bedeutete der Turniersie­g in der Heimat seinen ersten internatio­nalen Triumph überhaupt. „Das Erreichen der Top 16 war mein Ziel. Dass es jetzt die Goldmedail­le wurde, hatte selbst ich nie und nimmer erwartet“, sagt der 26-Jährige.

Bereits am Samstag hatte sich Giannotte richtig gut gefühlt, gewann in der Vorrunde alle sechs Gefechte und kämpfte sich einen Tag später von Match zu Match bis ins Finale durch. „Das Turnier hatte mit Fechtern, die bei Olympia und bei der WM dabei waren, durchaus gutes internatio­nales Niveau. Die Konkurrenz war groß, aber meine Fans haben mich durch den Tag gepusht, so dass ich auch in kniffligen Momenten meinen Stil durchbring­en konnte. Dass ich ausgerechn­et in Luxemburg gewonnen habe, hat spezielle Emotionen ausgelöst. Denn meine Familie und meine Frau waren da.“

Der 14:13-Sieg im Finale gegen seinen ewigen Rivalen Lucas Malcotti aus der Schweiz (43. der Weltrangli­ste) lässt Giannotte (107.) übernächst­es Wochenende (8. bis 11. Dezember) mit breiter Brust zum Weltcup ins kanadische Vancouver reisen.

Sturz in der Weltrangli­ste

Zunächst aber ließ der Degenfecht­er die vorige Saison kurz Revue passieren. „Die Europameis­terschafte­n schloss ich als 47. ab und bewegte mich bei der Weltmeiste­rschaft auf einem sehr guten 38. Platz, verpasste das 16er-Tableau aber knapp. Sieht man von diesen Resultaten ab, war die vergangene Saison eher enttäusche­nd. Da ich lediglich an vier Weltcups teilnahm und zwei weitere aufgrund von Corona verpasst habe, bin ich erstmals seit Jahren aus den Top 100 der Welt herausgefa­llen.“

Das Problem sei gewesen, wie Giannotte betont, dass „ich zu viel ins Ausland gereist bin, um zu trainieren, weil es in Luxemburg zu wenige Trainingsp­artner gibt“. In der neuen Saison, die seit September läuft, blieb beim ersten Weltcup im schweizeri­schen Bern ein akzeptable­s Ergebnis aus. „Das war eine Katastroph­e für mich, es lief gar nichts zusammen und ich habe einen schlechten Wettkampf gezeigt.“

Nach einem dem in Limpertsbe­rg gleichgest­ellten internatio­nalen U23-Turnier im französisc­hen Colmar Ende Oktober, als Giannotte Vierter wurde, „habe ich mich mit dem Sieg vom vergangene­n Sonntag

in Luxemburg richtig in die Saison gefochten“.

Die Vorbereitu­ng auf die Olympische­n Spiele 2024 in Paris sind indes auch finanziell abgesicher­t. „Soeben wurde der Sponsorenv­ertrag mit der luxemburgi­schen Investment­bank bis Ende 2024 verlängert. Das ist ein starkes Zeichen“, erklärt der Fechter. So könnte der 26Jährige auch an den zahlreiche­n Turnieren in Übersee teilnehmen, um sich für die ab April 2023 beginnende Olympia-Vorbereitu­ng in Position zu bringen.

„Dazwischen liegen einige Trainingsw­ochen, die ich überwiegen­d in Italien absolviere. Gut ist zudem, dass Michel Colling, der bis jetzt in Leverkusen als Trainer tätig war, etliche Trainingsi­nhalte übernimmt. In Luxemburg konzentrie­re ich mich auf Technik und Physis.“Wie Giannotte berichtet, führt er seit

September eine eigens ins Leben gerufene Trainingsg­ruppe mit Fechtern aus Deutschlan­d, Frankreich, Belgien und den Niederland­en an. „Wir trainieren einmal wöchentlic­h abwechseln­d in Esch und Thionville.“Giannotte lässt durchblick­en, dass „jeder künftige Weltcup zählt, um Punkte für die Weltrangli­ste zu generieren“. Ende April 2024, also im Olympiajah­r, wird dann ein einziges Ausscheidu­ngsturnier Klarheit darüber geben, wer nach Paris fährt. Nur der Sieger dieses Turniers qualifizie­rt sich.

Jenes Ausscheidu­ngsturnier für die Spiele 2021 in Tokio hatte der Luxemburge­r knapp verpasst. Ort und Zeitraum seien noch offen. Die Höhepunkte im nächsten Kalenderja­hr sind traditione­ll die EM Ende Juni in Polen sowie die WM einen Monat später im italienisc­hen Mailand. In Vancouver möchte Giannotte in die Top 16, Minimalzie­l ist das 64er-Tableau. „Dauerhaft noch konstanter in meinen Leistungen und Resultaten zu werden, ist ein weiteres großes Ziel. Jetzt freue ich mich auf Vancouver, es wird mein erster Weltcup überhaupt in Nordamerik­a sein. Den Sieg von Luxemburg möchte ich mental natürlich gerne mitnehmen.“

Im neuen Jahr geht es dann mit den Weltcups und Grand Prix in Doha (Januar), Heidenheim (Februar) und Budapest (März) weiter.

Dass ich ausgerechn­et in Luxemburg gewonnen habe, hat spezielle Emotionen ausgelöst. Flavio Giannotte

 ?? Foto: Stéphane Guillaume ?? Beim Tournoi U23 Internatio­nal des Escher Fechtclubs Escrime Sud lässt Flavio Giannotte die Konkurrenz hinter sich.
Foto: Stéphane Guillaume Beim Tournoi U23 Internatio­nal des Escher Fechtclubs Escrime Sud lässt Flavio Giannotte die Konkurrenz hinter sich.

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