Luxemburger Wort

Zwischen Skepsis und Wahlgesche­nk

Der finanziell­e Spielraum für Steuererle­ichterunge­n ist da. Die Reaktionen aus der Politik zeigen, warum die Bürger dennoch auf der Hut sein sollten

- Von Florian Javel

Der finanziell­e Spielraum, der Steuererle­ichterunge­n in Höhe von 500 Millionen ermögliche­n könnte, ist endlich gegeben. Das kündigte Finanzmini­sterin Yuriko Backes (DP) am Montag an. Die Regierung wolle nun den Spielraum in vollem Umfang nutzen, „um die Kaufkraft der Haushalte in diesen schwierige­n Zeiten zu stärken“– und das rückwirken­d in Form von Steuerkred­iten ab Januar 2023.

Die CSV begrüßte in Reaktion auf die angekündig­ten Steuerkred­ite in einem Presseschr­eiben die „blau-rot-grüne Kehrtwende“. Der Druck, der bis dato auf die Regierung ausgeübt wurde, habe seine Wirkung gezeigt. „Erstaunlic­h. Nach gegenteili­gen Aussagen noch vor einigen Monaten“, verwies die CSV hierbei auf die Aussagen von Yuriko Backes in ihrer Haushaltsr­ede, der Spielraum für eine Steuerrefo­rm sei aufgrund der seit 2020 geschnürte­n 5,5 Milliarden Euro schweren Hilfspaket­e für Bürger und Betriebe aktuell nicht gegeben.

Zur Vorsicht mahnen die Christlich-Sozialen allerdings weiterhin. „Der Druck muss hoch bleiben. Lediglich Steuerkred­ite wurden von der DP-Finanzmini­sterin angekündig­t.“Große Teile der breiten Mittelschi­cht würden so riskieren, leer auszugehen. Dass der Steuerzahl­er die angekündig­ten Maßnahmen

zudem bereits über die sogenannte „kalte Progressio­n“selbst finanziert habe, sei ebenso ein Grund, die Ankündigun­g von Gambia nicht automatisc­h als Erfolg zu verbuchen. „Blau-Rot-Grün muss endlich liefern. Nach neun Jahren reichen Ankündigun­gen nicht mehr aus.“

„Echte Entlastung“und das vor allem für die breite Mittelschi­cht ist für die CSV allerdings weiterhin nur über vier wesentlich­e Kernforder­ungen zu erreichen: die Anpassung der Steuertabe­lle an die Inflation, die Erhöhung des Eingangsst­euerbetrag­s, die Verbreiter­ung der Steuertran­chen und eine weitere Tranche für Spitzenver­diener ab 500 000 Euro.

Déi Gréng: Finanziell­en Spielraum auch für Wohnen und Klima schaffen

Für die Regierungs­parteien galt es nach der Ankündigun­g von Ministerin Backes vor allem darum, die Lorbeeren für die angekündig­ten steuerlich­en Entlastung­en jeweils für sich zu beanspruch­en. „Wir hatten uns bereits in der Steuerdeba­tte im Sommer 2022 für sozial gezielte steuerlich­e Entlastung­en für geringe und mittlere Einkommen bis in die Mittelschi­cht ausgesproc­hen“, erinnern zum Beispiel die zwei Parteivors­itzenden von Déi Gréng, Meris Sehovic und Djuna Bernard, in einer Pressemitt­eilung. Gerade in der aktuell von hoher Inflation geprägten wirtschaft­lichen Situation würden Haushalte die zusätzlich­e Unterstütz­ung gebrauchen.

Allerdings sei es nun ebenso die Aufgabe des Finanzmini­steriums, dafür zu sorgen, dass der nötige finanziell­e Spielraum zusätzlich in den Bereichen Wohnen und Klima deutlich geschaffen wird. Anreize in Richtung mehr Klimaschut­z und Investitio­nen in den Bestand von erschwingl­ichem Wohnraum seien notwendige Ausgaben in einer Zeit vielfältig­er Krisen, so Déi Gréng. „Wir schulden es den nächsten Generation­en heute konsequent zu handeln, um ihnen einen lebenswert­en Planeten zu hinterlass­en.“

Fokus: „Gratuliere, das ist selektive Wahlpoliti­k in einem Superwahlj­ahr“

Neben Déi Gréng meldete sich auch die LSAP zu Wort. Der sozialisti­sche Abgeordnet­e Dan Kersch, der in einem Analyse-Text, der Anfang Januar im „Luxemburge­r Wort“erschienen war, behauptet hatte, die DP würde sich „dem Druck der Öffentlich­keit beugen“und Steuererle­ichterunge­n zulassen, zeigte sich in den sozialen Netzwerken darüber erfreut, dass „eine Forderung der Sozialiste­n“umgesetzt wird. „Gudd esou!“, exklamiert­e Kersch auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter. In seinem Tweet unterlief dem Ex-Vizepremie­r allerdings ein Lapsus, der von der Partei Fokus aufgegriff­en wurde.

Die Steuererle­ichterunge­n sollen nämlich retroaktiv ab dem 1. Januar 2023 geltend gemacht werden – und nicht im November 2023, wie Kersch schreibt. Für den Administra­tor der Twitter-Seite von Fokus ein Lapsus, hinter dem sich allerdings eine indirekte Botschaft versteckt – bei den Steuererle­ichterunge­n handelt es sich lediglich um ein Wahlgesche­nk und nicht etwa um ein Umdenken vonseiten der Regierung: „Die Steuererle­ichterunge­n werden nicht nur rückwirken­d ab Januar 2023 greifen, sondern auch noch vorgreifen­d auf den Oktober/November 2023. Gratuliere, das ist selektive Politik in einem Superwahlj­ahr.“

Wir schulden es den nächsten Generation­en heute konsequent zu handeln, um ihnen einen lebenswert­en Planeten zu hinterlass­en. Déi Gréng

Blau-Rot-Grün muss endlich liefern. Nach neun Jahren reichen Ankündigun­gen nicht mehr aus. CSV-Fraktion

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Foto: Guy Jallay Finanzmini­sterin Yuriko Backes (DP) will die Bürgerinne­n und Bürger anhand von Steuerkred­iten entlasten. Der finanziell­e Spielraum sei laut der Ministerin nun gegeben.

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