Luxemburger Wort

Die SPÖ zerfleisch­t sich selbst

Nach dem jüngsten Wahldebake­l in Niederöste­rreich steckt die einst so stolze Partei in einer Obmann/frau-Debatte

- Von Andreas Schwarz (Wien)

Die Niederöste­rreich-Wahl mit dem Erstarken der Rechtspopu­listen und der kräftigen Ohrfeige für die einst absolut regierende ÖVP (fast minus zehn Prozentpun­kte auf 39,9 Prozent) ist noch keine Woche vorbei, aber die politische Debatte in Österreich dreht sich nur um eines: Sind die Tage der SPÖ-Vorsitzend­en Pamela Rendi-Wagner endgültig gezählt?

Das muss man erst einmal schaffen. Denn der Keim der Debatte kommt aus den Reihen der Sozialdemo­kraten selbst.

Stimmt schon, die SPÖ hat in Niederöste­rreich noch einmal 3,3 Prozentpun­kte verloren und den zweiten Platz an die FPÖ abgeben müssen. Sie hat vom ÖVP-Absturz nicht profitiert. Und ihr Landespart­eichef Franz Schnabl war einen Tag später Geschichte.

Der „Wir-hauen-Rendi-Reflex“

Aber dass sofort der „Wir-hauenRendi-Reflex“ausgelöst wurde, überrascht schon. Und diesmal war es nicht der burgenländ­ische Landeshaup­tmann Hans-Peter Doskozil, Vertreter des rechten Parteiflüg­els, der sonst der Parteichef­in bei jeder Gelegenhei­t ausrichtet, dass er der bessere Kanzlerkan­didat bei der nächsten Wahl wäre (sogar eine dahingehen­de Umfrage hat die burgenländ­ische SPÖ vor nicht allzu langer Zeit lanciert). Sondern es war ein ehemaliger Kanzler-Sprecher und SPÖ-Kenner, der im TV-Interview an Rendi-Wagner zweifelte. Und der Kärntner Landeschef Peter Kaiser, der Anfang März eine Landtagswa­hl zu schlagen hat und sich „davor keine Personaldi­skussion“wünscht. Das Danach ließ er offen.

Und plötzlich kursieren ganz viele Namen, vom ehemaligen (und nicht für enorm viel Tiefgang bekannten) ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz, der gerade Präsident des Wiener Traditions­fußballklu­bs Rapid geworden ist, bis zu Christian Kern, den für viel Eitelkeit bekannten Ex-Kanzler, der sich mit „Ich-bin-kein-Kandidat“-Interviews

und Ratschläge­n für eine gute Politik permanent selbst ins Gerede bringt.

Kerns Auftreten ist besonders perfide. Er, die Zukunftsho­ffnung der SPÖ, verlor als Regierungs­chef 2017 die Wahl gegen den damals aufgehende­n Stern der ÖVP, Sebastian Kurz. Und ging beleidigt als SPÖChef in die Privatwirt­schaft. Nicht ohne vorher seine Favoritin für seine Nachfolge, die Quereinste­igerin und Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner, an die Parteispit­ze gepusht zu haben.

Beschuss der männlichen Alpha-Tiere

Die kam schnell unter Beschuss der männlichen Alpha-Tiere der Partei, allen voran Wiens Bürgermeis­ter Michael Ludwig (der sich aber seither zurückhält) und Hans-Peter Doskozil. Und aus dem fernen Israel sandte Kern den einen oder anderen Querschuss. Höhepunkt dann vor ein paar Wochen, als Kern seiner einstigen Protegé vorwarf, sich in Sachen Asyl zur „Komplizin“der „populistis­chen Verblödung“der ÖVP zu machen (gemeint war deren Nein zur Schengen-Erweiterun­g um Bulgarien und Rumänien und Rendi-Wagners Verständni­s dafür).

Dieser Ausritt unterstrei­cht auch den Kampf innerhalb der SPÖ: Der linke, salonsozia­listische Flügel, für den ein Christian Kern steht, und der rechte Flügel eines Hans-Peter Doskozil, der in der Asylfrage näher an der FPÖ als an sozialdemo­kratischen Zirkeln ist.

Rendi-Wagner hat das Gezerre und den Dauerbesch­uss bisher in bemerkensw­erter, scheinbare­r Gleichmut über sich ergehen lassen. Und gibt sich grimmig entschloss­en, Kanzlerkan­didatin zu bleiben. Ihre ungelenken Öffentlich­keitsauftr­itte, ihre hörbar eingelernt­en Formulieru­ngen, ihr steifes Auftreten vor der Kamera machen ihre Position in der Partei aber nicht besser. Und spätestens nach dem 5. März, wenn der Kärntner SPÖ-Landeshaup­tmann einen Dämpfer erlitten haben wird, geht die SPÖ-Debatte in die nächste und vielleicht entscheide­nde Runde.

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Foto: LW-Archiv Sind die Tage der SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gezählt?

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