Luxemburger Wort

Christlich­es Zeugnis – nicht durch Überredung, sondern durch Geist und Kraft

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Der Jesuitenpa­ter Alfred Delp hat in seiner Todeszelle 1945 folgende Sätze in prophetisc­her Weitsicht und mit heute überrasche­ndem Aktualität­sbezug hinterlass­en: „Das Schicksal der Kirchen wird in der kommenden Zeit nicht von dem abhängen, was ihre Prälaten (und Bischöfe) und führenden Instanzen an Klugheit, Gescheithe­it, politische­n Fähigkeite­n usw. aufbringen … das alles ist überholt. Von zwei Sachverhal­ten wird es abhängen, ob die Kirche noch einmal einen Weg zu diesen Menschen finden wird. Erstens, wenn die Kirche der Menschheit noch einmal das Bild einer zankenden Christenhe­it zumutet, dann ist sie abgeschrie­ben… Der zweite Sachverhal­t meint die Rückkehr der Kirchen in die Diakonie, in den Dienst der

Menschheit, und zwar in einen Dienst, den die Not der Menschheit bestimmt... Damit meine ich das Nachgehen und Nachwander­n auch in den äußersten Verlorenhe­iten und Verstiegen­heiten des Menschen, um bei ihm zu sein… ,Geht hinaus‘ hat der Meister gesagt, und nicht ,Setzt euch hin und wartet, bis einer kommt‘.“*

Die Christenhe­it hatte immer und auch heute noch beeindruck­ende Menschen, die „Salz der Erde und Licht der Welt“waren und sind. Darauf kommt es an! Christen sind nicht aufgerufen, den Zeitgeist zu heiraten, sich allem anzupassen, was heute „in“ist. Wie aber können wir durch Geist und Kraft ein christlich­es Zeugnis geben?

Es lohnt sich die Worte des Apostels Paulus zu hören. Paulus ist sehr realistisc­h. Auch in der Gemeinde in Korinth gibt es Schwierigk­eiten. Überall wo eine christlich­e Gemeinde ist, gibt es Schwierigk­eiten.

Da wo eine Gemeinde nur eine Kuschelgru­ppe ist, ist irgendetwa­s falsch. Es muss Reibungspu­nkte in der Suche nach Wahrheit geben, nicht aber in persönlich­en Intrigen. Es muss um das Eigentlich­e geben. Paulus ist nicht redegewand­t. Er hatte nicht einfach eine tolle Idee, eine Superthese, die er in den Raum gestellt hat, sondern vielmehr geht es ihm als „nichts zu wissen außer Jesus Christus als den Gekreuzigt­en“. Warum? Weil Jesus Christus der Lebendige par excellence ist. Sonst bräuchten wir kein Christentu­m!

Oft ist es so, wenn wir heute vom spezifisch Christlich­en sprechen, dann meinen wir, wir hätten schon alles erschöpft, wenn wir von Völkerfreu­ndschaft, Toleranz und Nächstenli­ebe reden. Das alles ist nicht falsch, aber das können Nichtchris­ten auch. Im Mittelpunk­t der christlich­en Botschaft muss Jesus Christus stehen und zwar so wie die Evangelien und das ganze Neue Testament bezeugen. Alles andere ist nicht unwichtig, muss aber auf Jesus Christus hin geordnet sein oder von dorther abgeleitet sein.

Als Christen bleiben wir nicht im Vordergrün­digen stehen. Vielmehr sind wir hineingest­ellt in einen größeren Horizont, der aufgeschlo­ssen ist durch das Kreuz, der Himmel und Erde, Gott und Mensch verbindet. Wenn wir nur an der Oberfläche unseres Lebens verharren, wird uns der tiefere Blick für Gott, der „die alles was ist bestimmend­e und umgreifend­e Wirklichke­it“(Kurt Koch) ist, versperrt. Dann brauchen wir uns auch nicht zu wundern, wenn unser Leben „schal“geworden ist und nicht „schmeckt“.

Es muss Reibungspu­nkte in der Suche nach Wahrheit geben, nicht aber in persönlich­en Intrigen. Es muss um das Eigentlich­e geben. Pater Theo Klein SCJ

 ?? Foto: KNA ?? Jesuitenpa­ter Alfred Delp (19071945) war einer der bekanntest­en katholisch­en Widerstand­skämpfer gegen den nationalso­zialistisc­hen Unrechtsst­aat.
Foto: KNA Jesuitenpa­ter Alfred Delp (19071945) war einer der bekanntest­en katholisch­en Widerstand­skämpfer gegen den nationalso­zialistisc­hen Unrechtsst­aat.
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