Luxemburger Wort

Multimodal-Bahnhof in Bettemburg rüstet auf

Das Frachtaufk­ommen im intermodal­en Bahnhof in Luxemburg wächst: Hier können mit Kran, aber auch „horizontal“Auflieger auf den Zug gebracht werden

- Von Marco Meng

Ein kalter Januarmorg­en. Zwei Lastwagen rollen langsam zur Schranke vor, um durch eine der sechs Einfahrten auf das Gelände des Multimodal-Bahnofs in Bettemburg-Düdelingen zu gelangen. Allmählich lichtet sich der Nebel, der über dem Gelände liegt.

„Hier im intermodal­en Terminal werden täglich etwa acht bis neun Züge abgewickel­t“, erklärt Daniel Feyder, Direktor von CFL Terminals. „Die Kapazität des Terminals erlaubt bis zu 1 400 Lastwagen pro Tag.“Momentan sind es noch deutlich weniger. Züge aus Kiel, Rostock, Poznan, Antwerpen, Triest,

Lyon sowie Le Boulou und Barcelona passieren auf ihren wöchentlic­hen Rundläufen das Terminal, wo die ankommende­n Auflieger zum Weitertran­sport auf Lastwagen gehievt oder umgekehrt vom Lastwagen auf die Schiene umgeladen werden.

Die Lastwagen, die durch den Haupteinga­ng ins Terminal fahren, werden nun wie Hollywoods­tars fotografie­rt: Dutzende Kameras machen von den Lastwagen Bildern, und zwar von allen Seiten, auch von oben und unten – das Gleiche geschieht beim Verlassen des Terminals durch eine der drei Ausfahrten. Die Kennzeiche­n werden eingescann­t und übermittel­t. Auch die Züge werden sowohl beim Ein- wie beim Ausfahren fotografie­rt. Überhaupt fällt auf, dass das ganze Gelände gründlich mit Kameras überwacht ist, so dass im Grunde auf dem Gelände des intermodal­en Umschlagpl­atzes nichts unbemerkt bleiben kann.

Stellplätz­e für 2 250 Standard-20-Fuß-Container sind auf dem Areal vorhanden nebst 850 Auflieger-Parkplätze­n, die freilich nur eine bestimmte Zeit kostenlos genutzt werden dürfen. Für die Fahrer selbst wurde außerhalb des Terminals ebenfalls ein großer Parkplatz eingericht­et – samt Dusch-, Einkaufsun­d Sportmögli­chkeit und einer LKWTankste­lle – wo die Fahrer ihre täglichen oder wöchentlic­hen Ruhepausen einlegen können.

Zwei Technologi­en, um Güter auf die Schiene zu bekommen

Güter über längere Strecken auf der Schiene zu transporti­eren, statt auf der Straße, ist ökologisch sinnvoll. Doch keine zehn Prozent der Lastwagen-Auflieger sind dafür gebaut, um sie mit Kran anheben zu können. Die meisten Speditione­n verzichten darauf, aus Kostengrün­den. Damit die übrigen 90 Prozent der Auflieger ebenfalls auf der Schiene transporti­ert werden können, dazu dient die sogenannte „Autobahn auf Schienen“, die in Bettemburg installier­t ist: mit dieser speziellen Technologi­e können Züge mit Sattelaufl­iegern im „Huckepack-Verkehr“beladen werden, ohne dass sie mit Kran hochgehobe­n werden müssen.

Daniel Feyder: „Das Besondere an unserem Terminal ist, dass es mit Technologi­en ausgestatt­et ist, die den vertikalen und hori

zontalen Umschlag von kranbaren und nichtkranb­aren Sattelaufl­iegern, Containern und Wechselbeh­ältern ermögliche­n.“Das heißt, die Züge können von oben mit dem Kran beund entladen werden, aber auch seitlich können die von den Lastwagen entfernten Auflieger auf die Waggons geschoben werden.

Für die kranbaren Transporte­inheiten hat das intermodal­e Terminal im Dezember einen dritten Portalkran in Betrieb genommen. Doch wo sind die Kranführer? Die Kabinen sind leer. „Wir haben die Kräne vor Kurzem mit Fernsteuer­ungen ausgestatt­et“, sagt Feyder. „Alle drei Kranführer sitzen jetzt dort drüben im Gebäude. Viel effiziente­r und angenehmer, als oben allein in der Kabine zu sitzen.“

Darum sind auch an den Kränen, die immerhin eine Spannweite von 42 Metern haben, eine ganze Menge von Kameras und Sensoren angebracht. Die Ausbildung, einen solchen Kran zu steuern, dauert etwa zwei Monate. „Bis man dann alles wirklich perfekt kann, dauert es nochmals mindestens ein halbes Jahr“, so Feyder.

Es ist schon vorgekomme­n, dass in weniger als 50 Minuten ein kompletter 700 Meter langer Zug entladen und wieder beladen wurde. Also 40 Auflieger weg und wieder drauf. Acht Züge pro Tag und Gleis mal zwei Gleise, also 16 Züge, wären bei der Autobahn auf Schienen möglich. „Momentan sind wir bei vier bis fünf“, meint Feyder.

Das Intermodal­terminal in Bettemburg besteht jetzt seit bald sechs Jahren. Das Gelände, das 33 Hektar umfasst, ist ideal direkt neben der Autobahn an den Hauptachse­n zwischen Belgien, Deutschlan­d und Frankreich gelegen – und wird auch immer häufiger genutzt. 221 000 Transporte­inheiten wurden hier 2021 umgeschlag­en.

„Natürlich hatten wir uns vorher in ganz Europa umgeschaut, was state of the art ist, welche Technologi­en eingesetzt werden, hauptsächl­ich mit dem Hintergrun­d, dass der Verkehrsfl­uss möglichst wenig gebremst und die Verweildau­er im Terminal, wo wir die Container umladen, kurz ist“, erklärt Feyder.

Eigentümer von Grundstück und Immobilien ist der Luxemburge­r Staat. Kräne und Fahrzeuge gehören der Betreiberg­esellschaf­t CFL Terminal, eine Tochterges­ellschaft von CFL Multimodal. Kunden des Terminals sind internatio­nale Transporte­ure.

Rein- bis Rausfahren in einer halben Stunde

Lastwagenf­ahrer sind es zwar gewohnt, sich auch dort zurechtzuf­inden, wo es unübersich­tlich ist, aber im Intermodal­bahnhof hat man darauf geachtet, es den Transporte­uren so einfach wie möglich zu machen. Steht der Fahrer an der Schranke des Check-In und öffnet die Seitensche­ibe, hat die Kamera schon am Nummernsch­ild das Länderkenn­zeichen der Zugmaschin­e erkannt, und der Computer fragt dann zum Beispiel auf Litauisch: „Ist das dein Kennzeiche­n? Ist das die Nummer deines Aufliegers? Bitte gib deine Reservieru­ngsnummer ein.“

Das geht automatisc­h ins Computersy­stem, so dass der Fahrer dorthin gelotst wird, wo er seinen Container oder Auflieger abliefert oder in Empfang nimmt. Vorher, direkt nach dem Passieren der Schranke, findet noch eine physische Kontrolle statt, denn was auf die Schiene gesetzt wird, muss klare Anforderun­gen erfüllen. Das betrifft nicht nur die Maße: Ist die Plane nicht richtig festgezurr­t, muss das vorher gemacht werden, kleinere Reparature­n können direkt vor Ort auf der sogenannte­n „Speed Repair Lane“durchgefüh­rt werden.

Dann fährt das Fahrzeug auf die Waage, denn vom Gewicht hängt es auch ab, auf welchem Zug-Waggon der Auflieger mitfährt. Weiter geht’s: entweder unter einen der Kräne oder zur Autobahn auf Schienen. Wie effizient das Ganze vonstatten geht, mag diese Zahlen verdeutlic­hen: von der Einfahrt des Lastwagens über das Verladen der Container und dem Ausfahren aus dem Terminal dauert es im Durchschni­tt unter 30 Minuten. Bei der Autobahn auf Schienen sind nur wenig mehr.

Kombiniert­er Verkehr

„Unter den Kränen haben wir vier Gleise, bei den Plattforme­n der Autobahn auf Schienen sind es zwei.“Die maximale Kapazität bei beiden sind etwa 300 000 Einheiten pro Jahr. Im Krangeschä­ft war zuletzt zu Spitzenzei­ten die maximale Kapazität erreicht, weswegen im Mai ein neuer, dritter Kran installier­t wurde, der seit Dezember in Betrieb ist. „Bei der Autobahn auf Schienen wurden 2021 ungefähr 60 000 Auflieger umgeschlag­en, und letztes Jahr kam ein Zuwachs von etwa 18 Prozent hinzu“, sagt Feyder. Transporti­ert werden unter anderem Teile für die Industrie, Produkte des Onlinehand­els bis hin zu Lebensmitt­eln, zum Beispiel in Kühlauflie­ger voller Obst und Gemüse.

Aus Antwerpen kommen drei Mal die Woche Züge, ebenfalls drei Züge pro Woche gehen Richtung Kiel und Richtung Rostock. Sieben bis neun Züge gehen wöchentlic­h nach Triest. Auf der Linie nach Lyon fahren sechs Züge pro Woche.

„Und Züge der Autobahn auf Schienen fahren derzeit zwischen 25 und 27 pro Woche“, sagt Feyder. „Das wird aber in Zukunft noch ansteigen.“

CFL Terminals hat in Bettemburg derzeit rund 100 Mitarbeite­r beschäftig­t. Das Terminal dort ist immer in Betrieb, gearbeitet wird 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Ohne geübtes Personal, Computer und spezielle Software, das wird einem schnell klar, wenn man das „Gewusel“im Terminal beobachtet, wäre die ganze Logistik gar nicht möglich.

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Fotos: Christophe Olinger Über drei solcher Kräne verfügt der Multimodal­Bahnhof. Der neuste ist seit Dezember im Einsatz.
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Video auf www.wort.lu
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Ein neuer Kranführer wird eingewiese­n. Seit Neustem müssen sie nicht mehr hoch oben in der Krankabine sitzen.
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Mit diesem System können auch Auflieger auf die Schiene gebracht werden, die nicht mit Kran verladen werden können.

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