Wie Sie dem Stimmungstief entgegenfuttern
Eine saisonale Depression kann durch die richtige Ernährung abgefedert werden. Experte Torsten Bohn verrät, wie es geht
Auf der Suche nach möglichen Stimmungsaufhellern führt der Weg nicht selten wie ferngesteuert zum Kühlschrank oder der Süßigkeitenschublade. Dahinter steckt tatsächlich eine clevere Taktik des Körpers: „Zunächst einmal kann ein Mangel am sogenannten Wohlfühlhormon Serotonin, wie in der Winterdepression, einen besonderen Appetit auf kalorische Lebensmittel wie Schokolade stimulieren, die dann die Konzentration an Serotonin wieder etwas erhöhen“, weiß Ernährungswissenschaftler Torsten Bohn. Gesund sei dies allerdings nicht und deshalb auch als Dauerlösung nicht vertretbar.
Neben verstärkter Tageslichtexposition – notfalls in Form von Lichttherapiegeräten –, ausgiebigen Aufenthalten im Freien und mehr körperlicher Betätigung, gibt es aber durchaus auch Ernährungsgewohnheiten, die auf Dauer als Stimmungsaufheller fungieren können. „In der Tat gibt es Studien, die zeigen, dass eine ausgeglichene Ernährung, insbesondere eine geregelte, mit festen Hauptmahlzeiten, zu einer Stabilisierung und Verbesserung des Pegels der für die Stimmungslage entscheidenden Hormone führen kann“, so der Mitarbeiter des Luxembourg Institute of Health (LIH). Wer dagegen nicht regelmäßig genügend Kalorien zu sich nehme, sei durch die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol möglicherweise reizbarer.
Gehirn und Bauch im Einklang
Zur Förderung einer ausgeglichenen Stimmungslage empfiehlt Torsten Bohn eine ebensolche Ernährung – reich an Obst, Gemüse, Vollkornprodukten und somit Ballaststoffen und mit wenigen gesättigten Fetten und Zucker. Die mediterrane Diät sei beispielsweise in diesem Kontext ideal.
„Zum einen führt diese Art der Ernährung – anders als etwa einfache Zucker – zu einer längerfristigen Sättigung und damit einem ausgeglicheneren Insulin- und Cortisolspiegel im Blut. Zum anderen enthalten die entsprechenden Lebensmittel Stoffe, die entzündungshemmend sind und oxidativem Stress vorbeugen.“
In einigen Tierstudien seien sogar „anxiolytische Wirkungen“nachgewiesen, also angstlösende Effekte, wobei die genauen Mechanismen noch nicht bekannt seien. „Viele der sekundären Pflanzenstoffe scheinen aber auf Dauer eine bessere Durchblutung der Gefäße, auch im Gehirn, zu fördern.“Auch eine gesunde Interaktion zwischen den Darmbakterien und dem Gehirn scheint Torsten Bohn zufolge eine
Rolle zu spielen, „was für eine Ernährung mit ausreichend Ballaststoffen spricht, die ja die Darmflora fördern“.
Inspiration für den nächsten Einkauf
Wer lebensmitteltechnisch etwas spezifischer in die Materie eintauchen will, den verweist der Ernährungswissenschaftler – unter Vorbehalt – auf den „Antidepressant Food Score (AFS)“, in dem Lebensmittel gelistet sind, die in Studien antidepressive Effekte gezeigt haben. Angeführt wird die Liste von Brunnenkresse, Spinat, Rübengemüse und Blattsalat. Bei den tierischen Lebensmitteln sollen derweil Austern das größte Potenzial als Stimmungsaufheller haben. Sie bewegen sich in der AFS-Wertung im Bereich von Grünkohl und Paprika – mit weitem Abstand zu den zweitplatzierten Innereien.
„In einigen Studien sind Depressionen zudem mit einem verringertem Level an körpereigenen Antioxidantien in Zusammenhang gebracht worden, sowie verringerten Konzentrationen an Vitamin E und Vitamin C, also ebenfalls Antioxidantien.“Deshalb könne eine ausgeglichene Zufuhr an sogenannten Radikalfängern eventuell dabei helfen, Depressionen vorzubeugen. Auch der Genuss von Grüntee könne aufgrund des hohen Gehalts an Polyphenolen positive Effekte haben. Von einer vereinzelten Tasse dürfe man sich dabei jedoch natürlich keine Wunder erwarten: Nur wer ein Lebensmittel langzeitig zu sich nimmt, kann auch von einer Wirkung ausgehen.
Viele der sekundären Pflanzenstoffe scheinen auf Dauer eine bessere Durchblutung der Gefäße, auch im Gehirn, zu fördern. Torsten Bohn, Ernährungswissenschaftler