Betrugsaffäre wird kaum Folgen haben
Zwei Gemeindebeamte in Hesperingen haben in 19 Jahren 5,2 Millionen Euro veruntreut und sich so bereichert – und keiner hat es mitbekommen. Neben dem straf- und zivilrechtlichen Aspekt geht es auch darum, wer die politische Verantwortung dafür trägt. Eine Mitschuld liegt bei der Gemeinde, aber die Tragweite ist viel größer.
Das Betrugssystem in der Gemeinde Hesperingen basierte auf einer großen kriminellen Energie. Während des viertägigen Prozesses fiel oft der Satz: „Dieser perfide Betrug hätte dem Bürgermeister und dem Schöffenrat auffallen müssen.“Klar ist: Die politisch Verantwortlichen haben aus dem Betrug keinen Nutzen gezogen. Sie waren auch nicht angeklagt. Trotzdem stehen sie schlecht da: Nicht hinschauen ist zwar nicht strafbar, aber fahrlässig ist es allemal.
Die Aussagen des Hauptangeklagten im Prozess waren erschreckend: Er habe an der Quelle gesessen und sich bedient. Das laxe Umfeld in der Verwaltung, vor allem zu Beginn der Affäre vor 20 Jahren, hatte es den beiden Mitarbeitern erlaubt, fiktive Rechnungen auszustellen: Warum ein Kunstverein – über den einer der Scheinkonten lief – massenhaft Rasengitter für den Campingplatz braucht, hätte jemandem auffallen müssen.
Das Gemeindegesetz definiert den Kompetenzbereich des Schöffenrats. Im Artikel 57 ist unter anderem „die Aufsicht der Gemeindedienste“und „die Aufsicht der Beamten, Angestellten und Arbeiter“aufgelistet. Diesbezüglich haben die Gemeindeverantwortlichen versagt, auch wenn die internen Mechanismen mit dem neu gewählten Bürgermeister Marc Lies von 2009 an strenger wurden und die veruntreuten Summen stark zurückgingen. Das Treiben der beiden Beamten blieb trotzdem unentdeckt. Das Vertrauen in sie ging so weit, dass der Hauptangeklagte sich erlauben konnte, Subsidien beim Staat anzufragen, die für reelle Projekte gedacht waren. Das Geld landete aber auf seinem Konto. Das Bizarre: Bis 2009 stellte die Gemeinde selbst keine Anträge für solche staatlichen Unterstützungen.
Aus dem Betrug müssen die richtigen Lehren gezogen werden. Der PwC-Bericht über die Vorfälle gibt einige Pisten vor. Hier wird etwa die Einstellung eines Compliance Officer für die Gemeinde vorgeschlagen. Außerdem soll eine Anlaufstelle für Whistleblower geschaffen werden, um Vorkommnisse anonym melden zu können. Die Affäre kann zudem dazu genutzt werden, um die ewige Diskussion über das Doppelmandat wieder aufzunehmen. Wer als Bürgermeister oder Schöffenratsmitglied auch im Parlament sitzt, hat zwei Jobs. Dies kann zeitlich nicht aufgehen.
Einfach nur mit dem Finger auf den Bürgermeister und seinen Schöffenrat zeigen, ist zu einfach. Die beiden Hauptangeklagten werden ihre Strafen am 16. März erfahren. Für die CSV in Hesperingen, die die Kommunalwahlen 2017 mit 45,76 Prozent gewonnen hat, wird der Skandal kaum Folgen haben: Vielleicht verliert sie bei den kommenden Wahlen Stimmen, aber die Aussicht auf eine weitere Amtszeit ist wohl nicht gefährdet.
Aus dem Betrug müssen die richtigen Lehren gezogen werden.
Kontakt: david.thinnes@wort.lu