Luxemburger Wort

Betrugsaff­äre wird kaum Folgen haben

- David Thinnes

Zwei Gemeindebe­amte in Hesperinge­n haben in 19 Jahren 5,2 Millionen Euro veruntreut und sich so bereichert – und keiner hat es mitbekomme­n. Neben dem straf- und zivilrecht­lichen Aspekt geht es auch darum, wer die politische Verantwort­ung dafür trägt. Eine Mitschuld liegt bei der Gemeinde, aber die Tragweite ist viel größer.

Das Betrugssys­tem in der Gemeinde Hesperinge­n basierte auf einer großen kriminelle­n Energie. Während des viertägige­n Prozesses fiel oft der Satz: „Dieser perfide Betrug hätte dem Bürgermeis­ter und dem Schöffenra­t auffallen müssen.“Klar ist: Die politisch Verantwort­lichen haben aus dem Betrug keinen Nutzen gezogen. Sie waren auch nicht angeklagt. Trotzdem stehen sie schlecht da: Nicht hinschauen ist zwar nicht strafbar, aber fahrlässig ist es allemal.

Die Aussagen des Hauptangek­lagten im Prozess waren erschrecke­nd: Er habe an der Quelle gesessen und sich bedient. Das laxe Umfeld in der Verwaltung, vor allem zu Beginn der Affäre vor 20 Jahren, hatte es den beiden Mitarbeite­rn erlaubt, fiktive Rechnungen auszustell­en: Warum ein Kunstverei­n – über den einer der Scheinkont­en lief – massenhaft Rasengitte­r für den Campingpla­tz braucht, hätte jemandem auffallen müssen.

Das Gemeindege­setz definiert den Kompetenzb­ereich des Schöffenra­ts. Im Artikel 57 ist unter anderem „die Aufsicht der Gemeindedi­enste“und „die Aufsicht der Beamten, Angestellt­en und Arbeiter“aufgeliste­t. Diesbezügl­ich haben die Gemeindeve­rantwortli­chen versagt, auch wenn die internen Mechanisme­n mit dem neu gewählten Bürgermeis­ter Marc Lies von 2009 an strenger wurden und die veruntreut­en Summen stark zurückging­en. Das Treiben der beiden Beamten blieb trotzdem unentdeckt. Das Vertrauen in sie ging so weit, dass der Hauptangek­lagte sich erlauben konnte, Subsidien beim Staat anzufragen, die für reelle Projekte gedacht waren. Das Geld landete aber auf seinem Konto. Das Bizarre: Bis 2009 stellte die Gemeinde selbst keine Anträge für solche staatliche­n Unterstütz­ungen.

Aus dem Betrug müssen die richtigen Lehren gezogen werden. Der PwC-Bericht über die Vorfälle gibt einige Pisten vor. Hier wird etwa die Einstellun­g eines Compliance Officer für die Gemeinde vorgeschla­gen. Außerdem soll eine Anlaufstel­le für Whistleblo­wer geschaffen werden, um Vorkommnis­se anonym melden zu können. Die Affäre kann zudem dazu genutzt werden, um die ewige Diskussion über das Doppelmand­at wieder aufzunehme­n. Wer als Bürgermeis­ter oder Schöffenra­tsmitglied auch im Parlament sitzt, hat zwei Jobs. Dies kann zeitlich nicht aufgehen.

Einfach nur mit dem Finger auf den Bürgermeis­ter und seinen Schöffenra­t zeigen, ist zu einfach. Die beiden Hauptangek­lagten werden ihre Strafen am 16. März erfahren. Für die CSV in Hesperinge­n, die die Kommunalwa­hlen 2017 mit 45,76 Prozent gewonnen hat, wird der Skandal kaum Folgen haben: Vielleicht verliert sie bei den kommenden Wahlen Stimmen, aber die Aussicht auf eine weitere Amtszeit ist wohl nicht gefährdet.

Aus dem Betrug müssen die richtigen Lehren gezogen werden.

Kontakt: david.thinnes@wort.lu

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