Es kreucht und fleucht im Weinberg und im Wald
Zwei naturbegeisterte Frauen organisieren erstmals einen Kinderwingert-Kurs. Der Manternacher Fiels soll Mini-Winzern als Kulisse dienen
Was krabbelt da entlang der Trockenmauern in einem Weinberg? Welche Pflanzen wachsen zurzeit im Wald? Was gibt es im Wingert zu tun und warum liegen dort Wollknäuel? Wenn Kinder plötzlich inmitten der Natur stehen, haben sie viele Fragen. Sie darüber aufzuklären, ist für manch einen kein leichtes Unterfangen. Doch nicht für Laurence Duhr und Jutta Kanstein. Die beiden naturbegeisterten Frauen haben einen neuen Kurs ins Leben gerufen, der Kindern die Arbeit in den Weinbergen und die Artenvielfalt im Wald näher bringen soll.
„Mini-Wënzer“heißt das Angebot, das in Zusammenarbeit mit dem Naturschutzzentrum A Wiewesch in Manternach und dem regionalen Touristenverband Visit Moselle erstmals in Luxemburg entwickelt wurde. Seit mehreren Jahren erfreuen sich Kinderwingert-Kurse an der deutschen Mosel einer immer größeren Beliebtheit. Höchste Zeit für Jutta Kanstein, das Angebot auch nach Luxemburg zu holen. Der Kurs soll es Mädchen und Jungen im Alter zwischen acht und zehn Jahren ermöglichen, kleine Winzer zu werden.
Mit Spaß bei der Sache
An fünf Terminen, von Februar bis Oktober sollen Kinder im Weinberg inmitten des Manternacher Fiels die Winzer-Arbeit kennenlernen. Die beiden Frauen wollen den Mini-Wënzern ebenfalls zeigen, was alles um sie herum im Wald zu entdecken ist.
„Nur wenige wissen, wie viel Arbeit in den Weinbergen steckt“, sagt Laurence
Viele Kinder hängen zu Hause stundenlang vor ihren Tablets, alles muss steril und hygienisch sein. Wir wollen ihnen den Impuls geben, dass sie in der Natur Energie tanken können. Laurence Duhr, Winzerin aus Grevenmacher
Duhr, die Tochter von Abi Duhr. Ihr Vater ist ein in der Region bekannter Winzer und hatte den Weinberg in den 1990er-Jahren angelegt. An Kompetenzen im Umgang mit Kindern wird es Laurence Duhr nicht mangeln: Sie selbst ist eine diplomierte Psychologin, außerdem ließ sie sich zur Clownpädagogin weiterbilden.
„Die Kinder sollen den gesamten Vegetationszyklus im Weinbau kennenlernen“, sagt die 39-Jährige. Langeweile dürfte ein Fremdwort sein, denn das Programm ist abwechslungsreich: Die Kinder werden am Rebschnitt teilnehmen, über die Entwicklung von Knospen und Blüten staunen, die Trauben ernten sowie bei der anschließenden Traubensaftherstellung mithelfen.
„Ich habe als Kind am Hof meiner Eltern viel und gerne mitgeholfen. Spaß an der Sache ist für mich bei diesem Kurs am wichtigsten“, sagt Laurence Duhr. Sie wolle den Kindern vermitteln, dass Wein ein Produkt der Natur sei, sagt die junge Winzerin. „Viele
Kinder hängen zu Hause stundenlang vor ihren Tablets, alles muss steril und hygienisch sein. Wir wollen ihnen den Impuls geben, dass sie in der Natur Energie tanken und einen Bezug zu den Produkten aus der Region entwickeln können.“Das Thema Klimawandel kindgerecht zu vermitteln, sei ihr ebenfalls wichtig.
Pflanzen, Moose und Flechten
Auch Jutta Kanstein ist von Kindheit an mit der Natur verbunden. Die 66-Jährige stammt aus der Lüneburger Heide und lebt seit vielen Jahren in Luxemburg. „Als Kind habe ich vieles von einem Förster gezeigt bekommen.“Die ausgebildete Baumschulgärtnerin und Naturerlebnispädagogin fühlt sich im Wald ganz in ihrem Element.
Wer wüsste schon, dass der Saft vom Spitzwegerich gegen Insektenstiche hilft? Dass der Aronstab die giftigste Pflanze im Wald ist oder auf Trockenmauern eine Moosart wächst, die sich zusammendreht, um sich vor Verdunstung zu schützen? Dies alles will die zertifizierte Wanderführerin den Kindern näher bringen. „Wir hoffen, dass die Kinder am Ende des Kurses Freude haben, Zeit im Freien zu verbringen, dass sie wissen, wie sich die Natur anfühlt“, meint Jutta Kanstein.
Hunnefeier mit Stockbrot und Lagerfeuer
Dabei eignet sich der Manternacher Fiels als Kulisse für den neuen Kurs hervorragend: Im Naturschutzgebiet, das mit seinem Schluchtwald und Wanderwegen zu einem wahren Besuchermagnet geworden ist, wachsen viele seltene Pflanzen und
Wildkräuter. „Wir werden mit Kindern unter anderem einen kleinen Pfad im Wald begehen. Es gibt viel zur Biodiversität und der Artenvielfalt zu erzählen und zu zeigen“, schwärmt Kanstein. Auch ein paar Foto-Rätsel hat sie für die Kinder parat: „Wir wollen das Beobachten fordern und fördern.“
Zum Abschluss des Kurses dürfte es buchstäblich heiß werden: Nicht nur werden die Kinder die selbst geernteten Trauben mit Füßen stampfen, auch sei eine Hunnefeier mit selbst gebackenem Stockbrot und Lagerfeuer geplant. Die Kinder werden ebenfalls ihr eigenes Etikett für eine Traubensaftflasche gestalten. „Wir hoffen, dass wir ebenfalls die Eltern aufklären können, denn mit dem gewonnenen Wissen gehen die Kinder nach Hause“, betont Kanstein. Die beiden Organisatorinnen sind überzeugt, dass es nicht ihr letzter Kinderwingert-Kurs sein wird. Jutta Kanstein: „Die Ideen werden weiter wachsen und wir werden sie zu gegebener Zeit umsetzen.“